Zwei Flaggen in einem Kasten, zwei Herzen in einer Brust

KELBERG. Welche Tragik: Gastgeber Deutschland ist im Rennen um die Weltmeister-schaft gegen Italien ausgeschieden und darf nun nur noch um den ungeliebten dritten Platz spielen. In der Pizzeria "Da Pippo" in Kelberg bangten Italiener und Deutsche gemeinsam.

Die Vorzeichen standen nicht günstig. Deutschland hatte bei einer Weltmeisterschaft noch nie gegen Italien gewinnen können, und auch das Testspiel vor der WM in Florenz ging verloren. Vor dem Eingang des Ristorante-Pizzeria "Da Pippo" in Kelbergs Ortsmitte flattern die italienische und deutsche Flagge in Blumenkästen und zeigen, dass hier zwei Herzen in einer Brust schlagen. Pippo Scalone und sein Bruder Salvo leben beide schon über 20 Jahre in Deutschland. Pippos Kneipe ist mit den Farben der Azzuri geschmückt, das macht klar: Sein Herz schlägt doch ganz eindeutig für die Blauen. Fast nur junge deutsche Gäste drängeln sich vor dem Großbild- Fernseher, die Luft ist Rauch geschwängert, und es herrscht eine Bullenhitze im Raum. Für klare Verhältnisse, wer das Spiel gewinnt, sorgt mit stolz geschwollener Brust immer wieder der 1,59 Meter große Pippo. "Wir gewinnen 3:1, und in den letzten fünf Minuten kommt es zum entscheidenden Siegestreffer", so Pippo. Auch Bruder Salvo schließt sich diesem Tipp an. Die deutsche Fraktion hält dagegen. "Wir gewinnen 2:1 ohne Verlängerung", behauptet die Töpferin Julia Fricke aus Bayern, die in Köttelbach bei Familie Serocka arbeitet. Auch Jürgen Schomisch aus Kelberg, der "mittlerweile von der Mannschaft überzeugt ist" und deren Teamgeist lobt, tippt auf ein 2:1. Und alle hofften, dass es diesmal ohne eine Verlängerung oder ohne den Krimi eines Elfmeterschießens ausgehen sollte. Die italienische Nationalhymne schmettert Pippo mit lauter Stimme, und weil kein Deutscher zu diesem patriotischen Dienst bei der deutschen Hymne bereit ist, singt er auch die noch mit. Hinter der Theke ist Italien und davor Deutschland, dessen Fans sich auffallend ruhig verhalten. Ahnen sie etwas? Italien ist stark, das Eckenverhältnis zeigt dies deutlich, und die deutsche Mannschaft findet einfach nicht zu ihrem Spiel. Es kommt nach 90 Minuten, was nicht kommen sollte, nämlich eine Verlängerung. "Nur kein Elfmeterschießen, das halten meine Nerven nicht aus", sagt Thorsten Novotny. Der Mann kann diesbezüglich seine Nerven schonen, weil die Italiener zwei Minuten vor Schluss das 1:0 und fast mit dem Abpfiff noch das 2:0 erzielen. Jetzt kann nichts mehr Pippo und Salvo halten, sie springen fast über die Theke, werfen sich au den Boden und jubeln. Deutschland ist nicht im Finale, der Sommertraum der Deutschen von der Weltmeisterschaft ist ausgeträumt. "Ich bin ein bisschen enttäuscht", sagt Thorsten Novotny, "aber die Mannschaft ist trotzdem weit gekommen", so sein Resümee.

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