Kriegsentscheidung am Kaiserhof

Das Ende des Profi-Radsports in Gerolstein sowie die Fußgängerzone seit gut einem halben Jahr geöffnet: Im TV-Interview äußert sich Gewerbevereinsvorsitzender Heinz Weber über die aktuellen Entwicklungen in der Brunnenstadt und die Herausforderungen der Zukunft.

 Wo bitteschön geht's hier zur Fußgängerzone? Eine Frage, die sich so mancher Tourist in der Brunnenstraße stellt. Daher plädiert Gewerbevereinsvorsitzender Heinz Weber nach wie vor dafür, den Kaiserhof (Gebäude rechts) abzureißen und dort einen attraktiven Eingang für die Flaniermeile zu schaffen. TV-Foto: Mario Hübner

Wo bitteschön geht's hier zur Fußgängerzone? Eine Frage, die sich so mancher Tourist in der Brunnenstraße stellt. Daher plädiert Gewerbevereinsvorsitzender Heinz Weber nach wie vor dafür, den Kaiserhof (Gebäude rechts) abzureißen und dort einen attraktiven Eingang für die Flaniermeile zu schaffen. TV-Foto: Mario Hübner

Gerolstein. (mh) Auch nach dem Ende des Radsport-Sponsorings durch den Gerolsteiner Brunnen Ende 2008 und dadurch dem Verlust des bedeutendsten Werbeträgers für Gerolstein sieht Gewerbevereinsvorsitzender Heinz Weber gute Chancen für eine positive Entwicklung der Brunnenstadt. Dafür müsse aber einiges an Arbeit geleistet und das Glück in die eigene Hand genommen werden, fordert er. Welche Konsequenzen wird der Ausstieg des Gerolsteiner Brunnens aus dem Radsport-Sponsoring für die Gerolsteiner Geschäftswelt haben?Weber: Durch den Radsport ist Gerolstein noch bekannter geworden. Mehr aber auch nicht. Das Thema Radsport wird für das ortsansässige Gewerbe keine Rolle mehr spielen, denn außer dem Tour-Festival gibt es keinen direkten Effekt mehr. Ich glaube beispielsweise nicht, dass sich jetzt noch ein tolles Radgeschäft hier ansiedeln wird. Das hat ja vorher auch schon nicht geklappt.Auf welches Pferd sollte Gerolstein Ihrer Ansicht nach denn in Zukunft setzen?Weber: Es gibt ein Thema, das noch gar nicht richtig erkannt worden ist: die geografische Lage Gerolsteins. Im Umkreis von 25 Kilometern, also maximal 20 Minuten Autofahrt, erreiche ich 50 000 bis 60 000 potenzielle Kunden, denn wir liegen in der Mitte zwischen Daun, Prüm, Hillesheim, Kyllburg und verfügen zudem über Bahnanschluss. So fährt für irgendein Angebot keiner von Daun nach Prüm zum Einkaufen, wohl aber nach Gerolstein. Hinzu kommen die Energiekosten und die demographische Entwicklung: Weite Autofahrten kosten immer mehr, und im Alter wollen sich viele den Trubel in einer Großstadt wie Köln oder Trier einfach nicht mehr antun.Wie wollen Sie daraus exakt Kapital schlagen?Weber: Es gibt zahlreiche Angebote, die funktionieren erst ab 30 000 Einwohnern, weil ein bestimmtes Potenzial vorhanden sein muss. Nicht umsonst hat sich McDonalds in Gerolstein und nicht in Daun angesiedelt. Und es ist ebenso bezeichnend, dass sich Institutionen, die vorher zwei Filialen hatten, nun zentral in Gerolstein angesiedelt haben wie Pro Familia oder der Schulpsychologische Dienst. Und wie wollen Sie erreichen, dass weitere diesen Beispielen folgen?Weber: Wir nehmen jetzt erst einmal die Landkarte, ziehen Kreise und überlegen, für welche Branchen eine Ansiedlung in Gerolstein in Frage käme. Spontan fällt mir ein