Bahnpläne bleiben umstritten "Unternehmen, nicht unterlassen"

Der angedachte Kauf der Hunsrückbahnstrecke hat im Verbandsgemeinderat Hermeskeil erneut eine intensive Diskussion mit konträren Standpunkten ins Rollen gebracht. Die SPD-Fraktion bleibt nach der jüngsten Kritik ihrer "Galionsfigur", des Bundestagsabgeordneten Karl Diller, sehr skeptisch. Bürgermeister Michael Hülpes (CDU) und mehrere Ratsmitglieder plädierten dafür, die Pläne weiterzuverfolgen.

 Sollen die Anrainerkommunen die stillgelegte Hunsrückbahnstrecke kaufen, damit auf den Gleisen vom Bahnhof Hermeskeil wieder Museums- und Güterzge starten können? Diese Frage ist politisch weiterhin umstritten. TV-Foto: Axel Munsteiner

Sollen die Anrainerkommunen die stillgelegte Hunsrückbahnstrecke kaufen, damit auf den Gleisen vom Bahnhof Hermeskeil wieder Museums- und Güterzge starten können? Diese Frage ist politisch weiterhin umstritten. TV-Foto: Axel Munsteiner

Hermeskeil. Das Thema "Hunsrückbahn" polarisiert weiter die Meinungen der Kommunalpolitiker aus dem Hermeskeiler Raum. Das hat sich am Mittwoch bei der Sitzung des VG-Rats erneut gezeigt. Zur Erinnerung: Die Kommunen Hermeskeil, Morbach und Thalfang beabsichtigen den Kauf der Strecke zwischen Hermeskeil und Büchenbeuren, für die die Deutsche Bahn 600 000 Euro verlangt. Angedacht ist, dass die Trasse an die private Hochwaldbahn (HWB) GmbH weiterverpachtet wird, die Fracht- und Museumsbahn-Verkehr betreiben will. Das Land könne sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zu der für das Vorhaben notwendigen Bezuschussung entscheiden, informierte Hülpes den Rat über das Ergebnis eines Gesprächs vorige Woche in Mainz. Die Begründung: Gegenwärtig liegen zwei Gutachten vor. Sie kommen zu unterschiedlichen Aussagen über die Kosten, die aufgewendet werden müssen, damit die 1998 stillgelegte Strecke wieder reaktiviert werden kann. Die Summen schwanken zwischen 100 000 und acht Millionen Euro. Deshalb soll ein drittes Gutachten Klarheit schaffen (der TV berichtete). "Mit dem Ergebnis rechnen wir im Sommer", sagte Hülpes. Experten debattieren kontrovers

Auf Antrag der SPD-Fraktion gab es am Mittwoch im VG-Rat eine Fragestunde mit zwei Sachverständigen. Bernd Wolf von der HWB bekräftigte die Auffassung des potenziellen Betreibers, dass "wir in den nächsten 15 bis 20 Jahren mit geringfügigen Investitionen leben können, da die Strecke nur mit geringer Geschwindigkeit befahren werden soll." Marco Rasbieler, Regionalleiter der DB-Netz AG, wollte die von der HWB vorgelegten Zahlen (108 000 Euro für die Inbetriebnahme, 65 000 Euro jährliche Betriebskosten) zwar nicht kommentieren. Reicht die Instandsetzung in den 1980er Jahren?

