Fackeln und Wecken

HILLESHEIM. (fs) Nach dem Patron der Nächstenliebe, St. Martin, ist in Hillesheim eine Kirche benannt. Um 17.45 Uhr beginnt heute in der Stadt der Umzug.

Sein Bekanntheitsgrad als Kinderfreund mit Fackelumzug und Martinsweck ist heute vielfach größer als die des Patrons der Schneider, Bettler und Kriegsdienstverweigerer. Alte Überliegerungen besagen, dass Salben und Heiltränken aus dem Öl der Martinskirche zu Tours Viehkrankheiten vertreiben. Bei Pferdeseuchen versprachen die Bauern einen Zehnten als Weihegabe den Martinskapellen zu opfern. Martini, der 11. November, war früher ein wichtiger Termin der Dienstboten und Stichtag von Pacht, Steuern und dem Zehnten. Er bedeutete auch das Ende der fröhlichen Kirchweihzeit und den Beginn einer 40-tägigen Fastenzeit bis Weihnachten. Nach einer Kirchenreform im 11. Jahrhundert verkürzte man die Fastenzeit auf die vier Adventswochenenden. Noch bis Anfang des 19. Jahrhunderts fand an Martini ein Hofabend mit Gänsebratenessen statt. Die Jugend traf sich bei dürren Bohnenreisern, den Bunnesstrüh, die sie brennend rollen ließen. Dieser Brauch besteht in veränderter Form mit dem Martinsfeuer fort. Am Martinstag waren alle Erntearbeiten beendet, und es begann das Schweineschlachten. Knechten und Mägden, so ein Gebot, sollte warme Kleidung überreicht werden. Andere wechselten ihre Dienststellen und verdingten sich anderswo. In der Eifel sind viele Kirchen dem heiligen Martin geweiht, und folglich wurde an diesem Tag Kirmes gefeiert, so auch in Nohn und Wiesbaum. In Hillesheim fanden an drei Tagen von Samstag bis Montag Tanzbälle im Hotel "Valerius" und Gasthof "Michels" statt. Dienstags lud der Männergesangverein "Eintracht" zum geselligen Abend ein. Später entstand daraus der Nikolausball, der jahrzehntelang am Dienstag vor dem Buß- und Bettag der Nikolausaktion des Kolpingvereins diente. Viele Geschichten und Legenden tradieren sich um jenen Mann, der als erster Mensch als Heiliger verehrt wurde. Sohn eines römischen Tribuns im Jahr 316 oder 317 in Sabaria (Ungarn ) geboren, schlug er mit 18 Jahren, der Familientradition verpflichtet, den Militärdienst ein. Als Soldat teilte er mit einem frierenden Bettler seinen Mantel, verließ die Armee und gründete nach seiner Einsiedlerzeit um 360 die ersten zönobitischen - das heißt, für in ständiger Klostergemeinschaft lebender Mönche - Klöster. Er bekämpfte die Überreste des Heidentums, galt als Schutzheiliger des Fränkischen Reiches und wurde 371 Bischof von Tours, wo er, gestorben am 8. November 397, begraben liegt. Sein Mantel (cappa) gelangte Mitte des 7. Jahrhunderts in den Besitz der Merowingerkönige. Die führten ihn als Reichskleinod und Siegeszeichen auf Kriegszügen mit. Die Hüter der cappa waren seit karolingischer Zeit die Kapläne, die auch schriftliche Verwaltungsarbeiten ausübten und insgesamt die königliche Kanzlei bildeten. Die großen Martinsumzüge mit Blasmusik und Gänseverlosung sind ein veränderter Ausdruck von Brauchtumspflege, zeigen jedoch die über 1600 Jahre dauernde Erinnerung an Nächstenliebe. Der Martinszug zieht heute (10. November) um 17.45 Uhr ab Katherinenstift.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort