Nur auf der Strecke viel los

Weit mehr Teilnehmer als im Vorjahr, ähnlich schwacher Besuch, durchwachsenes Wetter: Das zweite Gerolsteiner Tour-Festival war erfolgreicher als die Premiere, blieb dennoch hinter den Erwartungen zurück. Eine Fortsetzung soll es 2008 trotzdem geben.

Gerolstein. 2600 Teilnehmer und somit mehr als im Vorjahr (1750) waren beim zweiten Gerolsteiner Tour-Festival auf der Strecke, davon allein 1400 am Samstag bei der Königsdisziplin, dem Marathon über 53-, 101-, 155- oder 210-Kilometern. Und schon wieder bei Wind und starken Schauern. Hans-Michael Holczer, Manager des Gerolsteiner Profi-Radsportteams, zollte ihnen kurz vor seinem Startschuss Anerkennung: "Ich ziehe den Hut vor den Fahrern, die bei diesem Sauwetter dabei sind."Kurz vor dem Startschuss um 8 Uhr schufen die Teilnehmer ein imposantes Bild: Von der Startlinie an der Postbrücke bis in die Raderstraße und über die gesamte Hochbrücke bildeten sie eine schier nicht enden wollende Sportler-Traube. Doch diesen Anblick bekamen nur einige wenige hart gesottene Zuschauer mit, die sich dafür - und um "ihren" Teilnehmern zuzujubeln - in den Regen stellten. "Da muss man dabei sein"

Auf dem Rad saß auch Hendrik Eltze (39) aus Gerolstein, der den Startplatz bei der TV-Verlosung gewonnen hatte. Im Ziel angekommen, sagte er: "Trotz Regen und Hagel: Eine schöne Strecke, ein schönes Erlebnis. Nur: Mein Po ist hinüber."Den meisten Teilnehmern machte nicht das Streckenprofil, sondern das Wetter zu schaffen. So meinte Rene Kaden (36) aus Köln-Hürth nach 53 Kilometern: "Ich bin total nass und habe daher auf nur eine Runde verkürzt." Eine nochmalige Teilnahme konnte er sich direkt nach dem Rennen nicht vorstellen - auch wegen der 53 Euro Startgebühr, die es als zu hoch empfand.Ebenfalls kaputt und dennoch zufrieden war Tanja Götz (34) aus Brombachtal im Schwarzwald, die mit der gesamten Familie übers Wochenende angereist war. "Ich fühle mich gut", sagte sie nach der kleinen Marathon-Runde. Die übrigen Tage werde sie zuschauen und ihren Partner sowie ihre drei Kinder anfeuern. Und das tat sie wie viele anderen Eltern und Verwandten am Sonntag - bei Sonnenschein. Total positiv gestimmt war Sylvia Berghammer (24) aus Rosenheim. Sie sagte nach dem Regen-Marathon: "Es hat super viel Spaß gemacht. Ich habe mich immer auf die paar Sonnenstrahlen gefreut."Ähnlich die Meinung von Lokalmatador Jürgen Morbach (41) aus Gerolstein. Obwohl durchnässt, meinte er: "Solche eine genial organisierte Veranstaltung vor der Haustür - da muss man dabei sein." Sein Kollege Jupp Heinen (54) fügte hinzu: "Klar sind wir auch künftig wieder dabei."Dass es eine Fortsetzung gibt, hofft auch Peter Assion (75) aus Gerolstein, der sich als Streckenposten hatte einteilen lassen. Er sagte: "Man muss doch helfen, wenn hier was los ist. Hoffentlich bleibt die Veranstaltung noch viele Jahre bestehen." Er jedenfalls wollte dazu seinen Beitrag leisten - wie alle 800 ehrenamtlichen Helfer, von denen die Feuerwehrkameraden die größte Gruppe stellten. Auch 2008 soll es das Festival geben

