Gerolstein fehlen 1,5 Millionen Euro

Gerolstein · Im Etat der Stadt Gerolstein für 2015 klafft ein Loch von 1,5 Millionen Euro - trotz hoher Gewerbesteuereinnahmen. Hauptgrund dafür ist die hohe Umlagenbelastung an Kreis und Verbandsgemeinde über 7,2 Millionen Euro. Ins Gewicht fallen aber auch die 25 Investitionsprojekte mit einem Gesamtvolumen von mehr als drei Millionen Euro.

Gerolstein. Kleinvieh macht bekanntlich auch Mist: Die richtig dicken Projekte wie Konversion Brunnengelände, Bahnhofsumbau, Hochbrückenneubau, für die die Stadt auch in den Geldbeutel wird greifen müssen, stehen in den nächsten Jahren erst noch an. Trotzdem investiert Gerolstein im nächsten Jahr 3,2 Millionen Euro in insgesamt 25 Vorhaben (siehe Extra). Stadt soll Steuern erhöhen

Angesichts von aktuell hohen Einnahmen (Der Etat 2014 konnte im Nachhinein ausgeglichen werden, weil die Gewerbesteuer mit 7,1 Millionen Euro um 2,1 Millionen Euro höher als zu Jahresbeginn ausgefallen ist.) könnte man meinen, dass die Stadt dafür auch das notwendige Geld hat. Das stimmt aber nicht so ganz: Denn im Etat klafft eine Lücke von 1,5 Millionen Euro - nicht zuletzt wegen der enormen Umlagenbelastung von 7,2 Millionen Euro an Verbandsgemeinde und Kreis. Also muss sich die Stadt Geld leihen. Dafür braucht sie aber die Genehmigung der Kommunalaufsicht. Die fordert im Gegenzug, dass die Stadt den Gewerbesteuersatz um fünf auf 365 Prozentpunkte anhebt und die Grundsteuer um 20 Prozentpunkte. Für Hausbesitzer macht das im Durchschnitt eine jährliche Mehrbelastung von 13 Euro aus. "Ich appelliere an den Stadtrat, für die Erhöhungen zu stimmen, um negative Konsequenzen zu vermeiden und auch künftig in den Genuss von Landeszuschüssen zu kommen", sagte Stadtbürgermeister Friedhelm Bongartz (CDU). In Anspielung auf die Gewerbesteuer, von der nur noch 13 Prozent bei der Stadt verblieben, meinte er: "Wie gewonnen, so zerronnen. So geht die Basis der finanziellen Selbstverwaltung verloren."CDU-Fraktionssprecher Helmut Hauth bewertete dies als "traurige Entwicklung", SPD-Sprecher Uwe Schneider nannte es "eine Geißelung, da wir nicht mehr genügend Geld behalten können, um unsere Aufgaben zu erledigen". Es sei aber wichtig, weiterhin zu investieren, um die Stadt attraktiv zu machen. Als ein Beispiel nannte er die geplante Renaturierung der Kyll, für die die Stadt 90 Prozent Zuschuss vom Land erhält. Das sah auch FWG-Fraktionssprecher Heinz Weber so. Er nannte das Vorhaben "eine Riesenchance, die uns zugefallen ist und Gerolstein stark prägen wird". Anders sahen dies die Grünen, die das Vorhaben als "Luxus" abtaten und auf den Stadtanteil von insgesamt 400 000 Euro während aller Bauabschnitte hinwiesen. Volker Simon (CDU) wiederum beklagte, dass die "eigentlich reiche Stadt Gerolstein arm gemacht wird", und dass die Bürger weiter zur Kasse gebeten werden, wie aktuell eine höhere Grundsteuer. Letztlich stimmte der Rat mehrheitlich für den Etat 2015 - bei drei Gegenstimmen der Grünen Horst Lodde, Tim Steen und Benedikt Lorse sowie zwei Enthaltungen der CDU-Vertreter Volker Simon und Helmut Hauth.Meinung

