Staatsanwalt schaltet auf stur

Weil sie Beihilfe zur Untreue geleistet haben sollen, müssen sich seit gestern zwei Ex-Abteilungsleiter der Verbandsgemeindeverwaltung Gerolstein vor dem Trierer Landgericht verantworten. In einem ersten Prozess waren die beiden ehemaligen Beamten freigesprochen worden. Dagegen hatte die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt.

Trier. Staatsanwalt Wolfgang Bohnen lässt sich nicht erweichen. Auch nach sechsstündiger Verhandlung vor der Zweiten Kleinen Strafkammer des Trierer Landgerichts schüttelt der Jurist den Kopf, als der Vorsitzende Richter Peter Egnolff zum zweiten Mal vorschlägt, das Verfahren gegen die beiden angeklagten Ex-Abteilungsleiter gegen eine Geldauflage einzustellen. Das wäre - wie schon in der Dauner Vorgängerinstanz - abermals ein Freispruch, wenn auch diesmal zweiter Klasse.Doch der Staatsanwalt schaltet auf stur. "Ich lasse die Sache auf mich wirken", meint er zum Abschluss des ersten Prozesstags, "wir haben ja jetzt ein paar Tage Zeit."Der Sachverhalt, über den das dreiköpfige Schöffengericht zu entscheiden hat, liegt bereits sieben Jahre zurück. Und wahrscheinlich hätte sich mit dem Delikt auch nie ein Gericht befassen müssen, hätte es in der Verbandsgemeinde Gerolstein nicht Anfang 2002 einen Machtwechsel gegeben. Damals löste Matthias Pauly den langjährigen Bürgermeister Adolf Rodermann ab und stieß wenig später - dank zweier aufmerksamer Mitarbeiter - auf einen mutmaßlichen Gesetzesverstoß.Um zwei alte Abteilungsleiter vor Erreichen der Pensionsgrenze los zu werden und die Abteilungen zusammen legen zu können, hatte Rodermann den beiden jahrzehntelang in der Behörde tätigen Beamten den Abgang, genauer gesagt die Altersteilzeit, versüßt - mit einem "goldenen Handschlag", wie es gestern der Vorsitzende Richter Peter Egnolff nennt. Der eine Beamte bekam seine im Laufe der Zeit angesammelten Überstunden vergütet (insgesamt rund 30 000 Mark), der andere erhielt für seinen Zusatzjob als Volkshochschul-Geschäftsführer plötzlich gut 1500 Mark monatlich statt zuvor 250 (insgesamt 16 000 Mark)."Ich habe Riesenfehler gemacht"

Das alles war nicht rechtmäßig, kompensierte für die beiden Beamten aber deren Mindereinnahmen durch die Altersteilzeit. Unter dem neuen Bürgermeister Pauly, wie gesagt, flog der Schwindel auf, von dem angeblich niemand wusste, dass es einer war. Justitia bekam erst Wind von der Sache, als sich einer der beiden pensionierten Beamten vor dem Verwaltungsgericht vergeblich gegen die von Pauly verlangte Rückzahlung der Gelder wehrte. Da war es plötzlich ein Fall für den Staatsanwalt. Die Ermittlungsbehörde machte schließlich den ehemaligen VG-Chef Adolf Rodermann als Hauptverantwortlichen aus. Der heute 68-Jährige zahlte auch artig den Strafbefehl über 9000 Euro. "Ich habe damals unwissentlich einen Riesenfehler gemacht", sagt Rodermann am Mittwoch vor Gericht. "Das ganze Verfahren ist verbockt, dafür stehe ich gerade."Seine beiden ehemaligen Untergebenen, die ebenfalls einen Strafbefehl über jeweils 4500 Euro erhielten, kämpfen dagegen weiter für einen Freispruch. "Wir gingen davon aus, dass alles rechtmäßig ist", so die Argumentation der heute 66 und 69 Jahre alten Pensionäre. Das Berufungsverfahren gegen sie wird nächsten Mittwoch fortgesetzt. Wahrscheinlich ist, dass dann auch der gestern noch unwillige Staatsanwalt der Einstellung des Verfahrens zustimmen wird - gegen eine Geldauflage, die die beiden Ex-Abteilungsleiter an eine gemeinnützige Organisation zahlen müssen.

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