Gerolsteiner bangen um Dolomiten

Gerolstein · Der Entwurf des regionalen Raumordnungsplans sorgt in der Brunnenstadt Gerolstein (Landkreis Vulkaneifel) für Furore: Denn er sieht Vorbehaltsgebiete für den Gesteinsabbau in unmittelbarer Nähe der Gerolsteiner Dolomiten vor - von der Hustley über die Papenkaule bis hin zur Kasselburg. Die Stadt protestiert, Abbaugegner gehen mit neuen Aktionen in die Offensive.

Gerolstein. Kopfschütteln, Empörung, wütender Protest: Selten waren die Reaktionen von Gerolsteins Politikern und Bürgern so ähnlich und gleichermaßen vehement wie aktuell: Nachdem die Planungsgemeinschaft Trier den Entwurf des regionalen Raumordnungsplanes - genauer: die Detailplanung für den Bereich Gerolstein - veröffentlicht hatte, hagelte es Kritik. So sagt Stadtbürgermeister Bernd May (parteilos): "Es ist ein Wahnsinn und unfassbar, welche Vorrang- und Vorbehaltsflächen für Rohstoffabbau auf Gerolsteiner Gemarkung dargestellt sind."
Rasch wurde eine außerplanmäßige Sitzung des zuständigen Forst-, Wege- und Umweltausschusses der Stadt einberufen. Ergebnis: Es wurde beschlossen, dem Stadtrat zu empfehlen, der Planungsgemeinschaft Trier in einer Stellungnahme die massiven Bedenken mitzuteilen und eine Vielzahl von Korrekturen zu beantragen beziehungsweise Teilbereiche zu streichen. May sagt: "In aller Deutlichkeit werden wir darauf hinweisen, dass wir speziell den Bereich der Gerolsteiner Dolomitfelsen als unantastbar, als absolutes Tabu ansehen."Wichtiger Wasserspeicher


Ein weiterer Punkt ist den städtischen Vertretern besonders wichtig: der Wasserschutz. Ihm müsse, so die Forderung, im Regionalplan eine höhere Bedeutung beigemessen werden. Das ist für Gerolstein existenziell. Denn die Gerolsteiner Kalkmulde ist nachweislich ein Wasserspeicher von überragender Bedeutung. Er dürfe nicht durch einen ausgeweiteten Gesteinsabbau bedroht werden.
In die gleiche Kerbe schlägt die Gerolsteiner CDU mit ihrem Geologie-Experten Werner Schwind, Fraktionssprecher Helmut Hauth und Stadtbürgermeisterkandidat Friedhelm Bongartz. In einer eigenen Stellungnahme sehen sie durch die Pläne die "einzigartige Landschaft Gerolsteins bedroht" und fordern: "Wir müssen uns alle dafür einsetzen, dass es erst keine Ansatzpunkte für weitere Landschaftszerstörungen um Gerolstein gibt." Als Negativbeispiel führen sie den Abbau am Wöllersberg im Westen der Brunnenstadt an, der bereits zum Großteil abgetragen ist. Nach jahrelangem Rechtsstreit hat die Stadt nachgegeben und dafür eine Teilfläche erhalten, die als Sichtschutz für die dahinter liegende Grube dienen soll. Doch auch die ist nun als Vorbehaltsfläche für den Gesteinsabbau deklariert. "Ein toller Erfolg", wie Schwind, der stets gegen den ausgehandelten Kompromiss samt Flächentausch war, nun sarkastisch bemerkt.
Auch bei den Bürgern regen sich Protest und Widerstand. So sagt die Gerolsteinerin Resi Schmitz von der Interessengemeinschaft (IG) Vulkanberge, ein Zusammenschluss Eifeler Bürger, der bereits gut 200 Unterstützer hat: "So langsam, vor allem nachdem Luftbilder veröffentlicht wurden, gehen den Leuten die Augen auf. Jetzt können sie sich ausmalen, was es bedeutet, wenn es wirklich zu einer Verfünffachung der Abbauflächen in der Vulkaneifel kommt. Dann leben wir alle in einer Industrielandschaft."
Daher verteilt die IG aktuell in Geschäften im gesamten Kreis Plakate und Schuhkartons, in die die Bürger ihre schriftlichen Einwände gegen die Planung werfen können - bis zum 8. Juni. Ausgelegt werden auch Mustervordrucke, wie sie die IG bereits in mehreren Verbandsgemeindeblättchen veröffentlicht hat.
Die erste Sammelbox ist im Bistro am Eifelsteig am Rondellvorplatz in Gerolstein aufgestellt worden. Juniorchefin Julia Schneider war sofort bereit mitzumachen. Sie sagt: "Klar unterstütze ich das. Der geplante Abbau ist viel zu groß. Wenn es so weit kommt, werden wir hier keinen Touristen mehr sehen."
Diese Befürchtung teilt Resi Schmitz. Daher appelliert sie an die Bürger, sich zu beteiligen: "Je mehr Einwände bei der Planungsgemeinschaft eingehen, desto größer die Chance, Einfluss auf die Planung zu nehmen und der Zerstörung der Vulkaneifel Einhalt zu gebieten." Die IG plant, sämtliche Stellungnahmen zu sammeln und persönlich in Trier zu übergeben.Meinung

 Julia Schneider (rechts) vom Bistro am Eifelsteig am Rondellvorplatz in Gerolstein unterstützt Resi Schmitz von der IG Eifelvulkane, indem sie im Bistro Stellungnahmen von Bürgern gegen die Ausweitung des Gesteinsabbaus in der Vulkaneifel sammelt. TV-Foto: Mario Hübner

Julia Schneider (rechts) vom Bistro am Eifelsteig am Rondellvorplatz in Gerolstein unterstützt Resi Schmitz von der IG Eifelvulkane, indem sie im Bistro Stellungnahmen von Bürgern gegen die Ausweitung des Gesteinsabbaus in der Vulkaneifel sammelt. TV-Foto: Mario Hübner

Protest ist erst ein laues Lüftchen
Bei der Diskussion um die Windkraft vor gut zehn Jahren meinte Grünen-Stadtratsmitglied Tim Steen scherzhaft: Auf der Munterley wollen wir bestimmt keine Anlagen. Schließlich ist die Felsformation samt Hochplateau das Wahrzeichen der Brunnenstadt und gilt als unantastbar. Die Planungen für den Gesteinsabbau widerlegen das: Geht es nach dem Entwurf, den das abbaufreundliche Landesamt für Geologie und Bergbau eingebracht hat, bleibt von Gerolsteins Wahrzeichen nur noch eine schmale Wand als Kulisse. Unglaublich! Und es gibt viele weitere Beispiele für die völlig überzogene Planung, die einem Raubbau an der Vulkaneifel gleichkommt. Um den zu verhindern, muss das momentane laue Protest-Lüftchen aber noch zu einem Orkan anschwellen. m.huebner@volksfreund.de

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