"Als Hermeskeiler für Hermeskeiler"

HERMESKEIL. Eine musikalische Zeitreise und einer der Höhepunkte des Kulturherbsts: Das Duo (Reinhard) Irsch und (Helmut) Barth packte seine Zuhörer am Freitagabend im Johanneshaus mit samtweichen sowie intensiv und kraftvoll vorgetragenen Balladen aus mehr als 30 Jahren Rock- und Popgeschichte.

Was vor zwei Jahren aus "Spaß an der Freud" begann, nimmt mittlerweile semi-professionelle Züge an: Reinhard Irsch, seit mehr als 30 Jahren mit Bands wie den "Peers", "Heap of Rubble" und "Half Chicken" zur vokalen Hochwälder Pop-Ikone mutiert, hat mit dem eher introvertierten Saiten-Virtuosen Helmut Barth ein Pendant gefunden. Beide ergänzen sich zu einer harmonischen, mitunter leicht schwermütigen, aber nie schwülstigen Klangkugel, die den gut besetzten Saal am Freitag nachdrücklich-einfühlsam in eine "sentimental confusion" entführte. Der gebürtige Hermeskeiler Irsch empfand es als besondere persönliche Auszeichnung, "als Hermeskeiler für Hermeskeiler" mit seinem Partner ein Teil des Kulturherbstes sein zu dürfen. Die Geschichte gab den Interpreten den Weg dieser 150 Minuten vor. Cat Stevens, Paul Simon, Sting, die Beatles, John Denver oder Peter, Paul and Mary: Das sind die Vorfahren der beiden Künstler, die mit der Last, aber auch mit der Kraft der Jahre zur inneren Zufriedenheit des musikalischen Seins finden. Irsch trug mit leiser Sanftmut ebenso wie mit weit ausladenden Tremoli über dem Fundament der Achtel- und Sechzehntel-Noten des Mannes an den Saiten den dominierenden Part des Abends. Barth verschmolz fast regungslos auf seinem Hocker in inniger Umarmung mit dem Instrument, dem er perlende Lautkaskaden entlockte. Das Repertoire der beiden Musiker war vielschichtig: von den bekannten Chart-Erfolgen "The Boxer", "Bridge over troubled water" (beide Simon und Garfunkel), "Leaving on a jet plane" (Peter, Paul and Mary), "Morning has broken" (Cat Stevens) oder "Yesterday" der Liverpooler Pilzköpfe bis hin zu meist im Verborgenen blühenden Balladen von Dylan, Sting oder John Denver. Durchsetzt wurden sie von kleinen, rezitativ wirkenden Beiträgen in deutscher Sprache aus dem Schatzkästlein der Pop-Romantik des späten vergangenen Jahrhunderts. Das andächtig lauschende Publikum setzte sich zusammen aus pubertierenden Bartflaum-Trägern bis hin zu leicht ergrauten Empfängern der ersten Vorruhestands-Bezüge. Kleine witzige Dialoge zwischen den Künstlern und den Genießern dieser Zeitreise auf der Tonleiter trugen zur lockeren Atmosphäre des Abends bei. "Wenn ich beim Singen manchmal die Augen schließe, heißt das nicht, dass ich Euch vor Augen nicht mehr sehen kann, sondern dass die Scheinwerfer so blenden", sagte Irsch.Bürgermeisterin schwelgt in Erinnerungen

Der Schlußakkord wurde zum Programm dieses Abends und hätte nicht besser gewählt werden können: Eric Claptons "Wonderful tonight" gab den Weg frei zu einer persönlichen Laudatio Ilona Königs. Die Stadtbürgermeisterin, ebenfalls im Zeitgeist dieses Abends aufgewachsen, fand nicht nur Worte des Danks und der Bewunderung für die Künstler, sondern wurde auch fündig in der eigenen Berliner Jugendzeit. "Det war einfach jute Musik aus den Zeiten, als wir uns alle noch die Nächte um die Ohren schlugen." Ein "Ick würde mir freuen, wenn ihr wiederkämt", hob sie sich für den inoffiziellen Teil auf. Mit dem US-Musiker Jon Freeman treten "Barth & Irsch" am 22. Oktober bei "Kultur pur" in der Reinsfelder Kulturhalle auf.

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