Gemeinsame Verantwortung

Kürzlich war ich in Wittenberg. Ich habe die Schlosskirche besucht und stand auch vor der Tür, an die Martin Luther am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen angeschlagen haben soll. Die Historiker sind sich nicht sicher, ob er sein Positionspapier wirklich am Kirchenportal ausgehängt hat, auf jeden Fall hat er es an diesem Tag an die Bischöfe von Magdeburg und Brandenburg und an einige gelehrte Freunde geschickt.Mit klaren Worten prangert er kirchliche Missstände an, insbesondere kritisiert er den Missbrauch bei der Gewährung von Ablässen.

Die evangelischen Christen erinnern sich heute an dieses Ereignis und feiern ihr Reformationsfest.

Martin Luther suchte damals das Gespräch, nicht den Streit. Es ging ihm um eine Erneuerung der Kirche. Ganz unterschiedliche Umstände haben dazu geführt, dass die theologische Auseinandersetzung eskalierte und zur Spaltung der Kirche führte. Statt der angestrebten Reform kam die Reformation.

Immer wieder ist danach die Frage gestellt worden, ob dieser Bruch nicht hätte vermieden werden können. Warum hat es die Kirche nicht geschafft, ehrlich ihre eigene Situation anzuschauen? Warum hat es am Mut gefehlt, notwendige Schritte einzuleiten?

Dieser Gedenktag sollte die Christen aller Konfessionen darin erinnern, dass die Kirche immer wieder der Erneuerung bedarf. Dabei geht es nicht um Äußerlichkeiten. Gerade der Blick auf unsere evangelischen Schwestern und Brüder zeigt uns ja, dass eine Kirche, die auf Papst und Zölibat verzichtet und dafür Pfarrerinnen und sogar Bischöfinnen vorweisen kann, nicht allein deswegen schon vor Lebendigkeit strotzt und mit dem Zustrom der Menschen rechnen kann.

Der Reformationstag ist ein Anruf an alle Christen, immer wieder ganz bewusst auf Jesus Christus zu schauen, Maß zu nehmen am Evangelium und durch das eigene Leben den persönlichen Glauben zu bezeugen.

Klaus Bender ist Dechant

in Kyllburg

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