Mit Blick auf den technischen Zustand der Strecke verwies er unter anderem darauf, dass gerade die großen Bauwerke wie das Hoxeler Viadukt wegen der strategischen Bedeutung der Strecke zu Nato-Zeiten noch bis in die 1980er Jahre umfangreich instand gesetzt wurden. Wenn die Strecke auf einfachem Niveau betrieben werde, erwarte er für die nächsten Jahre keine großen Probleme. Rasbieler räumte auf Nachhaken von SPD-Fraktionssprecher Uwe Roßmann aber offen ein, dass die DB Netz die Verkäuferposition und insofern keine neutrale Haltung einnehme. Er machte aber klar: Die DB Netz selbst will die für sie unprofitable Strecke nicht weiter betreiben. "Wir möchten sie entweder verkaufen oder sukzessive verwerten", betonte Rasbieler. Grundsätzlich könne das Unternehmen sofort die Grundstücke und Gleise abstoßen, beantwortete er eine Nachfrage von Paul Port. Der BFB-Sprecher machte sich deshalb nachdrücklich für den Erhalt der Strecke stark. "Wir können es uns nicht erlauben, eine durchgehende Trasse einfach so aufs Spiel zu setzen." Sein Fraktionskollege Udo Moser sprach von einem "kalkulierbaren Risiko. Wir wollen keine Schnellstraße, sondern eine Strecke, die auf niedrigem Standard aufrechterhalten und mit begrenzter Geschwindigkeit befahren werden kann". In den Reihen der SPD überwog indes weiter die ablehnende Haltung. So warnten etwa Willi Seimetz, Albert Schuh oder Hermann Bernardy eindringlich vor den finanziellen Folgekosten, die sich die Kommunen möglicherweise aufbürden. Hülpes machte noch einmal deutlich: "Unsere politische Intention ist gerade vor dem Hintergrund der Entwicklung am Flughafen Hahn der Erhalt einer wichtigen Infrastruktur-Einrichtung im ländlichen Raum". Das nun in Auftrag gegebene Gutachten sei wichtig, um eine fundierte Grundlage für eine mögliche Kaufentscheidung zu schaffen. Morbach/Hermeskeil/Brauneberg. (iro) Deutliche Kritik übt Alex Licht aus Brauneberg an den jüngsten Äußerungen des SPD-Bundestagsabgeordneten und Parlamentarischen Staatssekretärs Karl Diller im Zusammenhang mit den Bemühungen der Kommunen Morbach, Thalfang und Hermeskeil, die Schienenverbindung zwischen Büchenbeuren und Hermeskeil zu erwerben und insbesondere für Frachtverkehr zu verpachten. Licht ärgerte sich über die "Arroganz", mit der Diller im Zusammenhang mit einem Spitzengespräch mit dem Mainzer Minister Hendrik Hering aufgetreten sei (der Trierische Volksfreund berichtete). Diller soll sich mit Ratschlägen zurückhalten, empfiehlt Licht (CDU). Der Staatssekretär sei gut beraten, die Verkehrsentwicklung im Hunsrück nicht so zu blockieren wie in Trier. Hätte man sich vor Jahren am Hahn so skeptisch verhalten wie heute in Sachen Schiene, würde es keinen Hunsrück-Flughafen geben. In jeder Entwicklung stecke eine "Chance und ein Risiko". Entscheiden sollte man erst, wenn offene Fragen wie die nach den Folgekosten geklärt seien. Und dann solle man sich als "Unternehmer, nicht als Unterlasser" betätigen. Meinung Kommunen in der Zwickmühle Die Anrainerkommunen der Hunsrückbahnstrecke sitzen in einer echten Zwickmühle: Die Deutsche Bahn könnte, wenn sie denn wollte, morgen damit beginnen, die Gleise abzubauen und den Schrott zu versilbern. Die Eisenbahn-Infrastruktur im westlichen Hunsrück wäre unwiederbringlich verloren. Kauft die öffentliche Hand die Strecke, geht sie ein Wagnis ein, das sich momentan überhaupt noch nicht abschätzen lässt. Denn die Zahlen, die aktuell auf dem Tisch liegen, stammen entweder von einem Unternehmen, das die Strecke als Pächter nutzen will, oder von einem sechs Jahre alten Gutachten, das noch die Wiederbelebung des Personennahverkehrs geprüft hat. Sprich: Zweifel an der Aussagekraft der genannten Summen sind angebracht. Ein aktuelles, neutrales Gutachten, das eine gesicherte Hausnummer liefert, wie viel die Inbetriebnahme und die Unterhaltung der Strecke kosten wird, ist daher unabdingbar. Denn die Kommunen und das Land als Zuschussgeber müssen vor der schwierigen Kauf-Entscheidung wissen, wie viel ihnen die sicher wünschenswerte Sicherung der Schiene vom Saarland zum Flughafen Hahn wert sein muss. a.munsteiner@volksfreund.de

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