Ältere bereichern das Dorf

Dass Menschen künftig immer älter werden, wird gesellschaftlich meist als Problem begriffen. Auf der Regionaltagung zur nachhaltigen Entwicklung unter dem Motto "Die Alten im Dorf lassen" dominierten die positiven Ansätze.

 Selten gab es so viele Besucher bei der Regionaltagung wie beim Thema „Die Alten im Dorf lassen“. TV-Foto: Ilse Rosenschild

Selten gab es so viele Besucher bei der Regionaltagung wie beim Thema „Die Alten im Dorf lassen“. TV-Foto: Ilse Rosenschild

Erbeskopf. 140 Gäste nahmen an der Regionaltagung zur nachhaltigen Entwicklung zum Thema "Die Alten im Dorf lassen" teil. Von dem großen Zuspruch war Organisator Peter Heil von der Landeszentrale für Umweltaufklärung überrascht. Neben seiner Organisation hatten das Hunsrückhaus und das Regionalmanagement Hochwald eingeladen. Die große Nachfrage zeigt nach Auffassung von Heil, dass das Thema in den Köpfen der Menschen angekommen ist. Heil: "Und das ist die beste Voraussetzung, um zu konstruktiven Lösungen zu kommen." Die Teilnehmer kamen mit den unterschiedlichsten Erwartungen. Karl Butterbroth aus Schwollen suchte ganz konkret nach alternativen Wohnprojekten in der Region Trier. Zahlreiche Ortsbürgermeister aus der Region wie Dietmar Jäger aus Heidenburg holten sich Anregungen für Aktivitäten im eigenen Dorf. Heike Daleiden aus Kordel war mit dabei, weil sie es nicht hinnehmen will, dass in vielen Dörfern nichts mehr los ist. Noch krasser sagte ihre Mutter Wilma Schmidt, Seniorin aus Bäsch, die vom Alltagsleben in früheren Zeiten erzählte. Sie berichtete detailliert, wie ältere Menschen die Gemeinschaft bereicherten. Ihr Fazit: "Unsere Generation hat Krieg und Not überlebt, doch der Wohlstand bringt unseren Dörfern den Tod."Damit ihre Prognose nicht eintrifft, gibt es inzwischen eine Fülle von Initiativen, Projekten und Modellversuchen. Einige von ihnen stellten sich im Hunsrückhaus vor. Zum Beispiel die "Dienstleistungsagenturen Bündnis Bürger für Bürger" aus dem saarländischen Tholey. Dort stellen ehrenamtliche "Best-Ager", also rüstige Senioren, und andere Menschen ihre Fähigkeiten und Talente in den Dienst der Allgemeinheit. Die Überzeugung von Dorothée Pirrung, die gleich vier derartige Projekte fachlich begleitet: "Wir müssen eine Ehrenamtskultur aufbauen." Einen ähnlich positiven Ansatz wählt das Projekt "seniorenTrainer", über das Anita Wirtz von der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich referierte. In unterschiedlichsten Bereichen geben Senioren ihr Wissen und ihre Kompetenzen an Jüngere weiter: Die Ideen reichen von Seniorenzeitungen über Internet-Kurse bis hin zum Spielzeug-Doktor. Wirtz ist dabei ganz wichtig: "Ältere Menschen dürfen nicht als Risikofaktor begriffen werden, sondern sollten als Bereicherung geschätzt werden." Neben praktischen Beispielen wurde auch Theoretisches thematisiert. Gabi Frank-Mantowski vom Familienministerium in Mainz mahnte eine Ethik des Alters an. Wichtig sei es, dass ältere Menschen über ihren Alltag und ihre Lebensgestaltung selbst entscheiden können. Meinung Alter ist kein Schicksal Alter ist kein Schicksal. Das ist eine wichtige Botschaft der diesjährigen Regionaltagung zur nachhaltigen Entwicklung. Es ist schon beeindruckend zu sehen, wie groß die Bandbreite an Projekten und Ideen ist. Beeindruckend ist auch, wie viele Menschen bei diesem Thema längst unterwegs sind - ob sie ihr eigenes Alter selbst gestalten wollen oder ob sie als Kommunalpolitiker dem demografischen Wandel im eigenen Dorf besser begegnen wollen. In diesem Zusammenhang muss man tatsächlich statt der Schwierigkeiten auch die Chancen sehen, die in den vorgestellten Ansätzen stecken. Die angeregte Ethik des Alters ist ein Gedankengang, der selbstverständlich sein sollte. Aber wie oft werden, ob in der Familie oder in Institutionen, ältere Menschen bevormundet? Oft genug ist das sogar gut gemeint. Gut ist es dennoch nicht. i.rosenschild@volksfreund.de

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