"Am einstimmigen Willen der Bürger vorbei"

HERMESKEIL. Einhellige Empörung über eine einstimmige Entscheidung des Stadtrats herrscht unter den neun Anliegern der Königsberger Straße. Sie lehnen den geplanten Ausbau der Sackgasse strikt ab.

Für Dieter Holzapfel steht fest: "In Hermeskeil wird an dem einstimmigen Willen der Bürger vorbei regiert." Der Grund für seine Verärgerung, die alle Bewohner der Königsberger Straße mit ihm teilen, ist ein Beschluss des Hermeskeiler Stadtrats vom 12. Juli. Das Gremium hatte vor zwei Wochen das Straßenausbauprogramm 2006/07 verabschiedet, das neben vier weiteren Straßen auch die Erneuerung der an den Stadtpark angrenzenden Sackgasse vorsieht (der TV berichtete). Grundlage für diese Entscheidung war ein Ausbau-Katalog, der bereits im Jahr 1999 festgelegt worden war. "Das Programm richtet sich nach dem Alter der Straßen und umfasst insgesamt 22 Straßen, von denen 13 bereits ausgebaut sind", sagt Stadtbürgermeisterin Ilona König. Für sie und für den Rest des Stadtrats sei die Sache klar. "Nach über 40 Jahren geht es nicht mehr anders. Irgendwann ist auch mal eine reine Anliegerstraße wie die Königsberger Straße kaputt." Insofern habe das Gremium dem Ausbau zugestimmt, "ohne dass darüber nach rechts oder links diskutiert wurde". Diese Einmütigkeit der Kommunalpolitiker hält aber weder Holzapfel noch einen weiteren Wortführer des Widerstands von der Kritik am Vorgehen der Stadt ab. Der frühere Bürgermeister Oskar Becker, selbst Anlieger der Straße, geht mit den heute Verantwortlichen hart ins Gericht, obwohl eine CDU-Parteifreundin an deren Spitze steht. "Wenn die vielen Straßenaufbrüche immer fachgerecht geschlossen worden wären, wäre sie noch in einem wesentlich besseren Zustand." Aber auch so hält Becker den Ausbau wegen des geringen Verkehrs für überflüssig. "Wenn die Stadt nur die notwendigen Reparaturen veranlassen würde, würde man eine Gelegenheit nutzen, um Geld zu sparen, und trotzdem wären alle Anlieger zufrieden." König hat für dieses Argument kein Verständnis: "Wenn immer nur ausgebessert wird, dann geht das doch permanent auf Kosten der Allgemeinheit. Wir wollen aber Straßen für die Zukunft bauen und sie nicht ständig flicken", entgegnet sie. Die Straße angesichts des Widerstands aus dem Ausbau-Katalog herauszunehmen, kommt für sie nicht in Frage: "Das können wir nicht machen. Irgendwo gibt es auch ein Gleichheitsprinzip. In anderen Straßen mussten die Bürger ebenfalls tief in die Tasche greifen", sagt König. Denn - und das ist nicht nur in der Königsberger Straße das entscheidende Problem - die Hauptlast der Finanzierung tragen beim Straßenausbau die Anlieger. Zwar übernimmt die Stadt einen Anteil von 30 Prozent, den Rest müssen jedoch die Bewohner der Königsberger Straße aufbringen. "Das bedeutet für uns, dass wir je nach Grundstücksgröße zwischen 9000 und 14 000 Euro zahlen müssen", rechnet Holzapfel vor."Da war die Gans schon gebraten"

Ihn ärgert noch ein weiterer Umstand. "Als wir zum Anliegergespräch eingeladen wurden, war die Gans schon gebraten", wettert Holzapfel. Man habe den Anwohnern im Vorfeld der Stadtratsentscheidung eine fertige Planung vorgelegt und habe ihre Einwände später in keiner Weise berücksichtigt. Auch in diesem Punkt sieht sich König zu Unrecht im Kreuzfeuer der Kritik: Zum einen sei ein Anliegergespräch eine "freiwillige Leistung" der Stadt, während andernorts den Anliegern einfach der Ausbaubescheid zugestellt werde. Zum anderen "machen wir in der Königsberger Straße definitiv den einfachsten Ausbau, der möglich ist". All diese Argumente können die Anlieger der Straße jedoch nicht überzeugen. "Wenn alle Bürger ‚Nein‘ sagen und der Stadtrat sich trotzdem einstimmig darüber hinweg setzt, dann widerspricht das meinem Demokratieverständnis, und ich frage mich, ob diese Damen und Herren nochmals gewählt werden wollen", sagt Holzapfel.

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