Tür-Öffner ins Berufsleben

Von chancenlosen Hauptschülern kann in Hillesheim keine Rede sein: Das neue Konzept "Klasse im Projekt" ist im Landkreis Vulkaneifel bisher einmalig.

 Rouben Klar (links) steht vor einem sogenannten Wechselrichter, der aus Solarenergie Strom macht, und Dimitri Moiseenko (Mitte) schaut auf dem Messgerät nach, wie viel Volumen vom Dach kommt. Rainer Schmitz, Juniorchef Schmitz-Haustechnik, schaut den beiden Neuntklässler der Hauptschule, die ab dieser Woche bis Schuljahresende jeden Mittwoch zu ihm ins Praktikum kommen, über die Schultern. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Rouben Klar (links) steht vor einem sogenannten Wechselrichter, der aus Solarenergie Strom macht, und Dimitri Moiseenko (Mitte) schaut auf dem Messgerät nach, wie viel Volumen vom Dach kommt. Rainer Schmitz, Juniorchef Schmitz-Haustechnik, schaut den beiden Neuntklässler der Hauptschule, die ab dieser Woche bis Schuljahresende jeden Mittwoch zu ihm ins Praktikum kommen, über die Schultern. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Hillesheim. Ab 24. Oktober gehen alle Neuntklässler bis Schuljahresende jeden Mittwoch zum Praktikum in Betriebe. Den Unterrichtsausfall holen sie an drei Nachmittagen nach. Damit soll die Vermittlungsquote in der Ausbildung drastisch erhöht werden.Die 40 Neuntklässler sind voller Vorfreude nach den Herbstferien in die Schule zurückgekehrt. Am Mittwoch absolvieren sie ihren ersten Tag im neuen Konzept "Klasse im Projekt". Pascal Heinrichs geht zu MAN nach Gerolstein. Er sagt: "KFZ-Mechatroniker ist mein absoluter Traumberuf. Ich freue mich sehr. War in den Herbstferien schon freiwillig da."Schaffe ich es, den ganzen Tag zu stehen?

Elena Schewtschenko macht "was in Richtung Kosmetik", um ihre Chancen auf einen Ausbildungsplatz auszubauen. Auch Mandy Peschen setzt auf die Kosmetikbranche. Sie meint: "Während des langen Praktikums lerne ich den Berufsalltag besser kennen und kann sehen, ob ich es beispielsweise schaffe, den ganzen Tag zu stehen." Denise Koenen, die in einem Hillesheimer Frisörsalon ihr Praktikum absolviert, ist noch unsicher: "Ich habe ein bisschen Angst, ob es wirklich passt. Aber ich darf ja einmal wechseln. Dann würde ich gerne zur Raumausstatterin gehen." Schulleiterin Monika Buhr-Schenk relativiert: "Ein Wechsel ist generell nicht vorgesehen. Allerdings ist es nicht sinnvoll, auf Biegen und Brechen ein Praktikum durchzuziehen." An eine mögliche Änderung ihrer Praktikastellen denken die wenigsten Schüler. Judith Kloep will Heim- und Pensionstierpflegerin werden. Sie sagt: "Das Praktikum im achten Schuljahr im Hillesheimer Haus der Hunde hat mir gut gefallen. Da gehe ich jetzt auch hin." Auf ihr Betriebspraktikum des vorigen Schuljahres bauen auch Tobias Reichart (Baumarkt Praktika) und Sascha Engel (BMW Schaal) auf. Engels Eltern engagieren sich. Sie fahren ihren Sohn täglich von Hillesheim nach Schönecken. Schulleiterin Buhr-Schenk: "Die Elternschaft steht enorm hinter dem Projekt. Ebenso wie die Unternehmen, denen unser großer Dank gilt." Es wurden sogar mehr Stellen gemeldet, als gebraucht wurden. Einige Betriebe nehmen gar zwei Neuntklässler. Wie Schmitz-Haustechnik in Bolsdorf. Juniorchef Rainer Schmitz sagt: "Das Projekt ist absolut begrüßenswert, weil die Schüler über einen längeren Zeitraum ihren Mann stehen müssen." An den Praktikumstagen werden Rouben Klar und Dimitri Moiseenko mit auf die Baustellen fahren, um die Arbeit eines Sanitär-, Heizungs- und Klima-Anlagemechanikers hautnah erleben zu können. Schmitz sieht das Praktikumsprojekt als "Türöffner für eine Ausbildungsstelle", schränkt aber ein: "Es ist kein Freifahrtschein. Die Einstellungstests müssen sie ebenso wie alle anderen Bewerber absolvieren." Damit die Neuntklässler nichts vom Lehrstoff verpassen, wird der Unterrichtsausfall vom Mittwoch an den drei Nachmittagen (Montag, Dienstag und Donnerstag) nachgeholt. So unterscheidet sich das Projekt von den sogenannten Arbeitsweltklassen, die etwa in Trier angeboten werden. Da ist nämlich der Lehrstoff reduziert worden. In Hillesheim wird der Lehrplan voll erfüllt. Schulleiterin Buhr-Schenk: "Das gesamte Kollegium steht hinter dem Projekt, und die Schulaufsicht hat sofort ihr Okay gegeben." Erst im März waren Gespräche über "Klasse im Projekt" an der Hillesheimer Hauptschule geführt worden. Buhr-Schenk: "Auch die Hillesheimer Verwaltung und die Kreisverwaltung unterstützen uns enorm." So musste eine neue Buslinie eingerichtet werden, damit die Schüler am Nachmittag nach Hause kommen. Die Hillesheimer Hauptschule lehnt sich bei ihrem Konzept an die Erfolge der regionalen Schule Bleialf an, die bereits das vierte Jahr starten und mittlerweile eine fast 100-prozentige Vermittlungsquote haben. In Hillesheim gingen im vergangenen Jahr sieben von 31 und in den Jahren zuvor meist nur fünf von 40 Schülern nach dem Hauptschulabschluss in Ausbildung.

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