Punkte für die Fledermaus

In unserem Bekanntenkreis herrscht große Einigkeit: Kein Tier ist derzeit unbeliebter als diese allgegenwärtige, fast alles fressende und schleimige Rote Wegschnecke. Walburga ekelt sich zu Recht und fragt: "Warum nur und wozu ist diese unnötige Kreatur auf der Welt?

Was hat sich der Schöpfer wohl dabei gedacht?" Doch der schweigende Schöpfer hat der Menschheit - zum Ausgleich sozusagen - die Fledermaus geschickt. Dieses bisher auch nicht gerade als Sympathieträger bekannte Tierchen hat in jüngster Zeit einen gewaltigen Sprung aufwärts in der Beliebtheitsskala gemacht. Schauen wir ostwärts. In Dresden beispielsweise steht man kurz vor der Enthüllung eines Denkmals für die Kleine Hufeisennase. Ihr ist es möglicherweise gelungen, den Bau der "Waldschlösschen-Brücke" zu verhindern und so den Kulturerbe-Status Dresdens zu erhalten.Vor einiger Zeit wurden wir darüber hinaus durch unseren Ministerpräsidenten Kurt Beck informiert, dass es eine vom Aussterben bedrohte Mopsfledermaus gibt, und dass diese irgendwo der wirtschaftlichen Fortentwicklung entgegensteht. Dazu meint Walburga: "Herr Beck sieht selbst etwas mopsig aus."Kaum einem ist bekannt, dass vor ungefähr zehn Jahren der Abriss eines schönen alten Feuerwehrhauses in Schüller nur gestoppt wurde, weil dort der Aufenthalt einer geschützten Fledermausart nachgewiesen wurde. Die Verbandsgemeinde Obere Kyll war eben schon immer für ihre "mutigen Flugübungen" bekannt.In Hillesheim wäre der Blick auf die Reste der Hillesheimer Stadtmauer - bisher noch kein Weltkulturerbe - möglicherweise aus allen Winkeln erhalten geblieben, wären von entsprechender Stelle rechtzeitig eine Handvoll der der seltenen Blutsauger eingeführt worden. Denn mit der Allzweckwaffe der Baukultur-Retter und Ausblick-Erhalter hätte die Satteldachkonstruktion auf der Grundschule sicher keine Chance gehabt. Und dem Weitblick der Anwohner wäre genüge getan. Wie erfolgreich Fledermäuse sein können, wird nicht zuletzt auch am Beispiel der historischen Altstadt in Gerolstein deutlich. Seit vielen Jahren kreisen dort die Abendsegler und Zwergfledermäuse und haben damit alle Bemühungen um eine Sanierung und Wiederbelebung unmöglich gemacht. Oder ist etwa die Rote Wegschnecke daran schuld? Sollte das dort massenhaft auftretende, langsam schleichende Tierchen möglicherweise den Löwen auf dem Gerolsteiner Wappen ersetzen?Das fragt sich wirklich ganz ernsthaft

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