Der Traum ist aus

Herber Rückschlag für Birresborn: Nach der Insolvenz der Firma Leka hat nun auch die zweite Firma, die sich im neuen Birresborner Gewerbegebiet ansiedeln wollte, Aqua Spa, Zahlungsunfähigkeit angemeldet. Mit raschen Einnahmen aus Grundstücksverkaufen kann die Gemeinde, die in erheblichem Maß Kredite abtragen muss, daher nicht rechnen.

 Die Erschließungsarbeiten im Gewerbegebiet in Birresborn sind für Teilbereiche abgeschlossen, nun hat auch die zweite Firma, die sich ansiedeln wollte, Insolvenz angemeldet. TV-Foto: Mario Hübner

Die Erschließungsarbeiten im Gewerbegebiet in Birresborn sind für Teilbereiche abgeschlossen, nun hat auch die zweite Firma, die sich ansiedeln wollte, Insolvenz angemeldet. TV-Foto: Mario Hübner

Birresborn. "Wir haben Insolvenz-Antrag gestellt" sagt Aqua Spa-Geschäftsführer Gerhard Friedel auf TV-Anfrage. Als Gründe nennt er zum einen die "monatlichen Kosten von 20 000 Euro für unsere Maschinen", zum anderen "die Klagen, mit denen wir seit Monaten überzogen werden". Allen voran gegen seinen Ex-Geschäftspartner und Ex-Leka-Chef Erwin Lenarz sowie die Kreisverwaltung wettert er.

"Das ist der zweite Nackenschlag"

Die hatte den Betrieb versiegelt, nachdem trotz monatelanger Mahnung Brandschutzauflagen nicht erfüllt wurden. Daraufhin hatte Friedel 15 Leute entlassen, aber immer wieder von der baldigen Ansiedlung im neuen Gewerbegebiet gesprochen (der TV berichtete mehrmals). Nun die Insolvenz.

"Das ist der zweite Nackenschlag für mich, dabei habe ich den ersten vom Aus des Phönix-Sprudels (vor fast genau fünf Jahren) noch nicht ganz auskuriert." Mit drastischen Worten beschreibt Birresborns Ortsbürgermeister Josef Bach die aktuelle Situation ums neu erschlossene Gewerbegebiet "Auf dem Boden". Das war eigens für die Firmen Leka und Aqua Spa geschaffen worden. Nun sitzt die Gemeinde auf Gewerbeflächen, die sie für viel Geld erschaffen hat. Rund 1,4 Millionen Euro wird die Gesamterschließung kosten. Davon wollen das Land 837 000 Euro und die Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) des Kreises Vulkaneifel 42 000 Euro beisteuern. Auf das Dorf entfallen 516 000 Euro. Da die Gemeinde aber vorerst nicht mit der Zahlung der Zuschüsse rechnen konnte, musste sie alles Geld vorfinanzieren. Bislang waren das nach Auskunft aus dem Rathaus in Gerolstein 450 000 Euro, weitere Rechnungen für bereits geleistete Arbeiten stehen laut Kämmerer Heinz-Josef Hockelmann noch aus. Und die ganze Summe ist durch die Ortsgemeinde kreditfinanziert - mit rund fünf Prozent Zinsen. Macht bei 450 000 Euro eine jährliche Zinslast von 22 500 Euro, bei den gesamten 1,4 Millionen Euro jährlich 70 000 Euro. Ortsbürgermeister Bach begründet: "Es musste ja alles schnell gehen, denn die Firmen haben mächtig Druck gemacht, wollten sich so rasch wie möglich dort oben ansiedeln."

Zudem sollten und mussten sie nach drei Jahren aus der Halle im Ort raus - zum Schutz der Anwohner. Naivität will sich Bach aber nicht vorwerfen lassen. "In jedem Geschäft steckt ein Risiko", sagt er und fügt hinzu: "Es wäre uns Jahre vorgeworfen worden, wenn wir die Firmen hätten ziehen lassen."

Zudem habe ja auch der rheinland-pfälzische Innenminister und stellvertretende Ministerpräsident Karl Peter Bruch bei seinem Besuch im Sommer das Modell gut gefunden. "Sonst wäre die Finanzierung wohl kaum so rasch über die Bühne gegangen", sagt Bach.

Als sich die Leka- und Aqua Spa-Verantwortlichen, die im Gebäude des ehemaligen Phönix-Sprudels unter einem Dach produziert hatten, verkrachten, schreckte Bach nach eigenem Bekunden erstmals auf. "Aber da waren wir schon im Verfahren fürs Baugebiet drin, da gab es kein zurück mehr", sagt der Ortsbürgermeister, nach dessen Meinung nun die Vermarktung der freien Flächen oberste Priorität hat.

"In jedem Geschäft steckt ein Risiko"

Das sieht auch Gerolsteins Bürgermeister Matthias Pauly (CDU) so: "Es hat bereits erste Gespräche und auf Vermittlung von Landrat Onnertz den Besuch einer Wirtschaftsförderin vom Niederrhein gegeben, wo Gewerbeflächen oftmals nicht vorhanden oder zu teuer sind." Pauly kündigte zudem an, "Individuallösungen" für mögliche Interessenten zu schaffen.

Schwarzmalerei ist trotz der prekären Lage aber weder bei ihm noch bei Bach angesagt. Beide betonen auch die Vorteile: "Wir haben fertig erschlossene Grundstücke, die bereits morgen genutzt werden können und die fernab von Wohnbebauung und mitten in der Natur liegen."

Dass das Geschäft eine "Luftnummer" wird, daran habe er "zu keinem Zeitpunkt gedacht", sagt Bach. Dennoch meint der erfahrene Ortsbürgermeister, der auch lange als Kaufmann tätig war: "Ich war immer mehr vom Produkt überzeugt als von den verantwortlichen Personen."

Meinung

Von Mario Hübner

Blick nach vorne

Das Geschäftsmodell, an einem Standort aus Altreifen Gummigranulat herzustellen, mit dem Bewässerungsschläuche für die Dürre-Gegenden der Welt produziert werden, ist zukunftsträchtig und Erfolg versprechend. Dass es damit in der Eifel nichts wird, liegt weder an Behörden, der Gemeinde oder Anwohnern, sondern an den Managern, die eher gegen- als miteinander gearbeitet haben. Darunter zu leiden haben die Entlassenen, die Gemeinde, die Steuerzahler. Doch das ist passé. Der Blick muss nach vorne gerichtet und alle Kraft in die Vermarktung der Flächen gelegt werden. Es gibt andere gute Geschäftsmodelle. m.huebner@volksfreund.de

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