Bürgerbrunnen: Es geht nicht voran

Gerolstein · Beim Projekt Bürgerbrunnen hakt es: Künstler Martin Schambach, dessen Modell mit großer Mehrheit vom Stadtrat ausgewählt worden war, wirft der Stadt Hinhaltetaktik vor. Stadtbürgermeister Bernd May weist die Vorwürfe von sich.

Gerolstein. "Ich habe vermehrt das Gefühl: Die Stadt will meinen Brunnen nicht haben, obwohl es einen Stadtratsbeschluss dazu gibt. Es wird gemauert, wo es geht." Mit drastischen Worten beantwortet Martin Schambach, Künstler und Kunstlehrer am Sankt-Matthias-Gymnasium in Gerolstein, die TV-Anfrage nach dem aktuellen Stand in Sachen Bürgerbrunnen-Projekt.
Nach den vielen Querelen in der Brunnen-Frage im Vorfeld (siehe Historie) scheint es jetzt wieder zu haken, denn offiziell ist Künstler Schambach noch gar nicht beauftragt worden. Er sagt: "Ich habe von Stadtbürgermeister May bis heute weder eine schriftliche Bestätigung des Stadtratsbeschlusses, also eine Auftragsbestätigung, noch eine Finanzierungszusage erhalten." Und auch die detaillierten Planunterlagen der bestehenden Brunnentechnik und des gesamten Rondellvorplatzes, in der die Leitungen und die Lage des Baukörpers der Stadthalle im Boden eingezeichnet sind, hat Schambach nach eigenem Bekunden erst am 17. Januar erhalten. "Trotz mehrerer Nachfragen via Telefon und Mail", sagt der Künstler. Das sei im Rahmen einer Ortsbegehung mit dem Stadtbürgermeister und einem Bauamtsmitarbeiter erfolgt.
"Die Stadt wiederum hat die ganze Zeit von mir die Bestätigung verlangt, dass ich im Kostenrahmen von 30 000 Euro bleibe. Nur wie soll ich das leisten können, wenn mir die Pläne nicht ausgehändigt werden?" fragt der Künstler.
Rondellbauwerk stört nicht


Zwei Tage, nachdem er die Pläne hatte, habe er dann auch der Stadt die erwünschte Bestätigung via E-Mail zukommen lassen. So sei in der Tat zum Vorschein gekommen, dass unter dem Platz eine Gasleitung verläuft. Die sei aber speziell ummantelt und dürfe demnach auch überbaut werden. Zudem habe dann auch erst die Befürchtung entkräftet werden können, dass der Baukörper des Rondells im Boden die Brunnenplanung nicht beeinträchtige. Und dass die vorhandene Zisterne auch für den neuen Brunnen genutzt werden könne.
Die Finanzierungsbestätigung lässt laut Schambach trotzdem weiter auf sich warten. Er sagt: "Jetzt verlangt die Stadt, dass ich eine Gewährleistung für den Brunnen erbringe. Aber das geht nicht, da ich schon jetzt ohne Gewinn arbeite." Er habe darauf verwiesen, dass die einzelnen Auftragnehmer (Betonbauer, Brunnentechnik …) die Gewähr für ihre Gewerke übernähmen.
Schambach sagt: "Es ist schon viel Vorarbeit geleistet worden: Die Steine sind reserviert, die Brunnentechnik ist abgesprochen, und auch mit dem Betonbauer bin ich einig. Selbst das öffentliche Gießen der Fundamentplatte, an dem sich die Bürger beteiligen sollen, ist klar. Was fehlt, ist die Finanzierungszusage. Und ohne die geht es nicht weiter."
Ob angesichts dieser Verzögerung die vom Stadtrat gewünschte Fertigstellung bis zum Sommer eingehalten werden kann, weiß Schambach nicht. Auf die Frage, ob er das gesamte Projekt in Gefahr sehe, sagte er: "Von meiner Seite aus nicht."
"Haltlose Unterstellungen"


