Wohnungen, wo in Gerolstein einst Draht gebogen wurde

Gerolstein · Noch in diesem Jahr soll ein Konzept für die künftige Nutzung des Areals der Drahtwarenfabrik beschlossen werden. Ideen gibt es schon.

 Die ehemalige Drahtwarenfabrik in Gerolstein soll einem neuen Wohnquartier weichen. TV-Foto: Mario Hübner

Die ehemalige Drahtwarenfabrik in Gerolstein soll einem neuen Wohnquartier weichen. TV-Foto: Mario Hübner

Foto: Mario Hübner (mh) ("TV-Upload H?bner"

Gerolstein Stück für Stück zu mehr Klarheit: Nachdem der Bauausschuss der Stadt Gerolstein kürzlich beschlossen hat, dass sämtliche Gebäude der Industriebrache Drahtwarenfabrik Oos abgerissen werden (der TV berichtete), kündigt Gerolsteins Stadtbürgermeister Friedhelm Bongartz (CDU) nun den nächsten Schritt an: "Wir beauftragen zeitnah ein Fachbüro, entsprechend unseren Wünschen einen Plan für das Areal zu erstellen, den wir dann noch dieses Jahr beschließen wollen."

Das ist letztlich auch das Ergebnis eines Treffens von Vertretern der Stadt und der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord. Denn die entscheidet als zuständige Mittelbehörde maßgeblich darüber, wieviel Landeszuschuss Gerolstein für das ambitionierte Projekt erhält. Bongartz sagt: "Das Konzept ist Basis für die Bezuschussung. Und ohne diese geht es nicht."

Vermutlich fließt Fördergeld aus mehreren Töpfen, da auch die Umwandlung der Industriebrache ein mehrschichtiges Projekt ist. Zum einen ist geplant, den Peschenbach, der durch das Areal und teilweise unter den Gebäuden hindurchfließt, zu renaturieren. Das soll im Rahmen der Aktion Blau Plus des Landes geschehen, bei dem 90 Prozent Förderung in Aussicht stehen. Bislang ist das Peschenbach-Vorhaben mit 550 000 Euro veranschlagt - und bereits beim Ministerium angemeldet.

Zum anderen bemüht sich die Stadt auch, für die Konversion der restlichen Fläche in dem etwa 7500 Quadratmeter großen Areal möglichst viel Zuschuss zu bekommen. Denn die Palette der Aufgaben ist groß: Die Gebäude sollen abgerissen und der Schutt fachgerecht entsorgt werden. Zudem muss der Boden erneut untersucht und vermutlich teilweise entsorgt und ausgetauscht werden. Denn frühere Gutachten haben gezeigt, dass der Grund in Teilen durch die industrielle Nutzung kontaminiert ist. Und letztlich soll das Areal neu erschlossen werden. "Alleine ist das nicht zu stemmen", sagt Bongartz. Zwar solle sich um die künftige Bebauung nicht die Stadt selbst, sondern ein Investor kümmern (Bongartz: "Ich habe bereits mehrere an der Hand."), aber dennoch muss die Kommune Vorleistungen erbringen. Denn das Interesse der Privaten beschränkt sich nach Auskunft des Stadtbürgermeisters darauf, eine vorbereitete Fläche umzugestalten - also ohne marode Gebäude und kontaminierten Boden.

Die Stadtoberen haben bereits eine Vorstellung, wie das innenstadtnahe Areal künftig genutzt werden soll: Es sollen Wohnungen mit und ohne Betreuungsangebot entstehen. Also einerseits für Senioren, andererseits für Singles, Soldaten, Familien. "Wir wollen dort das Zusammenleben von Jung und Alt ermöglichen." Zudem vorstellbar: kleineres Gewerbe wie ein Laden und Gastronomie. Schließlich liege das Areal inmitten von Wohngebieten. Eine gewerbliche oder gar industrielle Nutzung sei da nicht angebracht.

Mit den Abrissarbeiten ist aber "nicht vor 2018" zu rechnen. "Zunächst muss die Finanzierung sichergestellt sein, dann können wir uns an die Arbeiten machen", sagt Bongartz. Auch für das weitere Vorgehen hat er bereits seine Vorstellungen. "Wegen der Baufälligkeit einzelner Gebäudeteile müssen wir erst abreißen lassen, bevor wir an den bebauten Stellen Bodenproben ziehen, indem durch den Betonboden gebohrt wird. Die Sicherheit geht vor." Und deswegen sei das Thema Bodenuntersuchungen, das in den städtischen Gremien bereits zu Jahresbeginn behandelt worden war, "ein wenig zurückgestellt" worden.

"Wir ziehen das alles in einem durch", begründet Bongartz, "denn es macht keinen Sinn, bereits jetzt auf der Freifläche Löcher in die Erde zu bohren, in die dann Wasser läuft und die Schadstoffe noch tiefer sickern lässt. Und erst nach dem Abriss wird dann der Boden unter den Gebäuden untersucht".Extra: DAS SAGT DIE DENKMALPFLEGE


Die Drahtwarenfabrik wurde 2007 auf ihre Denkmaleigenschaft untersucht. Das Ergebnis: "Aufgrund vielfacher Veränderungen und dem weitgehenden Fehlen von technischer Ausstattung wird die Fabrik vom Landesamt für Denkmalpflege nicht als Kulturdenkmal eingestuft." Ausnahme: die "Direktorenvilla" in der Lindenstraße 43a. Aber deren Abriss steht auch nicht zur Debatte. Zwar hält die Denkmalpflege die Fabrik für "ein ortsbildprägendes Gebäude mit erheblichem stadtgeschichtlichem Bezug", letztlich hat sie aber nichts gegen einen Abriss einzuwenden. Dennoch hält sie es für eine gute Idee, die Erinnerung an die erste Fabrik in Gerolstein auf irgendeine Art, womöglich künstlerisch, wachzuhalten.

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