Bekleidungsgeschäft für Übergrößen ein. Dann werden wir versuchen, über ein offensives Standortmarketing die Chancen für einzelne Bereiche aufzuzeigen. Und die Rahmenbedingungen sind ja auch gut. Es gibt freie Flächen (Leerstände), und Parkplätze sind auch vorhanden - um nur zwei zu nennen. Was noch fehlt, ist ein Parkdeck für die Anlieger der Brunnenstraße und der Fußgängerzone. Das müsste am Standort der ehemaligen Gaststätte "Pauls" gebaut werden, damit die stadtnahen Parkplätze frei bleiben für die Kundschaft. Daher hoffe ich inständig, dass die Leichenhalle rasch gebaut wird, damit die Köpfe in der Stadt wieder frei werden für andere Dinge. Beispielsweise dieses Parkdeck. Oder den Kaiserhof-Abriss?Weber: Genau. Denn das wäre die Chance, für die Fußgängerzone einen attraktiven Zugang zu schaffen. Alles was wir haben, sind ein paar Nebeneingänge. Dabei investiert jedes gute Geschäft in ein exklusives Entree. Das ist das wichtigste Projekt im Rahmen der Stadtsanierung, und das predige ich bereits seit drei Jahren, finde dafür im Rathaus aber noch immer keine Mitstreiter. Es ist mit den Eigentümern ja noch nie ernsthaft verhandelt worden. Aber ich bleibe dran, schließlich beobachte ich fast jeden Tag Touristen, die auf unserem neuen schönen Parkplatz stehen und sich hilflos umsehen. Wer kann auch erahnen, dass irgendwo da oben im vierten Stock eine Fußgängerzone ist?Apropos Fußgängerzone: Was hat Ihrer Ansicht nach die probeweise Öffnung für den Verkehr gebracht? Weber: Ich bin - wie bekannt ist - ein Gegner der Öffnung, und ich sehe noch keine Veranlassung, meine Meinung zu ändern. Was ich feststelle ist: Das wilde Parken nimmt zu. Verlässliche Aussagen zur Geschäftsentwicklung sind auch noch nicht möglich, da ein Sondereffekt das vergangene halbe Jahr bestimmt hat: die Baustelle auf Sarresdorf. Daher befürchte ich, dass die bis zum Sommer 2008 befristete Öffnung auf Probe um ein Jahr verlängert wird. Aber ob Fußgängerzone oder nur verkehrsberuhigter Bereich: Das ist alles nicht mehr kriegsentscheidend. Der Eingang ist es!Demnach sprechen Sie sich für weitere Anstrengungen in Sachen Kaiserhof durch die Stadt aus. Findet der Gewerbeverein in Politik und Verwaltung kein Gehör?Weber: Wie gesagt: in dieser Angelegenheit nicht. Ansonsten gibt es eine relativ gute Kommunikation zwischen Gewerbeverein und der TW (Tourismus- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft Gerolsteiner Land, Anmerkung der Redaktion) sowie zwischen Gewerbeverein und den beiden Bürgermeistern. Zudem hatten wir vergangenes Jahr vier Treffen zwischen Gewerbeverein, den Bürgermeistern, TW-Geschäftsführer Böffgen und den Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat, die fortgesetzt werden sollen. dabei diskutieren wir über die Zukunft der Stadt, und ich gehe fest davon aus: Das wird Folgen haben - positive.Die Fragen stellte unser Redakteur Mario Hübner. ZUR PERSON Heinz Weber ist seit gut vier Jahren Vorsitzender des Gewerbevereins Gerolstein und noch für zwei weitere Jahre gewählt. Der Gerolsteiner Geschäftsmann ist nach wie vor ein bekennender Gegner der Öffnung der Fußgängerzone - wenngleich sein Widerstand abzubröckeln scheint. (mh)

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