Gerolsteins Stadtbürgermeister Bernd May ist mit den Vorwürfen vom TV konfrontiert worden. Auf die Fragen ist er dennoch nicht näher eingegangen. Er sagte nur: "Ich finde es etwas befremdlich, dass gerade Herr Schambach von einer Verzögerungstaktik der Stadt spricht - und ich verwahre mich auch persönlich gegen dahingehende Unterstellungen, weil sie absolut haltlos sind."
Nach Informationen, die er aus dem zuständigen Fachbereich habe, ist Schambach zwei in 2011 vereinbarten Terminen unentschuldigt ferngeblieben. Ein dritter Termin habe dann, bedingt durch diverse Umstände (Krankheit, Feiertage, Urlaub), erst am 17. Januar stattfinden können. Laut May besteht aber noch "Gesprächs- und Klärungsbedarf". Er sagte: "Seien Sie versichert, dass von Seiten der Stadt Gerolstein beziehungsweise mir eine zeitnahe Klärung nicht behindert wird." Schambach wiederum meint: "So ein Vorgehen bei öffentlichen Aufträgen, von denen ich bereits einige erledigt habe, kenne ich nicht."Meinung

Im Sommer muss der Brunnen stehen
Die Entstehtungsgeschichte des Brunnens war für alle Beteiligten zwar nicht leicht, aber lehrreich. Nach vielen Sitzungen, Diskussionen, Auseinandersetzungen kam nach hartem Ringen eine Entscheidung heraus, die auch der Vielzahl der engagierten Bürger gefallen hat: der Bürgerbrunnen. Dass nun aber der Knatsch weitergeht - und zwar diesmal zwischen dem Künstler und der Stadt -, ist schlichtweg nicht zu fassen. Alle Beteiligten (Künstler, Stadtbürgermeister, Bauamt) sind - ob ihnen der Brunnen oder ihr Gegenüber gefällt oder nicht - aufgefordert zu kooperieren. Denn Bürger und Stadtrat wollen den Brunnen auf dem Rondellvorplatz sehen. Und zwar zu Beginn dieses Sommers. m.huebner@volksfreund.deExtra

Der Name Bürgerbrunnen für das Modell von Martin Schambach rührt daher, dass sich die Bürger im wahrsten Wortsinn einbringen können. Sie können Erinnerungsstücke - am besten aus Stein - abgeben, die dann in den Betonkörper des Brunnens und der Bänke eingegossen werden - sichtbar und im Inneren verschwunden. Der Brunnen hat ein rundes Becken. Darin eingearbeitet sind Erhöhungen, die die Erhebungen des Gerolsteiner Landes symbolisieren sollen. Aus ihnen soll Wasser sprudeln, das je nach Tageszeit unterschiedlich beleuchtet wird. Schambach: "Im Dunkeln soll es rot leuchtend sein, damit es aussieht wie Lava." Das Wasser fließt dann durch Vertiefungen ab, die die Flussläufe der Vulkaneifel darstellen. Der Brunnen hat einen Innendurchmesser von 4,50 Metern und einen Außendurchmesser (samt der Bänke) von 7,70 Metern. mhExtra

Nach wochenlanger Suche nach dem richtigen Exemplar und der Auftragsvergabe an Werner Bitzigeio (Röhrenbrunnen) Anfang August vergangenen Jahres war es zu einer Bürgerbewegung und einer Unterschriftensammlung mit mehr als 1000 Unterzeichnern gegen den Röhrenbrunnen gekommen. In einer Bürgerversammlung hat sich dann Martin Schambach (Bürgerbrunnen) durchgesetzt. Es kam zur Entscheidung zwischen dem Röhren- und dem Bürgerbrunnen. Mitte November hat sich der Stadtrat mit deutlicher Mehrheit (16 Ja-, fünf Nein-Stimmen, eine Enthaltung) für den Bürgerbrunnen entschieden. Stadtbürgermeister Bernd May (parteilos), der sich selbst gegen dieses Modell ausgesprochen hatte, stellte nüchtern fest: "Damit ist die Entscheidung für den Bürgerbrunnen gefallen." mh

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