"Ein weltfremder Heiliger bin ich nicht"

SCHÖNECKEN/Bitburg · Er ist Teilzeitautor, war als Kind Fan von Karl May und hat seine Liebe für Kunst und Literatur in der Eifel entdeckt: Seep Jakobs. Am Freitag liest er in Bitburg - und gibt dabei auch Einblick in die Eifeler Schulwelt der 70er Jahre.

 „Mein Herz schlägt lieber am eigenen als am fremdbestimmten Schreibtisch“: Seep Jakobs ist gerne Autor.

„Mein Herz schlägt lieber am eigenen als am fremdbestimmten Schreibtisch“: Seep Jakobs ist gerne Autor.

Foto: (e_kultur

SCHÖNECKEN/Bitburg Es ist ein Heimspiel für ihn, obwohl er schon lange nicht mehr in der Eifel lebt: Der in Schönecken aufgewachsene Autor Seep Jakobs liest am Freitag, 17. November, im Kreismuseum Bitburg-Prüm. Warum er neben der Schreiberei auch noch einen "richtigen" Beruf hat, was ihn mit Albrecht Klauer-Simonis verbindet und warum seine Schulzeit in Prüm ihn nachhaltig beeinflusst hat, verrät er im TV-Interview. Herr Jakobs, Sie arbeiten als "Teilzeitautor" namens Seep und als Teilzeit-Sprecher im hessischen Hochschuldienst als Erhard. Wer sind sie lieber: Seep oder Erhard?JAKOBS Alle Achtung, als Einstieg gleich eine Frage zum Wesenskern. Mein Herz schlägt lieber am eigenen als am fremdbestimmten Schreibtisch. Doch spätestens beim Blick auf den Kontoauszug sagt mir mein Verstand: Gut, dass du ein Mischling zwischen Erhard und Seep bist. Sie sind in der Eifel aufgewachsen. Wie hat Sie diese Region künstlerisch beeinflusst? Und wie tut sie es heute noch?JAKOBS In der Oberstufe hatte ich in Deutsch und Latein sehr gute Lehrer am Regino-Gymnasium Prüm. Man hört ja gelegentlich, in der ländlichen Provinz fehle es an geistigen Anregungen. Ich habe diese Eifeler Schule - bei allen Kämpfen, die ich dort ausgetragen habe - ab einem gewissen Alter vor allem als Ort der Literatur und Philosophie, des Fragens und Argumentierens, aber auch des Spiels erlebt. Das wirkt bis heute nach.Der verstorbene Weißenseifener Bildhauer Albrecht Klauer-Simonis hat Sie offenbar so sehr beeindruckt, dass Sie ihm einen Epilog im Buch "Wartenarr" (2002) gewidmet haben. Zudem beinhaltet das Buch einige seiner Zeichnungen. Welche Erinnerungen haben Sie an ihn?JAKOBS Als ich 1978 Abitur machte, hatte ich zwar ein Ziel erreicht, betrauerte aber zugleich das Ende meiner Schulzeit. Ich hatte dann das Glück, ein Jahr später Albrecht Klauer-Simonis zu begegnen und nach Elternhaus und Schule wieder einen Bildungsort in der Eifel zu finden. Vieles von dem, was ich am Gymnasium geschätzt hatte, konnte ich beim Symposion Weißenseifen in anderer Weise fortsetzen. Klauer war der Inspirator, Motivator und Vorarbeiter auf einem offenen künstlerischen Spielfeld, wo sogar Platz für einen Schreiber mit einer Vier in Bildender Kunst war.Sie stehen im regen Austausch mit Malern, Musikern, Theaterleuten und Bildenden Künstlern. Die meister Ihrer Bücher sind von Künstlern illustriert. Was lernen Sie von Menschen, die in anderen Kunstbereichen tätig sind?JAKOBS Dass ich beschränkt bin und Zusammenspiel ein Gewinn ist. Sie sind ein Autor, für den Selbstvermarktung und Profit offenbar nicht im Vordergrund stehen. Sie publizieren gerne in kleinen Verlagen. Warum wollen Sie nicht mehr Geld mit ihren Büchern verdienen?JAKOBS Die Umrechnung von Künsten in Geldwert hat mich nie sonderlich interessiert. Mit so einer Haltung ist man bei Kleinverlagen eher daheim. Aber ein weltfremder Heiliger bin ich nicht. Böte mir ein finanzstarker Verleger sein Dach, eine Riesenauflage und ein tolles Marketing an, womöglich würde ich schwach.Sie sind auf dem Land aufgewachsen, leben seit vielen Jahren in Hessen auf dem Land. Inwiefern inspiriert Sie das Landleben zum Schreiben?JAKOBS Als Junge habe ich mich oft in den Wäldern und auf den Wiesenhängen des Nimstals herumgetrieben und viel Karl May gelesen. Später lösten ihn die Romantiker ab. Diese Lektüre hat mich auf einen Findlingsfelsen am Dorfrand geführt, wo ich mich an eigenen Naturgedichten versuchte. So eine Infektion wird man vermutlich sein Leben lang nicht mehr los.Sie lesen am 17. November in Bitburg Geschichten "Aus der Schule". Warum?JAKOBS Ich stamme aus einer Lehrerfamilie, war 13 Jahre lang Schüler, bin seitdem zum Nachsitzen am Schreibtisch verurteilt. Als mir der Museumschef Burkhard Kaufmann ankündigte, die Lesung sei in einem historischen Klassenraum, war das Programm schlagartig da.Was erwartet die Zuhörer?JAKOBS Kluge Einführungsworte eines leitenden Bitburger Pädagogen (Anm. der Red.: Andreas Merzhäuser, der Leiter des St.-Willibrord-Gymnasiums), schlimme Schulgeschichten eines ehemaligen Schönecker Halbstarken und vielleicht sogar ein Lied. Und wenn ein alter Lehrer von Ihnen im Publikum sitzt?JAKOBS Dann sage ich herzlich willkommen und vertraue auf wechselseitige Altersmilde.Was ist ihr nächstes künstlerisches Projekt?JAKOBS Zusammen mit Andreas Merzhäuser, ebenfalls ein Alt-Weißenseifener, der heute das Bitburger St.-Willibrord-Gymnasium leitet, gebe ich in der "Edition Buschwerk" einen Erinnerungsband zum 100. Geburtstag von Klauer-Simonis heraus. Er soll im April 2018 erscheinen. Mein Beitrag dazu besteht unter anderem darin, von meinem alten Freund Albrecht zu erzählen, der zwar tot ist, sich aber sehr lebendig in meinem Bewusstsein hält.Ulrike LöhnertzExtra: ZUR PERSON