Auf die Frage, ob es auch 2008 wieder ein Tour-Festival in Gerolstein geben werden, antwortete Monika Weber vom veranstaltenden Delius-Verlag: "Ich gehe davon aus." Sie wünsche sich die Veranstaltung künftig jedoch an einem Brückenwochenende, "damit wir einen zusätzlichen Tag haben und ein weiteres Jedermann-Rennen anbieten können." Schließlich locke das zusätzliche Teilnehmer und: Besucher. Denn der Besuch war auch in ihren Augen nur am Sonntag "okay". Etwas deutlicher formulierten dies etliche Messebeschicker. So meinte Dirk Belling von der Rad-Komponenten Firma Sram aus Schweinfurt, die ebenfalls Sponsor war: "Wir sind definitiv nicht mehr dabei, weil Gerolstein erneut für uns ein absoluter Flop war." Die lokalen Radanbieter, wie Udo Nöllen aus Daun oder Guido Clemens aus Birresborn, zeigten sich ebenfalls enttäuscht über den schwachen Besuch, wollen beim nächten Festival dennoch "auf jeden Fall" dabei sein. Dennoch meinte Nöllen: "Es ist schade, dass die Leute nicht erkennen, welche Chance dieses Top-Event für die Region darstellt - und lieber daheim bleiben."Weiterer Bericht Seite 22Weitere Bilder: TOUR-SPLITTER Angesteckt: Streckenposten Severin Papou (25) aus Kamerun, der in Köln studiert, warnte mit seiner Flagge die Radfahrer nicht nur vor der gefährlichen Kurve in der abschüssigen Raderstraße, sondern er feuerte sie auch an und applaudierte. "Das macht schon Spaß, aber mitzufahren bestimmt noch mehr. Nächstes Jahr mach ich das vielleicht sogar." Abgesagt: Mitorganisator Hans-Peter Böffgen vom Gerolsteiner Tourismusbüro hatte es sich frühmorgens nach einem Blick aus dem Fenster dann doch anders überlegt und die geplante Teilnahme an der 53-Kilometer-Runde bleiben lassen. Dafür waren ihm Spott und der Titel als "Schönwetter-Radler" sicher. Verängstigt: Böffgens Landsmann Fritz Grett (52) blieb unerschrocken, absolvierte die 53-Kilometer-Runde und sicherte sich so den Titel als "schnellster Pelmer" - da sonst niemand aus der Kasselburg-Gemeinde gestartet war. Bange wurde ihm dennoch: "Ich habe aus Versehen eine Startnummer für die 155-Kilometer-Runde erhalten, aber zum Glück ist das nicht weiter aufgefallen." Auf die Frage, ob er diese Distanz im nächsten Jahr in Angriff nehmen wolle, sagte er überzeugend: "Niemals!" Vorbildlich: Böffgens Dauner Kollegen Thomas Räthlein, Andreas Schüller und Alfred Bauer hingegen ließen sich nicht von dem bisschen Wind und Regen abhalten und fuhren mit gutem Beispiel voran - und fanden gar Gefallen daran: So meinte Bauer: "Geil, wenn man in die Zielgerade einfährt." Ehrfürchtig: Hobby-Radler Bernd Schmitz aus Prüm, der am Wochenende seinen Schreibtischstuhl im Gerolsteiner Rathaus mit dem Fahrrad-Sattel tauschte, zeigte sich ehrfürchtig gegenüber der Konkurrenz: "Wie da einige die Kasselburg hoch sind: Wahnsinn. Das sind Monster!" Zufrieden: Die Einsatzkräfte beim Gerolsteiner Tour-Festival hatten alles im Griff und zogend dementsprechend unisono eine positive Bilanz: So sagte Polizei-Einsatzleiter Herbert Etzig, der mit 50 Kollegen vor Ort war: "Während des Festivals blieb es ruhig, und auch die teilweise doch sehr aufwändigen Straßensperrungen haben gut geklappt." In die gleiche Kerbe schlug der Gerolsteiner Wehrleiter Karl-Heinz Kunze, der 158 Mann im Einsatz hatte: "Wir hatten bei den Streckensperrungen zwar einen hohen Aufwand, doch es hat alles gut funktioniert. Und die Kameraden haben das gern gemacht, denn sie stehen voll hinter der Veranstaltung." Zufrieden zeigte sich auch DRK-Einsatzleiter Thorsten Auel, der mit 83 Helfern vor Ort war. Er sagte: "Wir hatten lediglich zehn Radfahrer mit Schürfwunden zu behandeln, und einen Fahrer vorsorglich ins Krakenhaus gebracht. Angesichts der Teilnehmerzahl ein sehr ruhiger Einsatz." (mh)

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