"Die machen uns das Geschäft kaputt!"

GEROLSTEIN/DAUN/PRÜM. Taxiunternehmer fühlen sich in ihrer Existenz bedroht. Gründe: Mietwagen-Unternehmer unterlaufen die Preise, und die Barmer-Ersatzkasse "versteigert" seit kurzem Krankenfahrten im Internet.

 Die Taxiunternehmer Paul Kaiser, Renate Ganser und Maria Liske aus Gerolstein bangen – ebenso wie Kollegen aus dem Kreis Daun und dem Altkreis Prüm – um ihre Existenzen, weil die Barmer Ersatzkasse Krankenfahrten im Internet versteigert und die Kreisverwaltung immer mehr Konzessionen für Mietwagen vergibt.TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Die Taxiunternehmer Paul Kaiser, Renate Ganser und Maria Liske aus Gerolstein bangen – ebenso wie Kollegen aus dem Kreis Daun und dem Altkreis Prüm – um ihre Existenzen, weil die Barmer Ersatzkasse Krankenfahrten im Internet versteigert und die Kreisverwaltung immer mehr Konzessionen für Mietwagen vergibt.TV-Foto: Gabi Vogelsberg

"Unsere Existenzen stehen auf dem Spiel", sagen die Taxiunternehmer Maria Liske, Renate Ganser und Paul Kaiser aus Gerolstein unisono. Vor allem die Vergabe von Konzessionen für Mietwagen ist ihnen ein Dorn im Auge. Kaiser wettert gegen die Kreisverwaltung in Daun: "Das ist nahe dran an Aufsichtspflichtverletzung." Liske schimpft: "Die Kreisverwaltung ist schuld. Auf dem Land ist es nämlich schwieriger, mit reinen Personenfahrten den Umsatz zu schaffen." Tatsächlich hat die Verwaltung des Landkreises Vulkaneifel in den vergangenen Jahren mehr Mietwagen zugelassen. Gegenüber 2004 stieg die Zahl von 34 auf 41. Helmut Klassmann, Büroleiter der Dauner Kreisverwaltung, erklärt: "Wer die Anforderungen erfüllt, kriegt die Konzession." Er bestätigt, dass die Anforderungen für Taxen höher sind als für Mietwagen. Ganser erklärt: "Taxis haben Beförderungspflicht und müssen auch nachts fahren. Mietwagen dürfen nicht bei öffentlichen Veranstaltungen oder an Bahnhöfen auf Kunden warten. Sie müssen immer zu speziellen Aufträgen von zu Hause aus losfahren." Unternehmer fordern mehr Kontrollen

Die Taxiunternehmer fordern entsprechende Kontrollen von der Kreisverwaltung. Klassmann kontert: "Das ist personell nicht zu machen. Wir reagieren bei Verdacht auf Missbrauch und bei konkreten Anzeigen." Ganser, seit 15 Jahren Taxifahrerin, mosert: "Und laut Kreisverwaltung kann ich meine Taxikonzession nicht gegen eine für Mietwagen tauschen, weil ich dann angeblich für drei Jahre gesperrt würde." Im Nachbarkreis Bitburg-Prüm ist die Zulassung von Mietwagen sogar von 52 auf 50 gesunken und der Taxi-Bestand mit 29 gleich geblieben. "Weil es bei uns keine gravierenden Veränderungen gegeben hat, fühlen wir uns von den Vorwürfen nicht betroffen", sagt Pressesprecher Rudolf Müller. Bei der Unternehmerin Regina Carls aus Prüm steht vielmehr die neue Vergabe von Krankenfahrten ganz oben auf der "Ärger-Liste". Seit November 2006 bietet die Barmer-Ersatzkasse (BEK), bisher noch als einzige bundesweit, planbare Fahrten (wie zur Dialyse, Chemo- oder Strahlentherapie, Augen-Operation) im Internet an."Man wird vermarktet wie ein Stück Vieh!"

Die Anzahl der Fahrten für einen Patienten, sein Wohnort und das Fahrziel stehen in der Ausschreibung. Der günstigste Anbieter erhält dann die Patientendaten. BEK-Mitglied Josefa Krämer aus Kopp schimpft: "Man wird für ein paar Euro weniger vermarktet wie ein Stück Vieh. Dabei kassiert die Barmer wirklich genug." Sie sei verblüfft gewesen, dass ihre Daten an eine Unternehmerin aus der VG Prüm weitergegeben wurden. Krämer sagt: "Als Krebspatientin habe ich nun wirklich genug zu leiden. Vor vier Jahren bin ich 30 Mal mit Frau Ganser gefahren, und jetzt kriege ich wildfremde Leute vor die Nase gesetzt." Katharina Steinbach, Pressesprecherin der BEK-Landesgeschäftsstelle, erklärt: "Der Patient ist nicht verpflichtet, die Fahrten mit dem günstigsten Anbieter anzunehmen. Wählt er ein Unternehmen, muss er eventuelle Mehrkosten selbst zahlen." Außerdem seien die Internetausschreibungen rechtens. Die BEK orientiere sich strikt am Wirtschaftlichkeitsgebot (Paragraph zwölf des Sozialgesetzbuches V). Auch halte sich die BEK an die Vereinbarungen mit den Verkehrsverbünden, wobei deren Entgelte als Höchstpreise anzusehen seien. Das bringt Taxiunternehmer Markus Berns aus Daun auf die Palme: "Das kann doch wohl nicht sein. Die Vereinbarungen lassen keinen Spielraum zu." Kollegin Liske ergänzt: "Die 58 Cent für jeden gefahrenen Kilometer sind seit drei Jahren nicht erhöht worden. Wir kriegen hin und zurück nach Trier 83,50 Euro, was wirklich nicht viel ist." Ganser, die mit Krankenfahrten 60 Prozent ihres Umsatzes macht, sagt: "Fallen die weg, kann ich dicht machen." Vergabe übers Internet hat auch Tücken

Taxiunternehmer Uwe Krämer aus Stadtkyll hat Ende Januar eine "Bestrahlungsfahrt" nach Eschweiler bei Aachen an eine Mietwagen-Unternehmerin aus der VG Daun verloren. Kopfschüttelnd rechnet er vor: "Die rechnet für die einfache Fahrt 77 Kilometer ab, dabei sind es von Stadtkyll aus schon 96 und sie muss bis hierhin noch 35 Kilometer fahren." Berns aus Daun hat drei Dialysefahrten pro Woche aus einem Dorf fünf Kilometer entfernt bis nach Daun verloren. Dabei hat er sie als "Mitfahrten" abgerechnet, weil er aus dem Ort zeitgleich noch einen anderen Patienten zu fahren hat. Berns meint: "Jetzt fahren wir an drei Tagen die Woche in dem Dorf hintereinander her, was garantiert teurer für die BEK ist. Das ist eine Tücke des Internets." Carls aus Prüm wettert derweil gegen verlorene Fahrten an eine gemeinnützige Hilfsorganisation. Sie sagt verärgert: "Die fahren mit grünen Nummerschildern, leben von Spenden und machen uns das Geschäft kaputt."

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