Leichtsinn ist der beste Kumpan

Nachdem im April der dritte Serieneinbrecher in Gerolsteiner Geschäfte auf frischer Tat gefasst wurde, haben Stadtverwaltung, Ordnungsamt und Polizei zu einer Präventionsveranstaltung eingeladen. Nur mäßiges Interesse gab es aus der Bevölkerung an den Tipps gegen Einbrecher.

Gerolstein. "Zurzeit ist zwar alles ruhig, aber Einbrüche werden immer wieder passieren", erklärt Heinz-Peter Thiel, Leiter der Polizeiinspektion (PI) Daun. Er zeigt auf, dass seit 2000 die Einbruchsdelikte im Gerolsteiner Land um 70 Prozent zurückgegangen sind. Allerdings gibt er keine Entwarnung: "Die Täter, die seit 2002 in Haft sind, kommen jetzt nach und nach raus. Das Rückfallrisiko ist sehr hoch." Drei Viertel aller Einbruchsdelikte seien der Drogenszene zuzurechnen. Tageseinnahmen im Flur abgestellt

Nicht so die Einbruchsserie in die Geschäfte. Im Sommer 2007 wurden zwei Täter gefasst, der dritte im April. Alle drei sind Deutsche und gehören zur sozial schwachen Schicht. Thiel: "Aber uns ist aufgefallen, dass viele Geschäftsleute sehr unsensibel mit der Gefahr umgehen. In einem Fall lagen die Tageseinnahmen von 2000 Euro in einer Plastiktüte im Flur." Diese Leichtsinnigkeit spreche sich in der Szene herum, ziehe weitere Täter an. Am Tatort ließen sich unterschiedliche Methoden feststellen. Thiel: "Die einen konnten Fenster knacken, die anderen nicht." Für mehr Sicherheit können einfache und nachträglich einbaubare Verriegelungssysteme sorgen. Herbert Grün, seit zwölf Jahren bei der kriminalpolizeilichen Beratungsstelle in Trier, gab den 20 Zuhörern im Sitzungssaal praktische Tipps. Dabei räumte er mit etlichen Vorurteilen auf."Man kann sowieso nichts machen, Diebe kommen überall rein": Grün erklärt kategorisch, dass "Einbruchhemmnis" der beste Einbruchschutz ist. Wird es den Langfingern schwer gemacht, geben sie nach zwei bis drei Anläufen auf. Ein Einbruch dauert maximal sechs Minuten. Haben Fenster und Türen nur mäßig starke Zargen, könnten Diebe mit einem 50 Zentimeter langen Schraubendreher im Handumdrehen die Krafteinwirkung von einer Tonne erreichen. Einfach ausgestattete Fenster seien in zwei Sekunden zu öffnen."Bei mir ist nichts zu holen": Sorglosigkeit ist eine Einladung. Gelegenheitsdiebe nutzen jede Chance, beispielsweise ein gekipptes Fenster, rigoros aus. DVD-Player, Kameras, Münzsammlungen oder Schmuck bringen Bares auf dem Schwarzmarkt."Einbrecher kommen nachts": Irrtum, zwei Drittel aller Einbrüche passieren zur Tageszeit. "Deshalb auch das Fenster im Gäste-WC schließen, wenn man kurz zum Einkauf geht", rät Grün. Einen "bewohnten Eindruck" sollte man hinterlassen, auch bei längerer Abwesenheit. Neben Sicherheitstechnik sind gute Kontakte mit den Nachbarn wichtig und hilfreich. Thiel fordert: "Rufen Sie uns an. Wir sind für Sie da, wenn Sie Fragen haben oder verdächtige Beobachtungen gemacht haben."Stadtbürgermeister Karl-Heinz Schwartz bedankte sich bei den Polizisten für die "zahlreichen Praxisbeispiele und wertvollen Tipps". Sehr viel Applaus erhielt Thiel für seine Zusage, dass im Gerolsteiner Land rund um die Uhr ein bis zwei Streifen unterwegs seien und eine schlagkräftige Besetzung. Viele Ermittler seien zivil unterwegs.Kostenlose Beratung bietet die Trierer Präventionsstelle der Polizei; die Beamte kommen auch ins Haus (Telefon 0651/9779-2153 Herbert Grün). Außerdem gibt es bei der Polizei Empfehlungslisten von Firmen, die auf mechanische Nachrüstungen und Alarmanlagen spezialisiert sind. Bei jeder Polizeistelle ist außerdem die Broschüre "Ungebetene Gäste" erhältlich. Mehr Infos im Internet unter www.polizei-beratung.deEXTRA Zahlen und Fakten: Im vergangenen Jahr sind die Einbruchsdelikte im Bereich des Polizeipräsidiums (PP) Trier zurückgegangen: von 642 auf 499. Im Bereich der Polizeiinspektion (PI) Daun konnte jeder dritte Einbruch aufgeklärt werden. Zwei Drittel aller Einbrüche passieren am Tag. Bei 95 Prozent aller Einbrüche sind die Gebäude verwaist. Meistens werden Fenster oder Türen aufgehebelt. Bei zehn Prozent der Einbrüche wird das Glas zerschlagen, um an den Fenster-/Türgriff zu gelangen. Nur bei jedem 100. Einbruch wird Glas zerschlagen, um ins Gebäudeinnere zu gelangen. Bis zu 70 Prozent aller Einbrüche könnten durch bessere Mechanik verhindert werden. (vog)

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