Ja zur Doppelspitze

Mit deutlicher Mehrheit (18 zu sechs Stimmen) hat der Rat der Verbandsgemeinde (VG) Gerolstein den Antrag von Bündnis90/Die Grünen abgeschmettert, die VG-Werke nur noch von einer Person führen zu lassen. Die Entscheidung solle erst gefällt werden, wenn der kaufmännische Leiter Karl Servatius in Ruhestand geht - im September 2010.

 … und der technische Leiter Wolfgang Bohr. TV-Fotos: Mario Hübner (2)

… und der technische Leiter Wolfgang Bohr. TV-Fotos: Mario Hübner (2)

 Stehen bis September 2010 weiterhin gemeinsam an der Spitze der VG-Werke Gerolstein: der kaufmännische Leiter Karl Servatius …

Stehen bis September 2010 weiterhin gemeinsam an der Spitze der VG-Werke Gerolstein: der kaufmännische Leiter Karl Servatius …

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Gerolstein-Büscheich. Eigentlich waren sich alle Mitglieder des VG-Rats, der diesmal in Büscheich tagte, einig, dass die VG-Werke künftig nicht mehr von einer Doppelspitze (ein technischer und ein kaufmännischer Leiter), sondern nur noch von einer Person geleitet werden soll. Wie eben in den Verbandsgemeinden ringsum auch. Nur über den Zeitpunkt der Reduzierung entzündete sich eine heftige Debatte.Während die beiden Räte von Bündnis 90/Die Grünen mit Unterstützung der FWG beantragten, dass die Doppelspitze sofort aufgelöst werden sollte, stimmten CDU und SPD dagegen. Sie sprachen sich für die von Bürgermeister Matthias Pauly (CDU) ins Spiel gebrachte Regelung aus, nach der die Doppelspitze erst mit dem Ausscheiden des kaufmännischen Leiters Karl Servatius im September 2010 auf dann eine Führungskraft reduziert werden soll. Dementsprechend deutlich fiel das Abstimmungsergebnis aus: sechs Räte gegen die Doppelspitze, 18 dafür, und Neu-Ratsmitglied Herbert Lames von der SPD (der für Heinz Heumann nachrückte) enthielt sich.Dabei hatte der Grüne Tim Steen den Antrag wortreich begründet und vorweg betont, dass sich der Antrag nicht gegen die Personen richte, die derzeit im Amt seien, sondern eine "grundsätzliche Weichenstellung" bedeute. Er sagte: "Die Doppelsitze war eine Zeit lang begründet, als es hohe Investitionen und damit auch hohe Anforderungen gab. Das ist nun vorbei, und daher sollten wir ein Signal an die Bürger senden, dass wir reduzieren, wenn dies möglich ist." Fraktionskollegin Barbara Worm fügte hinzu, dass es das richtige Zeichen sei, den "Verwaltungsapparat weiter zu verschlanken wenn möglich", FWG-Sprecher Klaus-Dieter Peters meinte "Wir sollten es wie in der freien Wirtschaft handhaben: eine Firma, ein Chef", und Maria Surges (SPD) gab zu bedenken, dass es auch in den anderen Abteilungen des Rathauses keine Doppelspitze gebe. Von all dem wollte sich Bürgermeister Pauly nicht überzeugen lassen. Er sagte: "Wo soll da bitteschön die Reduzierung sein? Es ist kein erheblicher Unterschied, ob wir zwei Werkleiter oder einen Leiter und einen Stellvertreter haben. Und: Die Arbeit für beide ist ja da." Dennoch war er nicht grundsätzlich gegen die Reduzierung, sondern verwies aus den "richtigen Zeitpunkt". So soll seiner Ansicht nach erstens der neue VG-Rat nach der Kommunalwahl 2009 die Entscheidung fällen, zweitens die Chance genutzt werden, wenn einer der Leiter in den Ruhestand geht. Pauly: "Dann sollte in diese Richtung entschieden werden."In die gleiche Kerbe schlug auch Klaus Schildgen, Chef der CDU-Mehrheitsfraktion. Er sagte: "Warum sollten wir jetzt entscheiden, wenn die Angelegenheit erst in drei Jahren entscheidungsreif ist? Das hätte gegenüber den jetzigen Leitern, die hervorragende Arbeit geleistet haben, ein Geschmäckle." Fraktionskollege Karl-Heinz Schwartz ging gar noch einen Schritt weiter und meinte: "Wir haben ein Top-Wasser, ein Top-Abwassernetz und einen Wasserpreis, der sich sehen lassen kann. Das sind alles Verdienste unserer Werkleitung. Und ich sehe nicht ein, weshalb wir für ein paar Cent Einsparung diese gute Qualität aufs Spiel setzen sollten." Die von Schwartz´ aufgemachte Gleichung, dass eine Einzelspitze zu einer Quälitätsverschlechterung führe, nannte FWG-Mann Peters eine "unhaltbare Unterstellung", dennoch hatte der Antrag (noch) keine Chance.Die beiden Hauptpersonen hörten sich derweil vom Zuschauerraum die Diskussion mit gemischten Gefühlen an und äußerten sich auf TV-Nachfrage zum Thema. So sagte Karl Servatius, der vor gut zwei Jahren die kaufmännische Werkleitung von Karl Seidel übernommen hatte und im September 2010 mit 63 Jahren und nach 48 Dienstjahren definitiv in Ruhestand geht: "Mit meinem Ausscheiden sollen wohl zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Gespart wird dadurch aber nichts." Sein Kollege Wolfgang Bohr, der auch danach noch im Dienst sein wird, sagte: "Wir sind in den vergangenen 15 Jahren mit der Doppelspitze gut gefahren. Für mich ist da die optimale Lösung." Und er fügte loyal hinzu: "Haben Sie bitte Verständnis, dass ich weiter nichts zur Diskussion sagen möchte." Meinung Auslaufmodell Es mag gute Gründe gegeben haben, in Zeiten hoher technischer Anforderungen und Investitionen im zweistelligen Millionenbereich eine Abteilung oder einen Eigenbetrieb der Verwaltung mit zwei Chefs zu besetzen. Heute ist diese Grundlage nicht mehr gegeben und daher die Doppelspitze ein Auslaufmodell. Schließlich leistet sich auch keine andere VG ringsum diesen Luxus. Dennoch ist die Entscheidung des VG-Rats richtig, auf eine Hauruck-Aktion zu verzichten, das Modell wirklich auslaufen zu lassen und die Werkleitung erst mit dem absehbaren Ausscheiden eines der beiden Chefs auf eine Person zu reduzieren. Denn einen - auch als solchen bezahlten - Abteilungsleiter nur um des Signals willen abzusägen und ihn Briefmarken kleben zu lassen, ist nicht nur wirtschaftlich unsinnig, da es keinen Cent spart, sondern auch unwürdig. m.huebner@volksfreund.de

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