Spannung auf der Zielgeraden

Rekordkulisse: Rund 600 Gäste besuchten das TV-Forum zur Landratswahl am Montagabend im berstend vollen Forum in Daun, um das erste öffentliche Aufeinandertreffen der Kandidaten, Landrat Heinz Onnertz (57/parteilos) und CDU-Herausforderer Gordon Schnieder (31), mitzuerleben.

Daun. "Lüge", "inkonsequent", "aberwitzig", "hanebüchen" - Mit zunehmender Dauer wurde beim TV-Forum zur Landratswahl auch das Vokabular der beiden Kontrahenten schärfer. Dass sich das erste öffentliche Aufeinandertreffen von Heinz Onnertz (parteilos) und Gordon Schnieder (CDU) dennoch nicht zum heftigen Verbalstreit steigerte, lag an den beiden Moderatoren, den TV-Redakteuren Marcus Hormes und Stephan Sartoris. Sie behielten stets das Heft (und die Mikrofone) in der Hand, hatten zur Entspannung immer einen lockeren Spruch parat, appellierten erfolgreich an die Fairness der beiden Lager, und es gelang ihnen weitgehend, Buhruf-Attacken oder sonstiges "Störfeuer" zu unterbinden. "Unterschiedliche Positionen"

Denn auch ohne in einen offenen Streit zu münden, wurde das Ziel des Abends laut Moderator Sartoris erreicht: "Was sich heute deutlich gezeigt hat: Am kommenden Sonntag gibt es definitiv eine echte Wahl mit Kandidaten mit unterschiedlichen Positionen." Dass es trotz der großen Kulisse und der gespannten Erwartungshaltung der Zuhörer nicht zur (greifbar nahen) Eskalation kam, lag aber auch an der selbst auferlegten Disziplin der Kontrahenten - wenngleich das ein oder andere offenere Wort an mancher Stelle wünschenswert gewesen. Beispielsweise beim Thema Restmüllentsorgung: Während Schnieder behauptete, der Landrat habe nach der Herhof-Pleite durch einen versuchten Alleingang die Spaltung der Region sowie eine "Bauruine in Mertesdorf als Millionengrab" in Kauf genommen, empörte sich Onnertz über "diese Lügen". Keine Antwort ist auch eine Antwort

Im Gegenzug wollte er - um den Herausforderer als Zaungast und letztlich Laien in dieser Angelegenheit bloßzustellen - wissen, welches denn die größten Probleme bei der Restmüll-Krise gewesen seien, welche Gespräche letztlich doch noch zum Erfolg geführt hätten, und wer diese geführt habe. Dass von Schnieder dazu keine Antwort kam, war dem Amtsinhaber zwar eine Genugtuung, die er mit den Worten: "Da haben Sie ja wohl gekniffen" kommentierte; die Gäste aber blieben so schlau als wie zuvor.Auch beim Themenkomplex "Kinderbetreuung - Vereinbarkeit von Familie und Beruf" und der Forderung nach einer deutlichen Erhöhung der Krippenplätze im Landkreis, die sich der Herausforderer groß auf seine Fahnen geschrieben hat, blieb Schnieder die zentrale Antwort schuldig. "Wie soll das finanziert werden", wollte SPD-Anhänger Sven Rohde (22) aus Jünkerath wissen - und erhielt vom CDU-Bewerber lediglich die Auskunft, "dass die Eltern an den Kosten zu beteiligen sind und wir das dafür nötige Geld in die Haushalte einstellen müssen". Mögliche Deutungen: Schulden machen und darauf hoffen, dass das Land dafür aufkommt. Onnertz wiederum warb dafür, "bedarfsgerecht" vorzugehen und "alternative Betreuungsangebote auch innerhalb von Familien" zu schaffen, "denn es macht in einem Flächenlandkreis keinen Sinn, Hunderte Krippenplätze für viel Geld vorzuhalten, falls die Eltern ihre Kinder nicht dort hinbringen können". Komplett unterschiedliche Meinungen jedoch beim Thema "Abi in acht Jahren bei gleichzeitig verpflichtender Ganztagsschule": Schnieder betonte nochmals seine ablehnende Haltung zu diesem für das TMG in Daun angedachte Modell. Beim Thema Schule weit auseinander

