Attraktiv, und doch mit Akzeptanzproblemen

GEROLSTEIN. Der Ganztagsbetrieb der Grundschule an der Waldstraße hat viel Zulauf. 36 der 350 Grundschüler nehmen das Nachmittagsangebot an. Die Elternvertretung fordert allerdings noch einige Verbesserungen.

 Nach dem Mittagessen und vor den Hausaufgaben: Diese Zeit nutzen die Kinder im Ganztagsbetrieb der Grundschule an der Waldstraße auf unterschiedlichste Weise. Während die einen draußen toben, lesen und malen die anderen oder bauen tolle Lego-Konstruktionen. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Nach dem Mittagessen und vor den Hausaufgaben: Diese Zeit nutzen die Kinder im Ganztagsbetrieb der Grundschule an der Waldstraße auf unterschiedlichste Weise. Während die einen draußen toben, lesen und malen die anderen oder bauen tolle Lego-Konstruktionen. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

"Die Leseecke ist kuschelig. Da sind wir gerne", sagen Chiara Roumen (7 Jahre) und Michelle Kereit (8 Jahre) unisono. Die Jungs Janosch Stritzke, Patrick Dresen, Jan Schwermann und Alexej Churikov machen es sich in der Lego-Ecke gemütlich. Sie sind sich einig: "Alexej ist ein wahrer Baumeister von Schiffen und Flugzeugen." Der neunjährige Migrant ist erst seit Dezember in Deutschland und hat noch Sprachschwierigkeiten. Erna Beigel, die seit Januar 1994 im Kreis Deutschunterricht für Migranten gibt, lobt Alexej. Sie sagt: "Er ist ein prima Schüler mit tollen Lernfähigkeiten." Die zusätzlichen Arbeitsblätter, mit deren Hilfe der Wortschatz vergrößert werden soll, meistere er rasch. Beigel ist seit drei Jahren, seit Beginn des Ganztagsschulbetriebes (GTS) an der Waldstraße, für die sprachliche Integration zuständig. Während ein Teil der GTS-Schüler die Zeit zwischen Mittagessen und Hausaufgabenbetreuung als Ruhephase nutzen, toben die anderen draußen herum. Mit sichtlich viel Spaß sind die GTS-Schüler dabei. Schulleiter Horst Follmann erklärt: "Wir haben enorm viel Zulauf. Zum Schuljahr haben 26 Schüler angefangen, und jetzt sind wir mit 36 am Limit." Bei der jüngsten Elternversammlung haben sich elf Eltern für das GTS-Angebot interessiert. Auch die Anzahl der GTS-ler außerhalb des Einzugsbereichs steigt stetig. Mittlerweile besuchen sechs Kinder von der "Kyllschiene", die ansonsten in die Grundschule in Birresborn gehen würden, die Schule in Gerolstein. Konrektor Rudi Müller nennt einen weiteren Vorteil: "Die Hausaufgabenbetreuung übernehmen bei uns ausschließlich Lehrer." Dabei wurde ein farbiges Punktesystem, angelehnt an die Ampelfarben, als Elterninfo-System eingeführt. Müller: "So wissen die Eltern genau, ob noch zu Hause noch was getan werden muss." Die Zeit von 14 Uhr bis 16 Uhr ist mit zwölf Arbeitsgemeinschaften (drei je Tag von montags bis donnerstags) ausgefüllt. Konrektor Müller sagt: "Alles attraktive Angebote. Der Forscher-Club baut beispielsweise naturwissenschaftliche Versuche auf." Kreatives und Sport komme auch nicht zu kurz. Appell: Zusammenarbeit mit Vereinen verbessern

Schulelternsprecher Detlev Müller lobt das "große Engagement und die hohe Akzeptanz", stellt aber dennoch Forderungen. Mit Blick auf die Arbeitsgemeinschaften meint er: "Da ist der Standard noch verbesserungsfähig. Statt pädagogischer Hilfskräfte sollten ausschließlich ausgebildete Fachkräfte eingesetzt werden." Außerdem sei es wünschenswert, wenn die Vernetzung mit Institutionen wie der Kreismusikschule und Vereinen ausgebaut würde. Konrektor Müller plagen derweil andere Sorgen. Er sagt: "Immer noch wird der GTS mit Vorurteilen begegnet, wonach angeblich nur Problemkinder oder abgeschobene Schüler am Nachmittag in der Schule sind. Dabei entspricht die GTS-Gemeinschaft dem Profil einer normalen Klasse." Zwei Mütter hätten ihre Kinder nicht angemeldet, weil sie sich dem Druck ("Kinder abschieben, um sich einen schönen Lenz zu machen") nicht gewachsen fühlten. Elternsprecher Müller sagt: "Eltern, die ihre Kinder zur Ganztagsschule schicken, dürfen nicht stigmatisiert werden. Dorfklatsch ist eine unreife Art, da ran zu gehen." Als promovierter Psychotherapeut sehe er privat allerdings die GTS kritisch. Er sagt: "Auf der einen Seite ist es für Familien, in denen Betreuungsbedarf besteht, eine Chance, andererseits ist eine gesunde Familienstruktur fürs psychologische Gedeihen der Kinder immer noch das Beste."

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