Ärztehaus für Zerf - alles auf Anfang?

Zerf · Der Kreis hält das Projekt der Gemeinde für zu teuer. Die will nun alles überdenken. Das könnte einen Investor zurück ins Spiel bringen.

Ärztehaus für Zerf - alles auf Anfang?
Foto: Rolf Vennenbernd (h_hochw )

Die medizinische Versorgung im 1600-Einwohner-Ort Zerf soll langfristig gesichert werden. Deshalb plant die Ortsgemeinde seit geraumer Zeit, ein Ärztehaus am Marktplatz zu bauen und die Praxen an Ärzte zu vermieten. Jetzt hat sie allerdings einen Dämpfer erhalten.

Die Probleme Wie Ortsbürgermeister Dieter Engelhardt (SPD) am Donnerstagabend im Gemeinderat mitteilte, hat die Kommunalaufsicht beim Kreis Trier-Saarburg Zweifel an dem Projekt. "Die 1,4 Millionen Euro Baukosten erscheinen als zu teuer", sagte der Ortschef. Der notwendige Kredit in Höhe von 900 000 Euro werde nicht genehmigt werden, kündige die Behörde an. Aufgrund dieser Stellungnahme wurde laut Engelhardt auch ein Antrag auf EU-Leadermittel von der Lokalen Aktionsgruppe Erbeskopf abgelehnt.
Nach wie vor sei eine Zerfer Bürgerin bereit, der Gemeinde 300 000 Euro zu schenken - unter der Bedingung, dass diese selbst ein Ärztehaus baut. Diese Summe könne eventuell aufgestockt werden.

Diskussion über Konsequenzen "Trotzdem müssen wir sehen, dass wir von den Kosten runterkommen", urteilte der Ortschef. Die Planung müsse überarbeitet werden. Wenn sich der Kreditbedarf reduziere, sehe "die Sache schon ganz anders aus". Bruno Thiel (CDU) bezweifelte, dass dies die Haltung der Aufsichtsbehörde ändern werde. Zudem sei "nach wie vor ein privater Investor im Spiel", der ein ähnliches Projekt verfolge. Es sei "unverständlich", warum die Gemeinde darauf nicht eingehe. Karl-Heinz-Marx (Gemeinsam für Zerf) erklärte, dass die Gemeinde "sich raushalten" müsse, wenn "ein Dritter" ein solches Projekt umsetzen wolle: "Dann hätten wir gar keine Kosten zu stemmen." Engelhardt entgegnete, dem Rat sei bislang nur ein Bauantrag des Privatmanns für 16 Wohnungen vorgelegt worden. Er plädierte dafür, dass sowohl Investor als auch Gemeinde ihre Pläne weiter verfolgen sollten.
Verbandsbürgermeister Martin Alten erinnerte an ein früheres Gespräch im Kreishaus. Das Kreiskrankenhaus in Saarburg war ursprünglich als Träger für die Einrichtung eines Medizinischen Versorgungszentrums in dem Ärztehaus vorgesehen. Durch das dort mögliche Angestelltenverhältnis wollte man jungen Medizinern die Arbeit auf dem Land schmackhafter machen. Der Kreis hat sich aber von der Idee verabschiedet. Beim Gespräch sei damals gefordert worden, dass sich der Neubau innerhalb von 20 Jahren durch die Mieteinnahmen refinanziere, sagte Alten. Der bisher angesetzte Mietpreis gebe das aber nicht her. Nach Ansicht des Zerfer Rats muss auch hier neu gerechnet werden.
Lösungsvorschlag Auf Forderung mehrerer Ratsmitglieder wurde beschlossen, dass sich alle Beteiligten inklusive Ärzten und Privatinvestor an einen Tisch setzen müssten. Dieses Treffen soll am 20. Juni durch den Arbeitskreis Ärztehaus vorbereitet werden. Laut VG-Chef Alten hat sich die Versorgungslage in Zerf zwar "etwas entspannt", weil in beiden Praxen junge Ärzte eingestellt worden seien. "Mittel- und langfristig sollte man das Thema aber nicht aus den Augen verlieren." Würden beide Projekte parallel weiter verfolgt, bedeutete dies für eines, "dass dort Geld in den Sand gesetzt wird".

Das sagt der Investor Gerd Beiling, Inhaber einer Schreinerei in Mandern, hat das ehemalige Gasthaus Schneider in der Zerfer Ortsmitte gekauft. Der gebürtige Zerfer will dort ein Gesundheitszentrum mit barrierefreien Wohnungen und Ärzte-Etage einrichten. Die Pläne wurden 2015 öffentlich vorgestellt.
Nach der Ansage der Gemeinde, sie wolle das Ärztehaus selbst bauen, habe er seinen Bauantrag ändern müssen, sagt Beiling am Freitag dem TV. Das habe "viele Probleme und Kosten" verursacht. Inzwischen liege ihm aber eine Baugenehmigung vor. Er habe Zusagen von Dienstleistern aus der Gesundheitsbranche, die ins Gebäude einziehen wollten. "Ich würde die Ärztehaus-Idee gern weiter verfolgen", sagt Beiling. Eine Nutzungsänderung für die erste Etage sei schnell beantragt. Ihm fehlten nur feste Zusagen der Ärzte. Damit, ist er sicher, bekäme er auch die Leaderzuschüsse, die ihm jetzt noch verwehrt worden seien.
Er sei "gesprächsbereit", erklärt Beiling. Zugleich ist er der Meinung, dass die Gemeinde ihr Vorhaben gar nicht durchziehen dürfe. Das stehe im Paragraf 85 der Gemeindeordnung. Demnach dürften Gemeinden nur dann ein wirtschaftliches Unternehmen errichten, wenn außerhalb der Grundversorgung "der öffentliche Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt werden kann".

Das sagt die Kreisverwaltung Die Aufsichtsbehörde habe ihre Genehmigung für das Projekt Ärztehaus wegen der "schlechten Haushaltslage, der ohnehin schon anspruchsvollen Investitionsprogramme und ungeklärter Risiken" verweigert, teilt Kreissprecher Thomas Müller auf Anfrage mit. Die Behörde habe früh darum gebeten, "Alternativen zu prüfen und die Wirtschaftlichkeit des Projekts näher zu erläutern". Wenn man sich nun "neue Gedanken" mache, sei die Absage "nicht in Stein gemeißelt". Zum Hinweis des Investors sagt Müller: "Wir prüfen noch, ob der Paragraf 85 in diesem Fall überhaupt greift."KommentarDas Ziel nicht aus den Augen verlieren
Das Thema Ärztehaus beshäftigt den Zerfer Rat schon lange. Zwischenzeitlich haben sich die Vorgaben und Begleitumstände mehrmals geändert. Jetzt gibt es wieder eine neue Situation, weil die Kommunalaufsicht dem Projekt aufgrund der hohen Kosten und der angespannten finanziellen Lage eine klare Abfuhr erteilt. Vernünftig, dass sich der Rat jetzt noch mal mit allen Betroffenen an einen Tisch setzen will. Den erzwungenen Stopp sollten die Ratsmitglieder nun aber auch dafür nutzen, sich noch einmal auf das wesentliche Ziel zu besinnen. Es geht um die Sicherung der Ärzteversorgung im Ort, ohne dass die Gemeinde sich dabei einem zu hohen finanziellen Risiko aussetzt. Spende hin oder her - muss die Gemeinde wirklich selbst ein solches Projekt in Angriff nehmen, wenn es ein Privater quasi auf dem Silbertablett serviert? Darüber sollten sie noch einmal intensiv nachdenken. c.weber@volksfreund.de

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