"Wenn die erste Kugel gelingt, dann läuft es"

Gerolstein/Düsseldorf · In Düsseldorf beginnen heute die neunten nationalen Spiele für Menschen mit geistiger Behinderung - die Special Olympics. 4800 Athleten aus Deutschland treten in 18 Sportarten an. Mit dabei sind acht Boccia-Spieler aus der Eifel, die sich in monatelangem Training vorbereitet haben und dem Groß event entgegenfiebern.

 Das Team der Westeifel Werke hat lange und intensiv trainiert und ist daher gut vorbereitet auf die Special Olympics in Düsseldorf. Die Sportart Boccia boomt, denn sie kann von Menschen jeden Alters und mit fast jeder Behinderung ausgeübt werden. Foto: Hermann Dahm, WEW

Das Team der Westeifel Werke hat lange und intensiv trainiert und ist daher gut vorbereitet auf die Special Olympics in Düsseldorf. Die Sportart Boccia boomt, denn sie kann von Menschen jeden Alters und mit fast jeder Behinderung ausgeübt werden. Foto: Hermann Dahm, WEW

Gerolstein/Düsseldorf. Sie haben Goldmedaillen gewonnen in Amerika, Griechenland, Irland und Japan. Sie haben an außergewöhnlichen und technisch schwierigen Sportarten teilgenommen wie Kajak, Floorhockey und Golf. Die Sportler der Westeifel Werke (WEW) in Gerolstein. Jetzt werden acht Neulinge zu den Boccia-Wettbewerben nach Düsseldorf entsandt.
Mehrere Leistungsklassen


Boccia? Das soll spannend sein? Erstens: Ist es! Und zweitens geht es bei den Spielen und in den WEW nicht um Spitzensport, sondern um die gesellschaftliche Integration behinderter Menschen. "Sportliche Wettkämpfe sind bei unseren Mitarbeitern sehr gefragt", sagt Ferdinand Niesen, WEW-Geschäftsführer. "Dabei geht es uns in erster Linie jedoch nicht nur darum, die leistungsstarken Sportler alleine zu unterstützen, sondern wir möchten besonders den Menschen mit sehr starken Behinderungen Erfolgserlebnisse ermöglichen."
Und damit trifft er exakt den Sinn von Special Olympics. Anders als bei den olympischen Spielen für Nichtbehinderte oder den Paralympics für Körperbehinderte geht es bei Special Olympics nicht um Meisterschaften und Leistungssport, sondern um olympische Erfolge. Durch die Einteilung in unterschiedliche Leistungsgruppen wird dabei die Schwere der Behinderung berücksichtigt.
Boccia ist nach Ansicht von Niesen ein besonders geeigneter Sport, um diese Vision umzusetzen. Die Sportart hat leichte Regeln, kann ohne größere Probleme auch von Menschen mit einem höheren Handicap und in fast jedem Alter gespielt werden. Langeweile kommt da nicht auf, zumal die Anspannung der WEW-Sportler von Tag zu Tag gestiegen ist.
Bestimmt nervös


So sagt Sascha Lautwein aus Fließem: "Im Training ist das ja noch einfach, aber wenn die anderen erst mal gegen mich spielen, dann ... dann werde ich nervös." Daher legt er seine ganze Hoffnung in die erste Kugel, denn "wenn die gelingt, dann läufts".
Auch bei anderen Teilnehmern sind die Spielfreude und der Ehrgeiz unübersehbar. Mareike Meis aus Niederstadtfeld beschreibt das kurz und bündig mit einem "Bauchgrummeln", das sich seit einiger Zeit bei ihr eingestellt hat, und Timo Weiers aus Neuerburg lobt die Sportart in höchsten Tönen: "Boccia tut mir richtig gut. Ich kann mich besser konzentrieren und bin auch viel ruhiger als sonst." In Düsseldorf treten bei den Boccia-Wettbewerben 203 Teilnehmer auf zehn Bahnen an.
Neben den Wettkämpfen ermöglichen die Spiele in einer lockeren Atmosphäre Begegnungen, die Menschen mit und ohne Behinderung näherbringen.
Extra

Die Special Olympics National Games Düsseldorf in Zahlen: 4800 Athletinnen und Athleten mit geistiger Behinderung, 1700 Trainer und Betreuer, 2000 freiwillige Helfer, 500 Kampf- und Schiedsrichter, 4000 Teilnehmer an wettbewerbsfreien Angeboten, rund 1000 Familienangehörige; insgesamt 14 000 Teilnehmer. redExtra

Special Olympics International ist die weltweit größte Sportbewegung für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung und vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) offiziell anerkannt. Damit dürfen die Wettbewerbe weltweit den Titel "Olympics" tragen. Gegründet wurde die Organisation 1968 von Eunice Kennedy-Shriver, einer Schwester von John F. Kennedy. Heute ist Special Olympics mit nahezu vier Millionen Athletinnen und Athleten in 170 Ländern vertreten. In Deutschland gehören mehr als 40 000 Sportler zu Special Olympics. Sie trainieren regelmäßig in 861 Mitgliedsorganisationen. Schirmherrin der aktuellen nationalen Spiele ist Daniela Schadt, Lebensgefährtin von Bundespräsident Joachim Gauck. red

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