Antike Vermächtnisse

GEROLSTEIN. (vog) Die Ausstellung der Gerolsteiner Patchworkerinnen findet großen Beifall. Vor allem die Sonderausstellung der wertvollen antiken Quilts zieht die Besucher in ihren Bann. Um die künstlerischen Handarbeiten ranken sich rührende Geschichten.

 Im zweijährigen Turnus stellen die Gerolsteiner Patchworkerinnen ihre Arbeiten im Rathaus aus. Bei der diesjährigen siebten Präsentation werden sehr wertvolle antike Quilts in einer Sonderausstellung gezeigt. Das Publikum ist begeistert.Foto: Gabi Vogelsberg

Im zweijährigen Turnus stellen die Gerolsteiner Patchworkerinnen ihre Arbeiten im Rathaus aus. Bei der diesjährigen siebten Präsentation werden sehr wertvolle antike Quilts in einer Sonderausstellung gezeigt. Das Publikum ist begeistert.Foto: Gabi Vogelsberg

"Ich bin einfach überwältigt. Die Arbeiten sind der Wahnsinn", sagt Hedwig Meinen aus Berlingen bei der Vernissage im Rathaus-Foyer. Ihre sechsjährige Enkelin Michelle legt den Kopf in den Nacken und zeigt auf Quilts, die an der Brüstung zur ersten Etage hängen. Mit ausgestreckter Hand zeigt sie auf zwei große Exponate und sagt: "Die da, mit viel Rot drin, die sind am schönsten." Die Patchwork-Arbeiten zeigen die breite Palette von traditionellen Mustern über einen Mix mit anderen Materialen (Fotos, Schmuck, Gürtel) bis hin zu abstrakt-künstlerischen Varianten. Besucherin Wilma Herzog: "Hier herrscht so eine frohe Stimmung. Die Freude, die die Patchworkerinnen bei ihrem Tun haben, kommt rüber." Auch Marita Thelen lobt "das große handwerkliche Geschick und die vielen tollen Ideen". Ihr haben es aber vor allem die antiken Quilts der Sonderausstellung angetan. Sie sagt: "Der ganz alte von 1891, in rosa-weiß, ist sagenhaft, auch in seiner Schlichtheit."Patchworkerin zeigt Stücke ihrer Urgroßmutter

Dieser antike Quilt gehört Kate Wood-Kaiser. Die 59-jährige Amerikanerin lebt seit viereinhalb Jahren in Weinsheim. Sie erklärt: "Die Uroma meiner Mutter hat den Quilt im traditionellen Muster Caroliner Lilie gefertigt." Aus kleinen Stoffstücken zusammengestellt leuchten rote Lilien auf weißem Hintergrund. Mit hellblauem Garn hat Mary Hale im Februar 1891 ihre Signatur in eine Ecke der Decke aufgestickt. Wood-Kaiser erzählt: "Sie war Hausfrau und Frau eines Farmers in Kansas. Sie sind noch mit Planwagen übers Land gefahren." Ein anderer antiker Quilt, etwa von 1900, gehört auch Wood-Kaiser. Er ist aus dicken Wollstoffen gefertigt. In eine Ecke eines Rechtsecks in der Größe einer Schokoladentafel wurde ein Viertelkreis aus einem karierten Stoff genäht. Später wurden die Rechtecke so zusammengesetzt, dass Vollkreise entstehen. Die Übergänge wurden mit breitem Hohlsaum in Perlgarn überstickt. "Drunken Path, also betrunkener Weg, nennt man dieses Muster", erklärt Wood-Kaiser. Dieser Quilt stammt aus Ungarn und ist das Vermächtnis einer ihrer Freundinnen. Sie erzählt: "Die Familie war in Ungarn sehr reich, verlor aber ihr ganzes Geld. Die Mutter meiner Freundin wanderte nach Amerika aus und boxte sich ganz alleine durch." Immer mit diesem Quilt im Gepäck. Wood-Kaiser bedeuten die antiken Patchwork-Arbeiten sehr viel. Sie sagt: "Ich würde sie jedem goldenen Armband aus einem Nachlass vorziehen. Sie erzählen Geschichten aus der Vergangenheit." Liebevoll hält sie einen Quilt in Pastelltönen, zusammengesetzt aus "Neun-Ecken" in Größe von Silbertalern, in den Händen. Ihre fast erblindete Uroma habe die Decke mühevoll fertig gestellt. Sie starb mit 94 Jahren, Wood-Kaiser war damals sechs: "Sie wusste um die Herkunft jedes Stoffstückchens und erzählte mir, dass dies eine Bluse und jenes ein Kleid war." In der Sonderausstellung werden auch ein großer Hochzeitsquilt und ein antiker Quilt, wozu das Logbuch eines schottischen Schiffes für Schablonen zerschnitten wurde, gezeigt. Die Ausstellung ist bis zum 3. August während der Öffnungszeiten des Rathauses geöffnet. Mindestens eine Patchworkerin ist permanent anwesend, um Fragen zu beantworten oder die Geschichten rund um die Quilts zu erzählen.

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