Auszug aus dem "Hotel Mama"

RASCHEID. 18 Jugendliche haben vom 5. bis 11. März eine Woche lang das Leben ohne ihre Eltern getestet. In der mittlerweile siebten "Wohngemeinschaft auf Zeit" im Rascheider Haus der Katholischen Studierenden Jugend haben sie gemeinsam die Hürden des Alltags gemeistert.

"Was reimt sich auf Vanillepudding?" Die Diskussion um die besten Reime ist auf Hochtouren. Unterm Dach des Hauses haben sich einige der Jugendlichen versammelt, um ihre zweite Wochenaufgabe pünktlich bis 19 Uhr fertig zu stellen. Sie müssen dichten, 21 Verse. Da raucht doch bei einigen schon der Kopf. Langsam wird die Zeit für Viktoria Ludwig und ihre Mitbewohner knapp, sie haben noch eine Stunde Zeit, bis sie ihre Ergebnisse präsentieren müssen. Die siebte "Wohngemeinschaft (WG) auf Zeit" soll die Jugendlichen einen Schritt näher an die Selbstständigkeit bringen. Die alltäglichen Abläufe wie einkaufen, kochen, spülen, Hausarbeit, Ausflüge und Spiele werden von ihnen selbst organisiert. Die Jungen und Mädchen im Alter von 14 bis 16 Jahren müssen dort Verantwortungsbewusstsein für sich und andere übernehmen, neue Aufgaben und Fähigkeiten erproben. "Wir lernen schon für's Leben", unterstreicht Teresa Ludwig den Sinn des Projekts. "Vor allem Geld einzuteilen, das wir zum Leben brauchen." Die Jugendlichen sollen lernen, in der Gemeinschaft Rücksicht zu nehmen. Wichtig sei es auch, so betont Betreuer Bernd Hermesdorf, dass sie lernen, alltägliche Konfliktsituationen zu lösen. Solche Situationen seien wichtig, um den Abkapselungsprozess von den Eltern zu erleichtern. Der Jugendpfleger und sein Team, Diplom Heilpädagogin Anne Mucha-Pankoke und Erzieherin Sarah Willems, sind beim Projekt nur Beobachter, kein Elternersatz. Sie schreiten nur ein, wenn schwerwiegende Probleme auftreten. Trotzdem hat die WG klare Regeln: Nachhausegänge und der Empfang von Besuch sind nicht erlaubt, jeder Teilnehmer hat nur drei Stunden Freizeit in der Woche, Fernsehen und Computer sind tabu. In einer täglichen Reflexionsrunde bekommen die Jugendlichen die Möglichkeit geboten, ihre Probleme ihren Mitbewohnern und Betreuern vorzutragen. Ihre eigenen Grenzen testeten die Jungen und Mädchen schon an den ersten Abenden aus. In den Mehrbettzimmern kam der Schlaf etwas zu kurz. Schließlich musste die noch ungewohnte Situation erst mal gefeiert werden. Musik bis spät in die Nacht und kleinere Partys in den Zimmern ließen so schnell kein Auge zufallen. Die 18 Bewohner besuchen täglich die Schule und müssen ihre Hausaufgaben erledigen. "Es ist schon gut, wenn man die Hausaufgaben zusammen erledigen kann", sagt Anne Berger. Trotz der noch eher ungewohnten zusätzlichen Verpflichtungen geht der Spaß bei der Sache nicht verloren. Anfängliche Vorstellungen von täglichem Wäsche waschen und Putzen haben sich nicht bestätigt. Anne Berger ist, wie ihre Mitbewohner, zufrieden: "Wir haben viel Spaß hier, lachen und chillen viel." Finanziert wird das jährliche Projekt vom Land Rheinland-Pfalz, dem Kreis Trier-Saarburg, der Verbandsgemeinde Hermeskeil und durch einen Beitrag der Teilnehmer. Die Teenager aus Rascheid, Neuhütten, Hermeskeil, Abtei, Osburg, Beuren, Büdlich und Pölert kannten sich zum Teil schon vorher aus der Schule. Und die meisten der eher flüchtigen Bekanntschaften haben wohl das Potenzial, nach dieser Woche zu neuen Freundschaften zu werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort