Mit dem Sommer kamen die Sorgen

Die Nachricht, dass der Gerolsteiner Brunnen seine Millionen-Investitionen auf Eis legt, stieß in Gerolstein auf unterschiedliche Resonanz. Mit Freude wurde hingegen zur Kenntnis genommen, dass das Unternehmen auch weiterhin regionale Veranstaltungen unterstützen will.

Gerolstein. Im Frühjahr war die Welt beim Gerolsteiner Brunnen noch in Ordnung: Weder Doping-Meldungen im eigenen Radsport-Team noch Anzeichen einer Absatzkrise trübten die Stimmung bei Deutschlands führendem Mineralbrunnen, der mit rund 800 Beschäftigten zugleich einer der größten Arbeitgeber in der Region ist.

Im Gegenteil: Der Absatz war zwar nicht berauschend, bot aber eben auch keinen Grund zu allzu großer Sorge. Und um auf den Zug nach mehr Getränken in Einwegverpackungen zu springen, wie sie der Markt fordert, kündigte das Unternehmen an, bis 2011 rund 62 Millionen Euro in neue Produktionsstätten für Getränke in Einwegverpackungen sowie in ein Hochregallager zu investieren. Es wäre das größte Investitionspaket in der Geschichte des Gerolsteiner Brunnens gewesen. Nun die Kehrtwende.

Pauly: Neuausrichtung nicht ungewöhnlich



Im Sommer fing alles an: Während es im Frühjahr einigermaßen lief, brach der Absatz in den Sommermonaten drastisch ein. Bis Ende Juli erwirtschaftete die Gerolsteiner Brunnen GmbH bei einem Absatz von 3,9 Millionen Hektolitern an Mineralwasser und Mineralwasser-Plus-Produkten einen Nettowarenumsatz von 119,3 Millionen Euro. Die Halbjahresbilanz fiel damit schlechter aus als die des Vorjahres mit 4,2 Millionen Hektolitern und 125 Millionen Euro (und wesentlich schlechter als die des WM-Sommers), und sie bedeutete: Das Unternehmen wird seine für 2008 gesteckten Absatzziele insgesamt deutlich unterschreiten. Und dann auch noch die Dopingfälle.

Angesichts des Abwärtstrends zeigte sich Matthias Pauly (CDU), Bürgermeister des Gerolsteiner Landes, eher froh über die Ankündigung der Umstrukturierung. Er sagte: "Es ist für mich nicht außergewöhnlich, dass ein neuer Geschäftsführer bei entsprechender Marktsituation eine strategische Neuausrichtung seines Unternehmens plant."

Gerolsteins Stadtbürgermeister Karl-Heinz Schwartz (CDU) geht zwar von sinkenden Gewerbesteuer-Einnahmen in der Zukunft aus, dennoch ist er angesichts des neuen starken Mannes beim Gerolsteiner Brunnen, Axel Dahm, optimistisch: "Er ist der richtige Mann zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle. Er macht einen kompetenten und fest entschlossenen Eindruck."

Die Ankündigung, dass die Sponsoringmaßnahmen zwar ebenfalls neu strukturiert, "aber in jedem Fall auch weiterhin regionale Aspekte berücksichtigen werden", sorgte für Erleichterung. Allen voran Hans-Peter Böffgen, Cheftouristiker des Gerolsteiner Landes, freute sich darüber: "Wenn das bedeutet, dass der Brunnen sein Engagement bei den bisherigen Events wie dem Sprudelfest, dem Tour-Festival, bei Kylltal aktiv und bei Wandertagen im gleichen Umfang wie bisher beibehält, bin ich froh."

Als bedauerlich bezeichnet er hingegen die bereits vor längerer Zeit gefällte Entscheidung, nun doch nicht das Besucherzentrum zu einer Art "Wasser-Erlebnis-Welt" umzubauen. "Denn das hätte direkt Leute ins Gerolsteiner Land gelockt", sagte Böffgen. Die Absatzkrise bereitet aber auch ihm Sorgen: "Weniger Absatz bedeutet weniger Gewerbesteuer und damit auch weniger Investitionen in die touristische Infrastruktur. Denn das sind freiwillige Ausgaben der Kommune, und bei denen wird als Erstes der Rotstift angesetzt."

Manfred Rett vom Vorstand des Gewerbevereins Gerolstein beurteilte die aktuelle Lage so: "Wenn die geplanten Investitionen nicht kommen, bedeutet das für mich zunächst den Status quo - also auch keine negativen Auswirkungen für die heimische Geschäftswelt." Dennoch bedauert er die Entscheidung, denn Investitionen in Millionenhöhe hätten vermutlich Aufträge für heimische Firmen, zusätzliche Arbeitsplätze und somit auch mehr Kaufkraft bedeutet.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort