Jetzt ist das Bürgerhaus ein Hingucker

MÜRLENBACH. Berthold Reichertz hat aus dem Bürgerhaus einen richtigen "Hingucker" gemacht. Der 67-Jährige hat ehrenamtlich auf die öde Giebelwand das Gemeindewappen in XXL-Größe gemalt sowie eine Infowand mit zehn Schaukästen in traditioneller Handwerkskunst geschreinert.

"Es ist wirklich toll, was Berthold Reichertz für das Dorf geleistet hat. Die einhellige Bürgermeinung ist, dass wir jetzt ein einmaliges Bürgerhaus haben", lobt Ortsbürgermeister Christoph Hacken. Schon vor längerer Zeit habe der Multi-Handwerker der Gemeinde seine ehrenamtliche Hilfe angeboten. Als der neue Außenanstrich 14 Jahre nach der Einweihung für das Dorfgemeinschaftshaus anstand, habe der Rat zugegriffen. Hacken: "Wir wollten was Einprägendes auf die Giebelwand haben."Besonders erfreut über das Lob der Passanten

 Der gehörlose Berthold Reichertz hat ein über zehn Quadratmeter großes Wappen aufs Bürgerhaus seiner Heimatgemeinde gemalt. Außerdem hat er zehn Schaukästen geschreinert, die zur großen Infowand zusammengestellt wurden. Foto: Gabi Vogelsberg

Der gehörlose Berthold Reichertz hat ein über zehn Quadratmeter großes Wappen aufs Bürgerhaus seiner Heimatgemeinde gemalt. Außerdem hat er zehn Schaukästen geschreinert, die zur großen Infowand zusammengestellt wurden. Foto: Gabi Vogelsberg

Für Reichertz kein Problem. Der Rentner, seit Geburt gehörlos, absolvierte zuerst eine Anstreicherlehre, arbeitete dann als Grafiker in einer Werbefirma und von 1960 bis 1999 als Konstruktionszeichner bei der ortsansässigen Pumpenfabrik Feluwa. Nach dem Tod der Eltern übernahm er 1985, zuerst nebenberuflich, das elterliche Sägewerk, zu dem ehemals noch eine Schreinerei gehörte. Seine Gehörlosigkeit ist für den 67-Jährigen und sein Umfeld kein Problem. Nach kurzer Gewöhnung klappt die Verständigung - manchmal mit Hilfe seiner Ehefrau Elfriede. Reichertz: "Die Arbeit am Bürgerhaus hat viel Spaß gemacht. Besonders schön war die Anerkennung von den vielen Leuten, die täglich vorbeikamen." Für das 10,5 Quadratmeter große Wappen leistete der Grafiker akribische Vorarbeit. Maßstabsgetreue Schablonen der einzelnen Symbole (Schwert und Lamm) fertigte er ebenso wie eine exakte Skizze mit allen Maßeinheiten. Reichertz erklärt: "Wir hatten zwei Tage Zeit, weil wir ausnutzen wollten, dass die Anstreicherfirma das Gerüst da aufgestellt hatte." Der Einheimische Dietmar Hahn, Anstreicher und Rentner, half Reichertz bei den Malerarbeiten mit speziell gemischten Farben. So leuchtet die Bertrada-Burg im Wappen in Zinnoberrot, mitten im klaren Blau der symbolischen Kyll. Das bunte Wappen macht sich gut am hellgelben Bürgerhaus. Ein Hingucker eben - für Einheimische, Touristen oder Bahnbenutzer gleichermaßen, die unmittelbar in den Zügen vorbeirauschen. Viel mehr Arbeit als das Wappen hat die große Infowand, die nahezu die gesamte Unterseite der Giebelwand einnimmt, gemacht. Zehn Monate lang hat Reichertz fast jede freie Minute in die Vorarbeiten gesteckt. Aus heimischem Eichenholz hat er zehn Schaukästen geschreinert. In traditionellem Schreinerhandwerk. Reichertz: "Da ist keine Schraube drin. Die Rahmen wurden verzapft, und die Splinte habe ich selbst geschnitzt." Für die Überdachung der Infowand waren Joachim Scale und Klaus Quadflieg zuständig. Jeder Verein im Ort, die Gemeinde und die Tourist-Info haben eine eigene Vitrine. Nach und nach wird Reichertz jetzt noch für jeden Schaukasten den Namen und das Logo des jeweiligen "Ausstellers" grafisch darstellen, so dass eine einheitliche Kennzeichnung entsteht. Die Arbeiten des 67-Jährigen sind immer geprägt von der Liebe zum Detail. Auch in der fünften Jahreszeit. Was vor allem die Mürlenbacher Burgnarren sehr schätzen. "Frohnatur" Reichertz, wie ihn seine Ehefrau beschreibt, ist nämlich auch zur Fastnacht im Dorf aktiv. Er beschriftet und bemalt jährlich etliche Karnevalswagen der Kyllgemeinde.

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