Freundin verprügelt: Amtsgericht Daun verurteilt Schläger zu Freiheitsstrafe

Daun/Gerolstein · Zu sechs Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung und Zahlung von 1000 Euro an den Verein Frauen in Not hat das Amtsgericht Daun einen 23-Jährigen verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann seine Freundin mehrfach brutal geschlagen und bedroht hat. Und das, obwohl die 18-Jährige inzwischen ihre Anzeige zurückgezogen hat. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Das Bild nach der Verhandlung passt irgendwie so gar nicht zu dem, was sich zuvor gestern im Amtsgericht in Daun abgespielt hat: Der 23-jährige Angeklagte geht nach Verkündung des Urteils aus dem Saal zu seiner 18-jährigen Freundin, die im Gang wartet. Die beiden, die offenkundig immer noch ein Paar sind, wechseln ein paar Worte und gehen dann Hand in Hand aus dem Gerichtsgebäude. Draußen wird sie sich noch während des Gehens an ihn schmiegen.

Kurz zuvor hatte Richterin Julia Schmitz-Garde den jungen Mann aus der Verbandsgemeinde Gerolstein, der als Handwerker tätig ist, der Körperverletzung und Bedrohung seiner jüngeren Freundin in sechs Fällen für schuldig erklärt. Sie verurteilt ihn zu sechs Monaten Freiheitsstrafe, ausgesetzt innerhalb einer dreijährigen Bewährungsfrist, sowie zur Zahlung von 1000 Euro an den Verein Frauen in Not. Damit bleibt sie etwas unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die auf acht Monate Freiheitsstrafe und eine zweijährige Bewährungszeit plädiert.

Die Richterin begründet: "Die Beweisaufnahme hat für mich die Vorwürfe vollumfänglich bestätigt. Der Angeklagte ist gegen seine körperlich unterlegene Freundin äußerst brutal und über einen längeren Zeitraum vorgegangen."
Nach Ansicht von Gericht und Staatsanwaltschaft hat der 23-Jährige die junge Frau über drei Monate hinweg in der gemeinsamen Wohnung in einem Dorf in der Verbandsgemeinde Gerolstein mehrfach geschlagen, mit dem Kopf auf ihre Nase gerammt, sie gewürgt, ins Gesicht geboxt, an den Haaren durch die Wohnung geschleift sowie mit einer Machete und einem Baseballschläger bedroht. Dabei habe sie Todesängste ausgestanden, gab sie später bei der Polizei zu Protokoll. Während der Verhandlung wird einige Male angedeutet, dass er extrem eifersüchtig sei.

Das alles kommt aber erst ans Tageslicht, nachdem die junge Frau nach dem jüngsten Zwischenfall - dabei hat er sie am Hals gepackt, auf die Couch gedrückt und mit der Faust mehrfach ins Gesicht geschlagen - einen Freund via Handy informiert und ihm auch ein Bild von sich und ihrem geschundenen Gesicht geschickt hat. Der 17-Jährige und seine Mutter fahren daraufhin in das Dorf, bringen die junge Frau zunächst ins Krankenhaus nach Gerolstein und ermutigen sie dann, den Vorfall bei der Polizei anzuzeigen. Im Auto berichtet sie ihnen und danach auch der Polizei von den weiteren Misshandlungen.Frau widerruft Anzeige


Etwas später macht die junge Frau dann aber eine Kehrwende und widerruft ihre Anzeige. Wieso, bleibt letztlich unbeantwortet. Vor Strafverfolgung kann sie ihn dadurch jedenfalls nicht schützen. Denn: Polizei und Staatsanwaltschaft sind verpflichtet, einem solchen Vorwurf nachzugehen, wenn sie davon Kenntnis haben.
Auch vor Gericht hält sie den Widerruf aufrecht und meint, dass sie ihren Freund nur beschuldigt habe, weil sie Streit gehabt hätten und sie ihm eins auswischen wollte. Auf die Frage der Richterin, woher denn dann die massiven Verletzungen stammten, die erstens der Arzt im Krankenhaus festgestellt und von denen zweitens die Polizei auch Bilder gemacht hat, meint sie: "Mich hat im Zug ein fremder Mann ins Gesicht geschlagen."

Dieser Version schenken aber sowohl die Vertreterin der Staatsanwaltschaft als auch die Richterin keinen Glauben - vor allem, weil die junge Frau dies nicht detailliert beschreiben kann und "auch die festgestellten vielfältigen Verletzungen nicht mit dieser Beschreibung übereinstimmen, wohl aber mit der ersten Schilderung bei der Polizei", sagt die Richterin. Ein dickes Auge sowie blaue Flecken sowohl am Hals als auch am Rücken durch einen einzigen Schlag - das erscheint ihr nicht glaubwürdig. Auch der Umstand, dass sie gegen den unbekannten Schläger keine Anzeige erstattet habe, nährt weitere Zweifel an dieser Version. Zudem passt die Schilderung einer rachsüchtigen Frau nicht in das Bild, dass sich Polizei und Helfern am Tattag von der 18-Jährigen bietet. "Sie war ziemlich verängstigt und verstört", sagt die Helferin. Auch vor Gericht macht die junge Frau eher einen schüchternen, denn selbstbewussten Eindruck - und sucht beispielsweise immer wieder den Blickkontakt zum Angeklagten - ihrem Freund.

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