Schlichten statt richten

Ärger mit Nachbarn oder Beleidigungen sind die Hauptgründe, warum Streitparteien Schiedsleute aufsuchen. Die bisher freiwilligen Sühneversuche will das Land mit einer Gesetzesnovelle zur Pflicht machen. Der TV besuchte Leo und Michael Römer, die seit vielen Jahren für die Verbandsgemeinde Daun verantwortlichen Schiedsleute.

 Leo Römer ist seit 20 Jahren Schiedsmann in der VG Daun; Sohn Michael ist seit 16 Jahren sein Vertreter. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Leo Römer ist seit 20 Jahren Schiedsmann in der VG Daun; Sohn Michael ist seit 16 Jahren sein Vertreter. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Daun. Im Haus der Familie Römer ist das Schlichten quasi Tradition. Leo Römer, pensionierten Polizeihauptmeister, ist seit 20 Jahren Schiedsmann. Sein Sohn Michael, der als Vollzugsbeamter im Wittlicher Gefängnis arbeitet, fungiert seit nunmehr 16 Jahren als sein Vertreter. Im Herbst dieses Jahres wird er von seinem dann 80-jährigen Vater den Posten übernehmen. Mal ist der Baum zu hoch, mal die Hecke zu nah

Beide kennen viele Geschichten aus ihrem langjährigen Ehrenamt. Sie zählen auf: "Mal ist der Baum in Nachbarsgarten zu nah oder die Hecke zu hoch und mal geht es auch um Sachbeschädigung." Michael Römer erzählt: "Ein Mann behauptete, der Nachbar hätte seinen Zaun beseitigt und behalten, also quasi gestohlen." In einem anderen Fall berichtete der Antragsteller von illegal verlegten Abflussrohren an Nachbars Haus. Leo Römer: "In Wirklichkeit ging es um den neuen Anstrich einer Grenzmauer." Nach dem erfolgreichen Sühneversuch, der als Gespräch stattfindet und schriftlich fixiert wird, wurde die dunkle Mauer hell gestrichen. Oft geht es bei den Schiedsleuten auch um Beleidigungen, die im Streit ausgesprochen wurden. "Oder um Telefonterror, mit dem eine Frau ihre ehemalige Freundin drangsalierte", berichtet Leo Römer. Der 79-Jährige hält Schlichtungspaare, die ausschließlich aus Frauen bestehen für "schwierig". Das seien die "hartnäckigsten" Fälle. Sein Sohn relativiert: "Frauen sind impulsiver." Meist können die Fälle jedoch mit einem erfolgreichen Sühneversuch abgeschlossen werden. Dann entstehen Kosten von 20,46 Euro, die mit einem 35 Euro-Vorschuss verrechnet werden. Kommt es zu keiner Einigung, fallen 10,23 Euro Verfahrenskosten an. Michael Römer: "Das ist ja wesentlich günstiger als ein Prozess." Und genau da setzt die Landesregierung an. Der bisher freiwillige Schlichtungsversuch vor den Schiedsleuten soll verpflichtend werden, damit die Gerichte entlastet werden. Beim Amtsgericht Daun fallen pro Jahr rund 30 Fälle an, bei denen es um Nachbarschaftsstreitigkeiten oder Beleidigungen geht. Vor Schiedsleuten können auch Strafsachen wie Körperverletzungen oder Hausfriedensbruch landen, wenn die Staatsanwaltschaft kein öffentliches Interesse an der Verfolgung sieht. Für die Römers ist klar, dass mit "gesundem Menschenverstand, Einfühlungsvermögen und Ruhe bewahren" die meisten Fälle geklärt werden können. Michael Römer bringt es auf den Punkt: "Man muss in allen Situationen Mensch bleiben und manierlich miteinander reden." Und lachend verrät er, dass Streitparteien auch schon mal nach erfolgreichem Sühnegespräch "zu Heines einen trinken gehen". Hintergrund Zahlen und Fakten: Noch sind die Fallzahlen der Schiedsleute im Landkreis Vulkaneifel relativ gering. Die "Tür-und-Angel-Fälle", die unmittelbar im ersten Gespräch geklärt werden können, stehen nicht in der Statistik. Sie betragen ein Vielfaches der erfassten Fälle. Laut Statistik wurden kreisweit im vergangenen Jahr elf Fälle (zehn im Jahr 2006 sowie 16 in im Jahr 2005 - Zahlen 2006 und 2005 in Klammern) erfasst. Bei fünf (5/11) Fällen war der Sühneversuch erfolgreich. Auf die Verbandsgemeinden (VG) verteilt, ergibt sich folgendes Bild: VG Daun 2007 und 2006 je ein Fall (2005 - zwei), VG Gerolstein 2005 und 2007 je zwei Fälle (2006 keinen), VG Hillesheim 2005 und 2007 je drei Fälle (2006 - 4), VG Obere Kyll je Jahr vier Fälle, VG Kelberg 2006 und 2007 je ein Fall (2005 - 5). Die Schiedsleute sind: VG Daun Leo Römer, 06592/3358; VG Gerolstein Bernhard Froning, 06591/4378; VG Hillesheim Manfred Hilgers, 06593/989026; VG Obere Kyll Lothar Schun, 06597/961056;, VG Kelberg Gerhard Rützel, 02696/931459 (vog)

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