Der Stadt geht es gutDie Stadt Gerolstein nimmt sehr viel Gewerbesteuer ein. Das hat mit Tradition, Glück und guter Wirtschaftsförderung zu tun. Ihre Vertreter beklagen, dass sie von diesem Geld nicht allzu viel behalten und in Gerolstein ausgeben dürfen. Das ist nachvollziehbar, aber dem Prinzip der Solidargemeinschaft der kommunalen Familie geschuldet. Dennoch investiert die Stadt in sehr viele Projekte. Darunter einige, die zwar wünschenswert, aber absolut nicht zwingend erforderlich und einige sogar entbehrlich sind: die Liste reicht vom Ausbau der Mühlenstraße in Gerolstein und des Schwalben- und Barleywegs in Gees (die noch gut zu befahren sind) bis hin zur Erschließung eines weiteren Baugebiets in Gerolstein (in Lissingen ist noch Platz für zwei Dutzend Häuser). Und dass, obwohl die richtig dicken, und für die Stadtentwicklung enorm wichtigen Vorhaben in den nächsten Jahren erst noch kommen werden. Das ist wenig weitsichtig und zeigt darüber hinaus zweierlei: Der Stadt Gerolstein geht es noch richtig gut. Die politisch Verantwortlichen sind noch immer nicht zum Sparen bereit. m.huebner@volksfreund.deExtra

25 Projekte für eine Gesamtsumme von 3,2 Millionen Euro sind derzeit geplant (Stadtanteil 723 000 Euro). Erschließung Baugebiet "Auf den vier Morgen": 255 000 Euro (Stadtanteil 125 000 Euro). Gehwegausbau an K33 in Gees: 364 000 Euro (118 000 Euro). Renaturierung Kyll (erster Bauabschnitt): eine Million Euro (100 000 Euro). Renaturierung Peschenbach: 525 000 Euro (52 500 Euro). Planungskosten Umbau Bahnstation: 70 800 Euro in 2015, danach weitere 105 000 Euro. Ausbau Mühlenstraße: 232 000 Euro (36 000 Euro). Erneuerung Vorplatz Gemeindehaus Gees: 69 000 Euro (43 000 Euro). Stichweg und Parkplatz Untere Marktsraße: 40 000 Euro. Buswartehallen (2 x Sarresdorfer Straße, 1 x Gees): 69 000 Euro (40 000 Euro). Erschließung Baugebiet Lissingen über Straße Im Hofpesch: 110 000 Euro (11 000 Euro) Kauf von Mähwerk für Kleintraktor: 20 000 Euro.Extra

In Zusammenhang mit dem Etat sind zwei Änderungsanträge einstimmig beschlossen worden: So folgte der Rat geschlossen dem CDU-Vorschlag, den Neubau der Brücke im Barleyweg in Gess für veranschlagte 35 000 zu streichen. Begründung von CDU-Fraktionssprecher Helmut Hauth: "Da dort die Flurbereinigung läuft, kann das zu 80 Prozent darüber laufen, die restlichen 20 Prozent steuert die Jagdgenossenschaft bei." Kostenersparnis für die Stadt: 24 500 Euro. Ebenso stimmte der Rat für den Vorstoß der Grünen, die erst vor wenigen Jahren auf Geheiß der Kommunalaufsicht geforderte Einführung der Fremdenverkehrssteuer wieder zu streichen. Begründung: Der Ertrag von jährlich 24 000 Euro steht in keinem Verhältnis zum bürokratischen Aufwand. Laut Verwaltung dulde die Kommunalaufsicht die Streichung, wenn dafür die Grundsteuer angehoben wird. Das ist beschlossen worden. Mehrheitlich abgelehnt wurden hingegen zwei weitere Anträge der Grünen: die Erneuerung des Gemeindehaus-Vorplatzes in Gees zu streichen und den Ausbau der Mühlenstraße zu verschieben. mh Extra

 Hier wird 2015 angepackt: Die Kyll soll aus ihrem engen Korsett befreit (links) und die Mühlenstraße (rechts unten) ausgebaut werden. Und zum Umbau der Bahnstation in Gerolstein (rechts oben), der 2016 startet, steuert die Stadt 175 000 Euro Planungskosten bei. 70 000 Euro davon werden nächstes Jahr fällig. TV-Fotos: Mario Hübner (3)

Hier wird 2015 angepackt: Die Kyll soll aus ihrem engen Korsett befreit (links) und die Mühlenstraße (rechts unten) ausgebaut werden. Und zum Umbau der Bahnstation in Gerolstein (rechts oben), der 2016 startet, steuert die Stadt 175 000 Euro Planungskosten bei. 70 000 Euro davon werden nächstes Jahr fällig. TV-Fotos: Mario Hübner (3)

So sieht der Etat 2015 aus: Erträge des Ergebnishaushalts: 13,1 Millionen Euro. Aufwendungen des Ergebnishaushalts: 14,6 Millionen Euro. Fehlbetrag: 1,5 Millionen Euro. Ausgaben Kreisumlage: 3,8 Millionen Euro. Ausgaben VG-Umlage: 3,4 Millionen Euro. Kredite: 313 000 Euro. Schulden: 13,9 Millionen Euro (davon fünf Millionen Euro Kassenkredite). mh

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