Seep Jakobs ist 1959 in Trier geboren und aufgewachsen in Schönecken. Nach dem Studium (Germanistik, Philosophie, Journalismus) in Mainz wurde er Teilzeitangestellter im hessischen Hochschuldienst. Er schreibt erzählende Prosa, Bühnenstücke und Lyrik. Bemerkenswert ist seine Zusammenarbeit mit Musikern. Seit Studienbeginn 1978 war er nur noch "Halbe-Halbe-Eifeler", seit 1986 lebt er gar nicht mehr in der Eifel - heute in Laubach (Oberhessen). "Aber ich sitze noch regelmäßig bei meiner 93-jährigen Mama in Schönecken am Küchentisch", verrät er. Werk-Auswahl: Das Buch vom Kopp, Ein Roman in Geschichten, 1994; Wartenarr, 2002; Der Lawinenschrank - 39 Malheure, 2003; Hergänger, Roman, 2011; Kommen und Gehen, 2016.Extra: DIE LESUNG

 Ein Foto vom Symposion Weißenseifen Mitte der 80er Jahre: Albrecht Klauer-Simonis (rechts) hört dem jungen Seep Jakobs zu, wie er an einem Sommertag einen eigenen Text vorliest. „Seinem skeptischen Gesicht kann man entnehmen, dass (auch) er nicht über alles begeistert war, was ich so von mir gab“, sagt Seep Jakobs. Fotos (2): privat

Ein Foto vom Symposion Weißenseifen Mitte der 80er Jahre: Albrecht Klauer-Simonis (rechts) hört dem jungen Seep Jakobs zu, wie er an einem Sommertag einen eigenen Text vorliest. „Seinem skeptischen Gesicht kann man entnehmen, dass (auch) er nicht über alles begeistert war, was ich so von mir gab“, sagt Seep Jakobs. Fotos (2): privat

Foto: (e_kultur

Unter der Überschrift "Aus der Schule" liest Seep Jakobs am Freitag, 17. November, 19 Uhr, im Kreismuseum Bitburg-Prüm eigene Geschichten. Angeregt vom Veranstaltungsort, dem dortigen historischen Klassenzimmer, hat der Schönecker Autor passende Erzählungen für diesen Abend ausgewählt. Eifeler Gymnasiasten der 70er Jahre spielen darin die Hauptrollen. Der Eintritt beträgt drei Euro. Der Verlag edition Buschwerk verkauft Werke von Jakobs an einem Büchertisch.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort