Abschied ohne Wiederkehr

REINSFELD/SCHWEICH. (dis) Es ist nun endgültig: In diesem Jahr hat der Verein "Tschernobyl Kinderhilfe Reinsfeld" zum letzten Mal Besuch aus dem Osten. Knapp 40 Kinder weilen derzeit in der Region.

"Der Verein hat wieder ein ganzes Jahr gearbeitet, um den Besuch der Kinder für drei Wochen hier in Deutschland zu ermöglichen," sagt Christiane Rump aus Kasel. Ihre drei Schützlinge sind Pawel Kowaltschuk (20), Veronika Kowaltschuk (16) und Katja Sukonowa (12). Die anderen Kinder, sie sind zwischen acht und 21 Jahre alt, haben Gastfamilien in Reinsfeld, Kell, Pluwig und Föhren gefunden. Viele von ihnen sind bereits zum wiederholten Mal dort und kennen Land und Leute. Seit 13 Jahren ist Ulla Dupont aus Reinsfeld die Vorsitzende des Vereins: "Mit den Kindern haben wir in all den Jahren die besten Erfahrungen gemacht." Für sie war es eine Freude, mit den jungen Menschen, aber auch mit den Behörden und Sponsoren zu arbeiten. Bei mehr als 30 Grad im Schatten geht es diesmal von Schweich aus mit dem alten Postschiff "Telegraaf 4" auf die Mosel. An Bord sind die gut gelaunten Kinder aus Tschernobyl, die Organisatoren, Gastfamilien und Helfer. Rump schwärmt: "Diese Schifffahrt ist der absolute Höhepunkt aller Aktionen, die wir in den vergangenen Jahren für die Kinder organisierten." Am Abend geht es mit Kapitän Joachim Zimmermann - "Ohne seinen guten Willen wäre das nie möglich gewesen" (Rump) - bis nach Detzem und zurück. Vier Stunden auf der Mosel bei leichtem Fahrtwind geben Gelegenheit, einen Rückblick zu halten, zu reden und sich zu erinnern. Dabei sind auch die 21-jährige Olja Shilenko, sie wohnt bei Familie Geller-Kolz in Reinsfeld, und Tanja Kasper (18). Sie fühlt sich bei Familie Küster in Kell am See wohl. Beide kommen seit elf Jahren in den Hochwald. "Die Menschen sind hier so freundlich, offen und liebenswert", schwärmen die beiden jungen Frauen. Auch Pawel Kowaltschuk gefällt der Aufenthalt in Deutschland immer wieder. Seit 1998 kommt er regelmäßig zu Familie Rump nach Kasel. "Wenige Monate vor der Katastrophe im Jahr 1986 wurde Pawel geboren und erkrankte schon als kleines Kind an schwarzem Hautkrebs," erzählt Heinz Rump. Obwohl die Möglichkeiten in seiner Heimatstadt Brest nur sehr begrenzt seien, werde er seit 1993 intensiv behandelt. Rump erinnert sich an das erste Zusammentreffen: "Schüchtern, zaghaft und übermüdet stieg er nach einer 30-stündigen Anreise aus dem Bus und verbrachte mit einem anderen russischen Gastkind drei Wochen bei uns." Schnell habe er sich heimisch gefühlt und sich zusehends erholt. Etliche Ärzte bemühten sich kostenlos um die Gastkinder. Im Brüderkrankenhaus erfolgten radiologische Untersuchungen, speziell der Schilddrüse, die bei den meisten Gastkindern krankhaft verändert ist. Gegen 22 Uhr steigen nach schönen Stunden auf der Mosel glückliche Kinder und Jugendliche vom ehemaligen Postschiff. Die Stimmung ist bestens, und noch denkt niemand an die Heimreise am 31. Juli. In den nächsten Tagen berichtet der TV, warum es danach für die meisten Kinder keine Wiederkehr gibt und warum der Verein "Tschernobyl Kinderhilfe Reinsfeld" aufgelöst wird.

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