Den Bauch voller Angst

22 000 Euro lässt sich die Stadt Gerolstein den Abriss des Hauses in der Hauptstraße 63 kosten. Das "Dehren-Haus" am Altstadtparkplatz soll weg, damit Busse besser die Kurve in die Mühlenstraße als Anbindung zur Bundesstraße kriegen. Die Besucherfrequenz des Naturkundemuseums und in die Altstadt soll so erhöht werden.

Gerolstein. "Zieh!", ruft Jakob Conen am Mittwochmittag gegen 13 Uhr. Zufällig erlebt er als Passant den Start des Abbruchs. Baggerfahrer Frank Haubrich hat Position bezogen. Der Greifarm des Baggers umfasst den ersten Betonquerträger, auf dem der Dachstuhl aufgelegen hat. Haubrich befolgt allerdings nicht die Aufforderung. Behutsam geht er vor. Zuerst lockert er den Querträger, legt ihn zurecht, um ihn dann sachte entlang der Hauswand zu Boden zu hieven. Der Abriss ist keine Hauruck-Aktion. Haubrich versteht blendend den Umgang mit dem Greifarm. Die Enge der Baustelle und die extreme Nähe zu den Nachbarhäusern erfordert Um- und Vorsicht. Ständig laufen Passanten am Bauzaun vorbei. Oder Autos fahren vorbei. Im Laufe der Tage wird das "Dehrens-Haus" Stück für Stück abgetragen. Das "Kochs-Haus" ist nur eine Mauerbreite entfernt. Die unmittelbaren Anwohner spüren in ihren Wohnungen deutlich die Erschütterungen der Abbrucharbeiten."Schade um das Traditionshaus"

Doro Koch betreibt im Untergeschoss die Kneipe "West-Tor-Schmiede". Sie sagt: "Wir haben schon den Bauch voll Angst und hoffen, dass unser Haus später nicht voller Risse ist." Harald Brück, stellvertretender Leiter der Gerolsteiner Bauabteilung, erklärt: "Das Abbruchunternehmen wählt die Methode und haftet für eventuelle Schäden. So wird beispielsweise die Grenzwand in Handarbeit abgetragen." Trotz aller Sorge sieht die Wirtin auch Vorteile durch den entstehenden Freiraum. Sie sagt: "Die Kneipe wird danach besser gesehen." Allerdings haben die Anwohner nichts mit den grundlegenden Plänen zu tun. Der Stadtrat hat den Abriss des Hauses beschlossen, damit die Zu- und Abfahrten zur Altstadt sowie zum Naturkundemuseum besser geregelt werden können. Busse können derzeit nicht in die Mühlenstraße einbiegen. Die Kurve ist zu eng. Wirtin Doro Koch meint: "Ich lass mich überraschen, ob es hinterher schöner ist." Anwohner Konrad Klein ist gegen den Abbruch. Er sagt: "Es entsteht ein Loch in der traditionellen Kulisse, und ändern an der Situation in der Fußgängerzone wird sich dadurch auch nichts. Dadurch gibt es nicht mehr Betrieb." Auch Passant Jakob Conen ist gegen den Abriss. Er meint: "Schade um das Traditionshaus in der Altstadt." Passant Toni Hockelmann sieht es anders: "Busse sollten zwar aus der Stadt raus bleiben, aber es ist gut, wenn das Haus weg ist und Grünfläche entsteht." Was letztendlich mit der entstehenden Freifläche konkret geschieht, hat der Stadtrat noch nicht beschlossen. Noch eine Woche werden die Abrissarbeiten und der Abtransport der vorsortierten Baumaterialien dauern.

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