Knapp an fahrlässigen Tötungen vorbei

DAUN. Aus Imponiergehabe soll ein 24-Jähriger aus der Verbandsgemeinde Daun einen Autounfall mit schlimmen Folgen verursacht haben. Die drei Mitfahrer wurden schwer verletzt. Wegen dreifacher vorsätzlicher Körperverletzung wurde der Angeklagte mit zehn Monaten Freiheitsstrafe, 500 Sozialstunden und einer einjährigen Führerscheinsperre bestraft.

Der Prozess basiert auf dem Albtraum jedes Jugendlichen und jedes Elternteiles. Aus Übermut wird ein Autounfall provoziert, unter dessen katastrophalen Folgen junge Menschen ihr Leben lang leiden werden. Ein 16-jähriges Unfallopfer ist auch nach einem halben Jahr noch in der Klinik. Ein Leben lang unter den Folgen leiden

Vor dem Richterpult gibt es im Dauner Amtsgericht ein ungewohntes Bild. Rechts sitzt der Angeklagte mit Verteidiger und Dolmetscher. Links, wo meist Staatsanwalt Klaus Pallien alleine sitzt, sind sie dieses Mal zu sechst: Pallien plus drei Anwälte der drei Opfer sowie den zwei einigermaßen genesenen Unfallopfern als Nebenkläger. Harald Wittkop, Anwalt der 16-Jährigen, erklärt: "Sie wird ihr Leben lang daran körperlich leiden. Ob das gelähmte rechte Bein, die Sprachfähigkeit und die Hirnfunktionen wieder voll reaktiviert werden können, ist unklar. Sie wird wohl in eine Behinderteneinrichtung gehen müssen." Wolfgang Altmeier, Jurist eines weiteren Unfallopfers, liest ein Arztattest vor, wonach die 15-jährige Schülerin, die drei Monate in Kliniken war, etliche Ausbildungsberufe nicht erlernen kann. Der 19-jährige Beifahrer hinkt seit dem Unfall. Auch er wurde schwer verletzt. Der Fahrer nur leicht. Laut Anklage hat der 24-jährige Migrant, der 2000 nach Deutschland kam, am 22. Juli 2006 um 0.34 Uhr den Unfall auf der K 63 zwischen Betteldorf und Zilsdorf verursacht. "Völlig nüchtern, aber aus lauter Imponiergehabe", erklärt der Staatsanwalt. Der Hartz-IV-Empfänger hatte außerdem keinen Führerschein. Gestartet war das Quartett junger Leute in Dockweiler. Ein 19-jähriger KFZ-Auszubildender fuhr das Auto des Vaters des Angeklagten bis auf den Parkplatz vor Betteldorf. "Da haben wir angehalten, um zu rauchen", erklärt der Azubi. Auch die zwei Mädchen (15 und 16 Jahre alt) seien ausgestiegen. Die Zeugenvernehmungen ergeben jedoch ein völlig anderes Bild. Die Mädchen saßen schon auf der Rückbank, als er einstieg, und der KFZ-Azubi "sprang in letzter Minute auf den Beifahrersitz des bereits rollenden Autos". Von Protesten der anderen, als er sich für die Weiterfahrt nach Walsdorf ans Steuer setzte, will der Angeklagte vor Gericht nichts wissen. Dieses uneinsichtige Verhalten wird ihm später im Prozess vorgeworfen. Sein Verteidiger Bernd Hoffmann erklärt: "Er kann nicht reinen Tisch machen, weil er in seiner persönlichen Entwicklung stark zurückgeblieben ist." Was auch der Umgang mit den wesentlich jüngeren Mitfahrern verdeutliche. Richter Hans Schrot schlussfolgert ähnlich: "Ihr Verhalten ist nicht als Gleichgültigkeit, sondern vielmehr als Hilflosigkeit zu sehen." Trotzdem sei das Gericht von seiner Schuld überzeugt. Schrot: "Das alles war nur ein Wimpernschlag von fahrlässigen Tötungen entfernt." Was die Zeugenaussagen bestätigen. Eine Polizistin erklärt: "Das Auto lag 84 Meter von der Straße entfernt in einer Wiese. Bis dahin muss es sich mehrmals überschlagen haben. Das erste Mädchen wurde nach 32 Metern aus dem Auto katapultiert. Neben beiden Mädchen lagen die Haltegriffe." Laut Staatsanwaltschaft war der Angeklagte absichtlich im Zick-Zack-Kurs auf der Kreisstraße gefahren, "um zu zeigen, wer Herr im Auto ist". Weiteres Verfahren wegen Körperverletzung

Da von Reue nichts zu spüren ist, wirkt Verteidiger Hoffmann im Gerichtssaal auf den Angeklagten ein, dass er sich für sein Verhalten entschuldigt. Der Dolmetscher übersetzt: "Ich weiß, dass ich schuldig bin und entschuldige mich bei allen." Der 24-jährige Migrant, der bereits 2004 wegen Körperverletzung verurteilt wurde und gegen den noch ein anderes Verfahren wegen einer Schlägerei bei einem Zechgelage in der Gerolsteiner Papenkaul läuft, wirkt zeitweise völlig geistesabwesend. Staatsanwalt Pallien fordert zehn Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung - "zur Warnung". Bernd Leif, Anwalt eines Nebenklägers, schüttelt darüber den Kopf, stellt aber keinen anders lautenden Antrag. Das Gericht folgt mit dem Urteil, zehn Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung, 500 Sozialstunden sowie einjährige Führerscheinsperrfrist und dreimonatigem Fahrverbot, dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Das Urteil wird von allen Beteiligten akzeptiert und ist somit rechtskräftig.

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