"Aktive Sterbehilfe für die Eifel"

Gerolstein · Hohes Interesse: Rund 200 Menschen aus der Vulkaneifel sind am Montagabend in die Stadthalle Rondell in Gerolstein gekommen, um sich über die aktuellen Planungen zum Gesteinsabbau zu informieren. Der Tenor: So nicht!

 Hauptforderung der Bürger: keine neuen Gruben in der Vulkaneifel. TV-Foto: Mario Hübner

Hauptforderung der Bürger: keine neuen Gruben in der Vulkaneifel. TV-Foto: Mario Hübner

Gerolstein. Die Pelmer Politiker Helmut Bell und Herbert Kolle sowie Vertreter der Stadt Gerolstein haben gerufen - und 200 Gäste aus der Vulkaneifel sind gekommen. Pelmer und Gerolsteiner ebenso im Schulterschluss wie Gerolsteiner und Dauner: Dann muss es sich in der Tat um ein dickes Thema handeln.
Und so wie den beiden Initiatoren ist es bislang vielen Menschen im Kreis ergangen, die sich mit den Vorstellungen des Landesamts für Geologie und Bergbau (LGB) zum künftigen Gesteinsabbau im Kreis beschäftigt haben. "Als ich die Pläne zum ersten Mal gesehen habe, bin ich fast vom Hocker gefallen", sagte Bell. Denn der Abbau soll von derzeit 400 auf mehr als 2000 Hektar im Kreis erweitert werden - in insgesamt rund 40 Gruben.
Daher, und weil er sich bisher weder als Kommunalpolitiker noch als Bürger vom LGB ernst genommen fühle, habe er die Infoveranstaltung mit mehreren Referenten - aber auch Vertreter der Gesteinsabbaulobby - auf die Beine gestellt. Die befasste sich primär mit den Erweiterungsplänen für den Abbau rund um Pelm und Gerolstein, wo die Gruben bis an die Kasselburg sowie die Gerolsteiner Dolomitfelsen heranreichen sollen. Oder wie Bell es sarkastisch formulierte: "Dann kann man künftig von Pelm nach Gerolstein und nach Gees schauen, von Gerolstein nach Müllenborn und Weißenseifen, ohne dass ein Berg die Sicht stört." Sein Fazit: "Das bedeutet die Zerstörung unserer Heimat."
Ähnlich drastische Worte fand Resi Schmitz von der 2010 gegründeten Interessengemeinschaft (IG) Eifelvulkane, einem Zusammenschluss Eifeler Bürger. Sie sagte: "Wer diese katastrophale Raumordnungsplanung verharmlost oder fördert, leistet aktive Sterbehilfe für die Eifel." Ihres Erachtens laute die Devise: "Ja zum Gesteinsabbau für den hiesigen Bedarf, nein zum Abbau für den weltweiten Export." Und sie nannte Beispiele für Gruben, die 30 Meter an Dörfer rücken sollen wie in Oberbettingen und Berndorf.
Norbert Leinung (BUND) zeigte in einer Diaschau Gruben samt geplanter Erweiterungen. Und er ging speziell auf die Gefährdung des Grundwassers ein. Er sagte: "Jährlich werden im Kreis 13 Millionen Kubikmeter Trinkwasser bei uns gefördert. Damit versorgen wir 250 000 Menschen in der gesamten Region. Und das muss auch so bleiben." Besonders sprach er sich dafür aus, die Schutzzonen des Gerolsteiner Brunnens nicht anzukratzen. Doch auch das drohe, so Leinung. Geologe Peter Bitschene vertiefte dieses Thema. Wenn erst einmal Schadstoffe ins Grundwasser gelangen würden, sei das irreparabel. "Das Grundwasser wäre auf ewig verunreinigt, die Folgen katastrophal", sagte Bitschene. Und durch verstärkten Abbau in der Nähe der Quellgebiete und Wasserschutzzonen komme es bereits zu verstärkter Erosion, einer Absenkung des Grundwasserspiegels und einem Verlust der Filterwirkung des Bodens.
Appell: Grundwasser schützen


Auch Klaus Jansen, Beigeordneter der Stadt Gerolstein und ehemaliger Bauamtsleiter von Gerolstein forderte: "Die Quellgebiete müssen geschützt werden, und es darf nur Abbau nach realistischem Bedarf geben."
Hartmut Schmitt von der IG sprach sich dafür aus, dass der Kreis das Heft des Handelns selbst in die Hand nimmt und ein eigenes Rohstoffkonzept unter Einbeziehung der Bürger aufstellt. Das könne als eigener Entwurf zur Regionalplanung eingereicht werden. Denn in der Regionalen Planungsgemeinschaft, die über die Abbauflächen entscheidet, stammen nur sieben der 50 Mitglieder aus dem Kreis.
Gerolsteins Bürgermeister Matthias Pauly (CDU) wiederum hatte eine gute Nachricht im Gepäck. Er sagte: "Das Thema Rohstoffsicherung wird von der Fortschreibung des Raumordnungsplans abgekoppelt. Es wird einen Runden Tisch geben." Das habe ihm der Vorsitzende der Planungsgemeinschaft Trier, Günther Schartz, mitgeteilt. Pauly ist zuversichtlich: "Wir werden die Zeit bekommen, um in Ruhe abzuwägen und die unterschiedlichen Interessen unter einen Hut bekommen zu können." Also Landschaftsschutz hier, Rohstoffsicherung da.Meinung

Wach bleiben!
Es ist eine gute Nachricht, dass das Thema Gesteinsabbau abgekoppelt wird von der Fortschreibung des Regionalplans. Es braucht nämlich noch viel Zeit und viele Gespräche, um die (deutlich überzogenen) Vorstellungen des LGB und der Gesteinslobby einerseits und den Bürgerwillen andererseits zu einem Kompromiss zusammenzufügen. Genau so wichtig ist es aber, dass die Menschen in der Vulkaneifel wach bleiben und gegen den Raubbau an ihrer Heimat aufbegehren. m.huebner@volksfreund.de

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