Mit Einweg runter vom Holzweg

Mehr Einweg und mehr Effizienz: Für rund 62 Millionen Euro will der Gerolsteiner Brunnen in den kommenden dreieinhalb Jahren sein Werk in Gerolstein umbauen und um ein Hochregal-Lager sowie weitere Abfüllanlagen für Einweg-Gebinde erweitern.

Gerolstein. Es ist das größte Investitionspaket in der Geschichte des Gerolsteiner Brunnens: Bis 2011 will der Brunnen 61,7 Millionen Euro in sein Stammwerk im Vulkanring investieren. Mit den Investitionen, die nach Angaben der Geschäftsführung durch den Beirat genehmigt worden sind und ausschließlich mit eigenen Finanzmitteln gestemmt werden, sollen zwei Ziele verfolgt werden: Erstens soll der veränderten Marktsituation Rechnung getragen werden.Einweg erfordert größere Lagerflächen

Da immer mehr Mineralwasser und Erfrischungsgetränke in Einwegverpackungen nachgefragt werden, will Deutschlands führender Mineralbrunnen seine Kapazitäten in diesem Bereich deutlich ausweiten. Denn, so Technik-Geschäftsführer Ulrich Rust, "wir sind nicht mehr richtig Mehrweg, aber auch noch nicht so richtig Einweg."Derzeit machen Getränke in Einweg-Verpackungen 25 Prozent beim Gerolsteiner Brunnen aus, schon bald sollen es mehr als 50 Prozent sein. Das hat auch damit zu tun, dass Gerolsteiner Produkte mittlerweile auch beim Discounter zu haben sind. "Aber nur zum normalen Preis", wie Rust betont.Der 2003 - mit der 16 Millionen Euro teuren Installation einer aseptischen und automatischen Abfüllanlage für Erfrischungsgetränke ohne Konservierungsstoffe - eingeschlagene Weg hin zu mehr Einweg soll nun fortgeführt werden.Das erfordert neben weiteren Einweg-Abfüllanlagen auch größere Lagerflächen, da die Einweg-Gebinde nicht so hoch gestapelt werden können. Zu diesem Zweck soll bis 2011 ein 100 Meter langes, 55 Meter breites und 28 Meter hohes Hochregallager mit 25 000 Paletten-Stellplätzen gebaut werden. Zudem werden im gleichen Zeitraum im Anschluss an die ehemaligen "Flora-Hallen" eine zusätzliche Produktionshalle errichtet und laut Rust "vier bis fünf weitere Abfüllanlagen" installiert. Baustart soll zum Jahreswechsel 2008/09 sein. Betrug der Absatz des Unternehmens 2007 rund 790 Millionen Füllungen, sollen es 2011 bereits 960 Millionen sein. Bis 2017 sollen es gar 1,4 Milliarden Füllungen sein. Zweites Ziel ist die Optimierung von Produktionsprozessen und der Logistik. Dazu wird ebenfalls bis 2011 die Produktion im Werk in der Brunnenstraße aufgegeben. An einen Verkauf des Gebäudes wird aber derzeit nicht gedacht. "Im Rahmen der neuen Technik- und Logistik-Architektur schaffen wir optimale Produktivitäts- und Effizienzverhältnisse, die unsere Wettbewerbsfähigkeit am Markt sicherstellen", sagte Rust. Angesprochen auf die Rückrufaktion wegen verkeimter Getränke vor einem Jahr meinte der Manager: "Nein, wir haben kein Qualitätsproblem. Vielmehr haben wir Ende vergangenen Jahres eine Qualitätsoffensive gestartet." Diese äußere sich in der vermehrten Schulung von Mitarbeitern und mehr Personal. So sei der Bereich Instandsetzung um sieben auf nunmehr 70 Mitarbeiter aufgestockt worden, im Bereich Qualitätssicherung werden laut Rust künftig 15 statt zwölf Mitarbeiter arbeiten. Meinung Qualität im Blick behalten Die immens hohen Investitionen, die der Gerolsteiner Brunnen in den kommenden Jahren vorhat, belegen dreierlei: Erstens zeigt die Tatsache, dass die knapp 62 Millionen Euro aus der eigenen Tasche bezahlt werden, dass in den vergangenen Jahren gut gewirtschaftet wurde. Zweitens zeugt die aktuelle Ankündigung von unternehmerischer Weitsicht - ansonsten wären die Gewinne nicht reinvestiert worden, sondern in einige wenige Gesellschafter-Säckel geflossen. Ein gutes Zeichen. Und drittens beweisen die Manager mit ihrem Weg hin zu mehr Einweg Flexibilität. Denn gerade für den führenden deutschen Mineralbrunnen ist es ein schwieriger Spagat, einerseits sein Image als Qualitätsmarke zu pflegen, andererseits aber im Kampf um die Kunden nicht auf der Strecke zu bleiben. Und der wird mittlerweile auch im Getränkesektor zunehmend im Discounter ausgetragen. Bleibt zu wünschen, dass die Gerolsteiner-Manager bei ihrem Streben nach mehr Umsatz und höherer Effizienz nicht den Blick dafür verlieren, was das Fundament des jahrzehntelangen Erfolgs war: Qualität. Auch darin gilt es nachhaltig zu investieren: in gut geschultes und vor allem ausreichend Personal. m.huebner@volksfreund.de

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