Kehrtwende im Lava-Streit

Unerwarteter Etappensieg: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig hat der Beschwerde der Stadt Gerolstein im Wöllersberg-Streit stattgegeben. Jetzt muss das Verfahren um die Enteignung zweier städtischer Parzellen durch einen Lava-Unternehmer vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) in Koblenz neu verhandelt werden.

Leipzig/Gerolstein. "Das Urteil ist eine Umkehr aller bisherigen Rechtspositionen, da es kommunales Eigentum aufwertet und mit Privateigentum gleichsetzt. Es ist ein Musterurteil für die Republik." Mit euphorischen Worten kommentiert Gerolsteins Bauamtsleiter Klaus Jansen, der gemeinsam mit Bürgermeister Matthias Pauly (CDU) in Leipzig war, das Urteil des BVerwG im Beschwerdeverfahren der Stadt Gerolstein gegen das Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 29. August 2007.

Es geht um eine Million Kubikmeter Lavasandstein



Nach jahrelangem Rechtsstreit durch die Instanzen (der TV berichtete) hatte das OVG dem Antrag der Lava-Steinwerke GmbH mit Sitz in Trier auf Enteignung zweier städtischer Parzellen zugestimmt. Dabei berief sich das Gericht vor allem auf die im Bergrecht verankerte "Rohstoffsicherungsklausel" (Paragraf 48 Bundesberggesetz) und stellte diese über das Eigentumsrecht der Stadt.

Hintergrund: Zu den Rechtsstreitigkeiten war es gekommen, weil die Firma seit gut zehn Jahren erfolglos versucht, die beiden rund 5000 Quadratmeter großen städtischen Parzellen zu pachten oder zu kau-fen. Denn zum einen sind auf besagten Parzellen selbst große Lavasand-Vorkommen, zum anderen versperren sie den Weg zum dahinter liegenden Abbau-Areal. Laut Martin Hauter, Anwalt der Betreiberfirma, geht es um insgesamt knapp eine Million Kubikmeter Lavasandstein.

Nach dem Rahmenbetriebsplan darf am Wöllersberg noch bis Ende 2046 gegraben werden. Die Stadt Gerolstein hingegen hält die Sperrparzellen, da sie durch den Abbau zum einen die Ortsbild prägende Wöllersberg-Felskulisse gefährdet sieht, zum anderen eine zunehmende Geräusch- und Staubbelästigung des Neubaugebiets in Lissingen befürchtet.

Laut Jansen wurde in der mündlichen Begründung der Leipziger Richter das OVG-Urteil aufgehoben, weil einige Rechtsfragen nicht ausreichend geklärt worden waren. Im Mittelpunkt standen dabei die Eigentumsrechte der Stadt Gerolstein. Jansen: "Kurz gesagt: Das Bergrecht steht offenbar doch nicht über allem." Zudem muss offenbar erneut geprüft werden, ob der erweiterte Abbau mit dem für das dortige Gebiet geltenden Naturschutz (FFH-Gebiet) in Einklang gebracht werden kann. Und das, obwohl der Lava-Unternehmer bereits eine Umweltverträglichkeitsstudie vorgelegt hatte.

Auch wenn es "der Stadt in dieser Sache nie ums Geld ging", führt dieses Urteil nach Einschätzung von Jansen "wahrscheinlich auch materiell zu einer ganz anderen Abwägung". Bislang wurde die Entschädigungssumme für die beiden städtischen Parzellen auf 89 000 Euro festgesetzt.

Frank Bettendorf, Geschäftsführer der Lava-Steinwerk GmbH, sagte zum Urteil: "Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass die Beschwerde abgewiesen wird, damit das Thema erledigt ist und wir endlich abbauen können. So aber wird es zu einer weiteren Verzögerung kommen. Mehr aber auch nicht." Schließlich habe sich an den Fakten nichts geändert, lägen bereits alle erforderlichen Unterlagen vor. "Die Fachbehörden haben wir bereits auf unserer Seite", sagt Bettendorf. Er erwartet die neuerliche OVG-Verhandlung im Frühjahr 2009. Noch bis Weihnachten 2008 soll das Leipziger Urteil samt Begründung schriftlich vorliegen.

Meinung

Ausgang wieder völlig offen

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im Wöllersberg-Streit der Stadt Gerolstein gegen einen Trierer Lava-Unternehmer ist ein Etappensieg für die Stadt. Mehr nicht. Dennoch kam er unerwartet. Zu eindeutig fielen bisher die Urteile im mittlerweile gut zehn Jahre dauernden Rechtsstreit aus. Stets zugunsten des Unternehmers. Doch gerade weil die oberste Instanz eine Kehrtwende gemacht hat, ist wieder völlig offen, wie das Oberverwaltungsgericht in Koblenz bei seinem zweiten Anlauf in der Sache entscheiden wird. m.huebner@volksfreund.de

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