Löcher in der Kasse oder Risse in Häusern

Einerseits viel Geld für die Ortsgemeinde und den Betreiber, andererseits Lärm, Staub, viel Verkehr im Dorf und Risse in Häusern nach Sprengungen: Etliche Faktoren spielen mit bei der Entscheidung zur Erweiterung des Basaltbruchs in Oberbettingen eine Rolle. Nach einer Bürgerversammlung mit 120 Zuhörern hat sich eine Bürgerinitiative gegen die Erweiterung gebildet. Der Abbaubetrieb wartet die Entscheidung des Ortsgemeinderats ab.

 Momentan werden im Basaltbruch Oberbettingen täglich 2500 Tonnen Basalt abgebaut und verarbeitet. Das bedeutet 19 LKW-Touren durch Oberbettingen und 48 durchs Nachbardorf Lissendorf – jeweils hin und zurück. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Momentan werden im Basaltbruch Oberbettingen täglich 2500 Tonnen Basalt abgebaut und verarbeitet. Das bedeutet 19 LKW-Touren durch Oberbettingen und 48 durchs Nachbardorf Lissendorf – jeweils hin und zurück. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

 120 Zuhörer kamen zur Versammlung, um sich über die Erweiterungspläne zum Basaltbruch zu informieren. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

120 Zuhörer kamen zur Versammlung, um sich über die Erweiterungspläne zum Basaltbruch zu informieren. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Oberbettingen. Die Stimmung bei der Bürgerversammlung, die knapp vier Stunden dauerte, war zeitweise explosiv. Die Vielzahl an unterschiedlichen Meinungen und Interessen sorgte dafür. Einwohner Norbert Hillesheim brachte es auf den Punkt: "Wir können doch nur zwischen Pest und Cholera wählen." 2005 wurden 4,5 Millionen Tonnen Basalt vermutet, tatsächlich liegen aber nur rund 2,2 Millionen Tonnen in der Erde - und die sind Mitte 2010 erschöpft.

Der Abbaubetrieb, die Rheinischen Provinzial Basalt- und Lava Werke (RPBL), hat acht Millionen Euro in moderne Brecheranlagen investiert und erwägt daher eine Erweiterung des Abbaugebiets um 2,3 Hektar. Damit würde der Bruchbetrieb von 300 auf 131 Meter ans Dorf heranrücken.

Dabei liegen die Nerven einiger Hausbesitzer schon heute blank. Mehrere Einwohner berichten von Rissen an ihren Häusern, die seit 2005 entstanden seien. Beispielsweise Erich Wassong: "Angeblich kommen die nicht von den Sprengungen im Bruch, sondern sind Baumängel. Komisch nur, dass auf einmal viele Häuser diese Baumängel haben." Hans-Gerd Schlangen, RPBL-Technikleiter, meinte: "Wir bleiben deutlich unter den zugelassenen Erschütterungswerten. Die Sprengtechnik wurde permanent verbessert."

RPBL-Chef Alexander Bach: "Wir sind einem falschen Gutachten aufgesessen. Hätten wir das wahre Vorkommen gekannt, wären wir nie in Oberbettingen aktiv geworden." Jetzt gelte es, das Beste aus der Situation zu machen. Das Unternehmen hätte auch nur die Wahl zwischen "Pest und Cholera". RPBL will nun die Entscheidung der Ortsgemeinde abwarten. Dann soll ein Antrag auf Erweiterung gestellt werden. Oder eben nicht. Der Gemeinde wiederum ist an weiteren Einnahmen aus dem Bruchzins gelegen (siehe Extra).

Doch selbst wenn das Votum gegen eine Erweiterung ausfällt, wird es nicht ruhiger in Oberbettingen. RPBL hat angekündigt, ihre teure Anlage in der Grube weiter nutzen zu wollen - und zwar mit "Fremdmaterial aus der Bolsdorfer Grube". Schlangen: "Das bedeutet fürs Dorf, dass alle drei Minuten ein LKW durchfährt, und zwar morgens ab sechs Uhr zwölf Stunden lang."

Ortsbürgermeister Hans-Jakob Meyer sagte: "Wir sind ein Straßendorf. Diese Verkehrsbelastung wäre katastrophal." RPBL-Chef Bach: "Wir brauchen vier Jahre, bis alle Genehmigungen für den Basaltabbau in der Bolsdorfer Grube vorliegen und wir die Anlage dorthin umgebaut haben."

Derweil formiert sich im Dorf Widerstand. Beate Menzel hat zur Bildung einer Bürgerinitiative gegen den Abbaubetrieb aufgerufen, woraufhin spontan 16 Einwohner ihre Teilnahme zugesagt haben.

Meinung

Kampf ums kleinere Übel

Der Oberbettinger Rat steht vor einem schwierigen Entschluss. Denn die Entscheidung über die Basalt-Erweiterung hat - so oder so - negative Auswirkungen. Schlimmstenfalls droht der Streit, die Dorfgemeinschaft zu entzweien: in Sieger und Verlierer. So weit darf es nicht kommen. Es erscheint als sinnvoll, das kleinere Übel zu wählen; wenngleich das von den Dorfbewohnern je nach Wohnlage anders interpretiert werden dürfte. Brettern die LKW an meinem Schlafzimmer vorbei? Erschüttern die Sprengungen künftig auch mein Haus? Will ich ein neues Gemeindehaus? All das sind Fragen, die mit der Entscheidung zusammenhängen. Doch der Gemeinderat darf sich nicht von Einzelinteressen leiten lassen, sondern muss das Gesamtwohl im Blick haben. Klar verlockt die Aussicht auf jahrelange Bruchzinseinnahmen, rasch Ja zu einer Erweiterung zu sagen. Doch um welchen Preis? Beim Votum und dem eventuellen Aushandeln eines neuen Vertrags mit dem Betreiber muss die Gemeinde besonders an diejenigen denken, die unter der gefällten Entscheidung am meisten zu leiden hätten. m.huebner@volksfreund.deExtra Vertrag und Finanzen: 2005 hat die Ortsgemeinde (OG) Oberbettingen einen Vertrag mit den Rheinischen Provinzial-Basalt- und Lava-Werken (RPBL) bis 2025 geschlossen. Danach sollten die RPBL 4,5 Millionen Tonnen Basalt abbauen dürfen und im Gegenzug der OG jährlich bis zu 100 000 Euro Bruchzins zahlen. Von den 400 000 Euro Bruchzins-Einnahmen seit 2005 hat Oberbettingen 343 000 Euro Schulden getilgt und Projekte finanziert. Das Basaltvorkommen beträgt aber nur 2,2 Millionen Tonnen und ist Mitte 2010 erschöpft. Von einer Erweiterung (1,6 Millionen Tonnen Basalt) erwartet die OG bis zu einer Million Euro weitere Bruchzinseinnahmen. Davon sollen die restlichen Schulden getilgt und der Umbau der alten Schule zum Gemeindehaus (275 000 Euro Ortsanteil) bezahlt werden. Da das zusätzliche Basaltvorkommen in sechs Jahren abgebaut wäre, will das Dorf mit dem Betreiber - falls es die Erweiterung beschließt - einen neuen Vertrag mit Laufzeit bis 2015 abschließen. (vog)

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