Sex als Teil eines Drogendeals?

Trier · Haben zwei Insassen des Trierer Gefängnisses einen dritten zum Sex gezwungen? Oder geschah dies einvernehmlich als Teil eines Drogendeals? Um der Klärung dieser Fragen näherzukommen, hat die Große Jugendkammer des Trierer Landgerichts das mutmaßliche Opfer befragt.

Trier. Am zweiten Tag des Prozesses wegen sexuellen Nötigung unter der Dusche der Justizvollzugsanstalt Trier steht das 24-jährige mutmaßliche Opfer stundenlang als Zeuge Rede und Antwort. Die Befragung durch die Verteidiger der beiden Angeklagten kreist oft um Punkte, die der Vorsitzende Richter Albrecht Keimburg als erschöpfend behandelt ansieht, was Dispute verursacht. So mahnt Keimburg nicht nur an, "Wiederholungsfragen" zu unterlassen, sondern erinnert daran, wer Zeuge ist und wer Angeklagter: "Wir haben es hier immerhin mit einem potentiellen Opfer sexueller Gewalt zu tun!" Die Rechtsanwälte beeindruckt das wenig. "Es geht für unsere Angeklagten um sehr viel!", entgegnet Olaf Möller und setzt die Befragung des hochgewachsenen 24-Jährigen fort, der offenbar in schlechter Verfassung ist. Das könnte zum Teil an jenem Verkehrsunfall liegen, den der junge Mann am Sonntagabend erlitten hatte, was seine Teilnahme am ersten Prozesstag bereits verhinderte. Richter und Staatsanwältin sind merklich misstrauisch: Sie befürchten, dass sich der junge Mann aus Angst vor der Aussage in Anwesenheit seiner möglichen Peiniger etwas angetan haben könnte. Tatsächlich hat der 24-Jährige erkennbar wenig Lust, die erniedrigende und traumatisierende Situation nochmals öffentlich zu erzählen - besonders, da die Anwälte schonungslos und minutiös pikante Details erfragen.
Der junge Mann im Zeugenstand, der angibt, derzeit drogenfrei zu leben, sich aber trotzdem als "Junkie" bezeichnet, gibt fahrige, unverständliche Antworten, kauert in seinem Stuhl und nickt einmal sogar kurz ein. Wenn er sich aufrappelt, entpuppt er sich aber als durchaus intelligenter, sensibler Mensch, der nicht nur eine gute Auffassungsgabe hat, sondern sich auch dezidiert ausdrücken kann. So äußert er mehrere sarkastische Spitzen zur Denkleistungsfähigkeit des 21-jährigen Hauptangeklagten. Allerdings gibt er nicht nur den Anwälten, sondern auch dem Richter einige Rätsel auf: Denn die Behauptung des zweiten Angeklagten (26), dass die sexuellen Handlungen des 21-Jährigen mit dem Zeugen keineswegs unter Zwang erfolgten, sondern als Teil eines Drogendeals, bestätigt der junge Mann teilweise. Der Zwang, erklärt der 24-Jährige, sei weniger durch offene Bedrohung ausgeübt worden, sondern durch perfide Andeutungen und die manipulativen Fähigkeiten vor allem des 26-Jährigen. So sei es gekommen, dass er nicht nur mit den Angeklagten in die Duschräume gegangen sei, obgleich der folgende Übergriff sich deutlich angekündigt habe, sondern sogar wie verlangt ein Pornomagazin mitgebracht habe. Mit dem habe sich der 21-Jährige während der Tat von der Tatsache abgelenkt, dass der Akt nicht mit einer Frau stattfand. Besonders der Anwalt 26-Jährigen fragt immer wieder nach dem Warum: "Warum sind Sie mitgegangen, wenn Sie wussten, was passiert? Warum haben Sie sich denn auf den Deal eingelassen, wenn Sie wussten, man legt Sie herein?" Der Ankündigung der Verteidigerin Sina Ludwig, den Zeugen im Laufe des Prozesses noch einmal befragen zu wollen, erteilt der Richter schließlich eine klare Absage: Einer erneuten Ladung werde er sicher nicht zustimmen. Schließlich entlässt er den gebeutelten Zeugen. Der Prozess wird am 10. Februar fortgesetzt - dann sollen vor allem Justizbedienstete zu ihren Erfahrungen mit den beiden Angeklagten befragt werden.

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