Wissen, Wollen, Wagemut

Beispielhaft: Besondere Sprachförderung und Schulvorbereitung werden im Kindergarten Pelm seit Jahren groß geschrieben. In diesem Jahr wird das Engagement mit knapp 13 000 Euro aus dem Landesprogramm "Zukunftschance Kinder - Bildung von Anfang an" gefördert. Insgesamt fließen für derartige Fördermaßnahmen knapp 100 000 Euro in den Landkreis.

Pelm/Daun. Der Weg zum Waldcamp des Kindergartens Pelm an den Mühlsteinhöhlen im benachbarten Hohenfels-Essingen ist nicht so leicht zu erreichen: Eine Barriere aus Stöcken versperrt den Zugang und macht einen kleinen Umweg erforderlich. Und darauf ist besonders Justin Geister (6) stolz. Er berichtet: "Die Sperre habe ich mit meinen Freunden gebaut. Da haben wir zusammen ganz viele große Stöcke aus dem Wald geholt." Eine Leistung, die der Knirps wohl kaum alleine geschafft hätte. "Genau diese Sozial-Erfahrung, dass man gemeinsam ziemlich stark sein kann, ist es, die wir fördern wollen", sagt Erzieherin und Lager-Leiterin Dorothe Gores. Und die Kinder haben viel Spaß dabei. So wie Max Wulff (6) und Jan Böffgen (7), die gerade eine riesige Baumwurzel erkundet und als prima Versteck ausgemacht haben. Oder aber bei der Zubereitung des Essens, an der die Kinder abwechselnd beteiligt sind - und somit Verantwortung für die gesamte Gruppe übernehmen. Auf Gemeinsamkeit wird großen Wert gelegt

Weshalb so viel Wert auf Gemeinsamkeit gelegt wird, macht Erzieherin Gores deutlich: "Das ist die Basis dafür, um im Team lernen oder in einer Gruppe arbeiten zu können - also eine Schlüsselqualifikation." Für die Schule, das spätere Arbeitsleben und: das Leben. Doch sie sagt auch: "Über die Bildung darf die soziale Komponente nicht vernachlässigt werden. Beides gehört untrennbar zusammen." Eine Forderung, die angesichts der Fokussierung auf Pisa, Vera und alle weiteren schulischen Vergleichstests sich in Deutschland nur schwer Gehör zu verschaffen vermag. Im Kindergarten Pelm jedoch scheint es diese Gleichberechtigung von Bildung und sozialer Kompetenz zu geben. So ist nach Angaben der Kindergarten-Leiterin Maximiliane Niederprüm seit sechs Jahren ein umfangreiches Konzept in Zusammenarbeit mit der Grundschule (in der Regionalen Schule) Gerolstein entstanden, das die Bereiche Fremdsprache, Motopädagogik (ganzheitliche Wahrnehmungsförderung), Mathematik, Natur- und Sachbegegnungen sowie "Wuppi", das gemeinsame Reimen, Sprechen und Lauschen, umfasst. Leiterin Niederprüm sagt: "Hier werden entscheidende Grundsteine gelegt, auf die die Schule aufbaut." Darüber hinaus herrscht mit der Schule ein reger Austausch, der sich durch gegenseitige Besuche und Veranstaltungen wie dem gemeinsamen Sport- und Spielefest, aber auch gemeinsame Elternabende, Konferenzen und Fortbildungen sowie die Verzahnung der Lerninhalte manifestiert. Ohne Angst zum ersten Schultag

"Wenn die Schule Wert darauf legt, dass die Kinder die Schuhe binden können sollen, dann üben wir das verstärkt", nennt Erzieherin Gores eines von vielen Beispielen und sagt: "Ich bin komplett davon überzeugt, dass unsere Kinder frei von Ängsten zur Schule gehen." Schließlich kennen sie ihre künftige Schule und Klasse und auch ihre künftige Lehrerin persönlich. "Da ist bereits viel Vertrauen aufgebaut worden", berichtet Gores.Bei der Waldwoche, die den Abschluss und Höhepunkt der angehenden Schulkinder von der Kindergartenzeit bildet, soll "mit allen Sinnen" gelernt und die "Natur kennen gelernt" werden, wie die beiden Erzieherinnen Ottilie Nowatschin und Leonie Faber berichten. Sagen's und werden just in dem Moment von einen Kind mit einer sensationellen Neuigkeit überrascht: "Schau mal, da spritzt Saft aus dem Holz, wenn ich mit dem Hammer reinhaue." Hintergrund Im Kindergartenjahr 2006/2007 sind durch das Landesprojekt "Zukunftschance Kinder - Bildung von Anfang an" rund 98000 Euro in den Landkreis Vulkaneifel geflossen. Unterstützt werden zum einen Sprachfördermaßnahmen: Die Basisförderung (eine Lehrkraft erteilt einer Gruppe von fünf bis zehn Kindern wöchentlich zwei Stunden Unterricht) beträgt 2050 Euro, die Intensivförderung (eine Lehrkraft erteilt einer Gruppe von vier bis sechs Kindern wöchentlich vier Stunden Unterricht) 4050 Euro. Zum anderen werden die so genannten "Maßnahmen des Übergangs" mit bis zu 2000 Euro gefördert. Für Angelika Heber, kommunale Fachkraft für Kindertagesstätten und Kindertagespflege bei der Kreisverwaltung, ist klar: "Kinder ohne hinreichend entwickelte Sprachkompetenz, insbesondere mit Migrationshintergrund, sind in besonderer Weise von Bildungsbenachteiligungen betroffen. Gezielte Förderung können für sie einen Schlüssel für gesellschaftliche Teilhabe sowie eine positiv verlaufende Bildungsbiografie darstellen." Daher werde sich bemüht, die Angebote flächendeckend im Kreis bereitzustellen. Laut gesetzlicher Vorschrift haben die Sprachfördermaßnahmen Vorrang vor den Übergangsmaßnahmen. Künftig soll laut Heber durch eine gezielte und einheitliche Untersuchung in sämtlichen Einrichtungen des Kreises festgestellt werden, wie der Sprachkompetenz bei den Kindern im letzten Kindergartenjahr ist. (mh)

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