Kerkerhaft für Kneipengänger

"Angesichts der Fastenzeit ist darauf zu achten, dass sämtliche Eingesessenen, ob groß, ob klein, zu einem Gott wohlgefälligen Leben angewiesen werden", so lauteten die alljährlich wiederkehrenden kurfürstlichen Erlasse nicht nur an die Untertanen im Erzbistum Trier. Die Tollitäten und närrischen Verantwortlichen sehen das heute nicht mehr so eng - wohl auch, weil keine drakonischen Strafen mehr drohen.

 Kein Pardon gab es mit mit Fastensündern – wenn auch nicht gleich der Knast drohte.Foto: privat

Kein Pardon gab es mit mit Fastensündern – wenn auch nicht gleich der Knast drohte.Foto: privat

Gerolstein/Hillesheim. (fs) Karneval ist seit Generationen Sinnbild für Ausgelassenheit, Frohsinn und rheinischen Humor. Bereits im 12. Jahrhundert feierte man Narrenfeste, wie aus Stadtchroniken ersichtlich ist. Die mittelalterliche Fastnacht steht für "civitas diaboli", der Staat des Teufels. "Vollsäufigkeit" war streng verboten

Die oftmals ausartende Fastnacht wurde von der Kirche als didaktisches Beispiel geduldet und lehrend angemahnt, dass der Mensch vergänglich sei und Gott am Ende siegreich bleibe. Die Kirche hielt sich allgemein bei gotteslästernden Auftritten während der Fastnachtstage zurück. Beim Weiterfeiern in den Aschermittwoch hinein verhängte sie allerdings drakonische Strafen - bis hin zur Kerkerhaft.CVerboten war ab diesem Tag unter anderem die "Vollsäufigkeit", wie sie in Wirtshäusern üblich war. Verstöße wurden mit Geldstrafen geahndet, und Wirte mussten sich als Werkzeug des Teufels beschimpfen lassen. Fasten, beten und ehrbarer Lebenswandel war nun die von der Obrigkeit verlangte Pflicht in der Passionszeit. Drei Bissen Brot und drei Schluck Wein oder Wasser über den Tag verteilt, galt vielerorts als Fastennorm.Bei Übertretung des umfassenden Verbots wurde jeder ohne Respekt und Unterschied der Person bestraft, wie in alten Aufzeichnungen vermerkt ist. "So solle bringen ein jeder aus freien Stücken in der Freude des Heiligen Geistes Gottes etwas über das ihm auferlegte Maß: Er entziehe seinen Körper was an Speise, an Trank, an Schlaf, an Unterhaltung und Scherz und erwarte in der Freude geistlicher Sehnsucht das heilige Osterfest." Um sich vor Schimpf und Schande zu schützen, empfahl es sich, die kurfürstlichen Anordnungen zu Herzen zu nehmen. Ein Visitator aus Trier drohte im Jahre 1716 den Hillesheimer Pfarrkindern Strafe an, die während der Messe - und das nicht nur in der Fastenzeit - im Wirtshaus dem Kartenspiel huldigten oder noch im Stall arbeiteten. An Aschermittwoch und am ersten Fastensonntag wurden Zusammenkünfte beiderlei Geschlechts mit zwei Gulden be-straft. Die Schöffen hatten bei ihren Kontrollgängen, besonders während des sonntäglichen Gottesdienstes, streng darauf zu achten, wer im Wirtshaus saß. Der Gastwirt, der die säumigen Kirchgänger bediente, musste ein halbes Pfund Wachs, und der Übeltäter hatte ein Pfund Wachs als Strafe zu entrichten. Auch heute ist das Fasten in der Eifel wieder "in". Zwar zumeist mehr aus gesundheitlichen, denn aus religiösen Motiven. Und - wegen der fehlenden Strafandrohung - auch etwas weniger streng. Das ergab eine TV-Umfrage unter den Tollitäten und närrischen Verantwortungsträgern im Gerolsteiner und Hillesheim Land.

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