 Hans Nieder (55), Birresborn: „Ein Austausch auf Augenhöhe und eine Veranstaltung, die unserer Demokratie gut getan hat.“ Text & Fotos: Hübner

Hans Nieder (55), Birresborn: „Ein Austausch auf Augenhöhe und eine Veranstaltung, die unserer Demokratie gut getan hat.“ Text & Fotos: Hübner

 Gitta Weber (37/CDU) aus Gönnersdorf: „Eine solche Veranstaltung ist super. Und für mich war eindeutig: Gordon Schnieder war klar besser.“

Gitta Weber (37/CDU) aus Gönnersdorf: „Eine solche Veranstaltung ist super. Und für mich war eindeutig: Gordon Schnieder war klar besser.“

 Renate Schmitz (57), Oberelz: „Die Veranstaltung war sehr gut, weil sich beide gut verkauft haben, es fair blieb, und die Moderatoren gut waren.“

Renate Schmitz (57), Oberelz: „Die Veranstaltung war sehr gut, weil sich beide gut verkauft haben, es fair blieb, und die Moderatoren gut waren.“

"Mit mir wird es das nicht geben", sagte er. Denn seiner Ansicht nach wird das dazu führen, dass letztlich eines der beiden Gymnasien untergehen wird.Der Landrat wiederum bedauerte, dass die CDU (die die Mehrheit im Kreistag stellt) kurz nach Beginn der Sondierungsgespräche nun bereits klar Nein zu diesem Modell sagt. Er meinte: "Wieso nicht erst einmal in Ruhe überlegen? Es ist nun einmal so, dass unsere Schüler im internationalen Vergleich zu lange lernen. Und in Daun hätte dieses Modell funktioniert. Wir vertun da eine riesige Chance." Seine Chance genutzt hat Herausforderer Schnieder. Er präsentierte sich zumeist ein Stück präsenter, wenn es sein musste bestimmter, durchweg gefasster und mitunter auch schlagfertiger als der Amtsinhaber. Tosender Beifall für den Herausforderer am Ende, als sich der Amtsinhaber ungewohnt unsouverän, ja beinahe in Kanzler-Schröder-Manier, zu der Frage hinreißen ließ: "Glauben Sie tatsächlich, mit Ihrer Erfahrung und Ausbildung eine Verwaltung führen zu können?" Knappe Antwort des 31-jährigen Herausforderers: "Dafür bin ich angetreten." Meinung Weiter an Statur gewonnen Das sehr gut besuchte Kandidatenforum des TV zur Landratswahl im Vulkaneifelkreis war eine überaus gelungene Veranstaltung, die mehrere Ergebnisse zutage gefördert hat: Erstens: Die Resonanz lässt die berechtigte Hoffnung zu, dass Kommunalpolitik doch noch "in" und eine akzeptable Wahlbeteiligung möglich ist. Zweitens: Die CDU hat bewiesen, dass sie es ernst meint mit der Rückeroberung des Chefsessels der Kreisverwaltung und sie dafür mobilisieren kann. Und just der Grad der Mobilisierung dürfte ein maßgeblicher Faktor für den Wahlausgang werden. Drittens: Der junge CDU-Herausforderer Gordon Schnieder (31) hat durch seinen geglückten Auftritt beim TV-Forum weiter an Statur gewonnen. Selbst wenn er am Sonntag verliert, wird er in acht Jahren (da Onnertz dann nicht mehr antreten darf) Top-Favorit auf den Landratsposten sein - falls es diesen dann noch gibt. Was Schnieder geleistet hat: Die Partei steht geschlossen hinter ihm, und er hat die anfangs immens große Spanne zwischen sich und dem Amtsinhaber schrumpfen lassen. Wer hätte das noch vor zwei, drei Monaten gedacht? Wohl auch der Amtsinhaber nicht. Denn einen so wenig souveränen Auftritt wie am Montag ist man von Heinz Onnertz nicht gewohnt. m.huebner@volksfreund.de

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