Biblisches Gewand aus rotem Pfefferkorn

REINSFELD. Tausende Besucher pilgern alljährlich im Herbst in die Reinsfelder Remigius-Kirche, um dort ein außergewöhnliches Kunstwerk zu bewundern. Zum 16. Mal hat die Frauengemeinschaft aus Samen, Körnern und Blütenblättern einen farbenprächtigen Erntedankteppich angefertigt. Er ist vom 3. bis 24. Oktober in der Kirche ausgestellt.

Wer in diesen Tagen zufällig in die Reinsfelder Remigius-Kirche tritt, der mag sich womöglich über das geschäftige Treiben im katholischen Gotteshaus wundern. Im Chor steht ein junger Mann auf der Leiter, um Blumenschmuck anzubringen, während auf den Treppenstufen vor dem Altar fünf Frauen sitzen oder knien und eifrig beschäftigt sind.Kunstwerk aus Naturprodukten

Sie verpassen dort einem handgefertigten Kunstwerk den letzten Schliff, das die Reinsfelder Frauengemeinschaft weit über die Grenzen des Hochwalds bekannt gemacht: dem farbenprächtigen Erntedankteppich, der Jahr für Jahr neu entsteht und ab Sonntag zum mittlerweile 16. Mal in der Remigius-Kirche ausgestellt wird. "Das ist alles Natur. Wir verwenden keine künstlichen Farbstoffe", sagt Hildegard Kolz stolz. Was da auf der Oberfläche der zwei Meter großen, kreisrunden Platte so intensiv leuchtet, sind vielmehr abertausende von Körnern, Samen und Blütenblättern, die die Frauen auf den Wiesen, Feldern und im heimischen Garten gesammelt haben. Ringelblumen-Blätter tauchen den Himmel in ein kräftiges, orangefarbenes Licht, mit Sesam und Senfkorn erhalten die Figuren ihre Hautfarben und ein Frauen-Gewand ist aus vielen roten Pfefferkörnern zusammengesetzt. "Freut euch mit mir, denn ich habe ein Schaf gefunden", lautet der Titel des Erntedankteppichs 2004. Aus diesem Grund haben sich die Frauen das Bild "Jesus, der gute Hirt" des Künstlers Sieger Köder als Kompositionsvorlage ausgesucht. "Wir setzen uns meist schon im Frühjahr zusammen und entscheiden dann, welches Bild mit einer christlichen Aussage sich für unseren Erntedankteppich eignen würde", erzählt Elfriede Hanke, Vorsitzende der Frauengemeinschaft. Schließlich müssten die Hochwälderinnen schon frühzeitig mit dem Sammeln und Trocknen der Kräuter und Blumen beginnen. Ist das Motiv gefunden, dann wird es mit einem Dia-Projektor auf die Platte projiziert und die Umrisse mit dem Bleistift nachgezeichnet. Was folgt, ist zeitaufwändige Kleinarbeit, die die Künsterinnen aber mit viel Liebe zum Detail ausüben. Nur ein Beispiel: Um unzählige Graupen aufzukleben und so einen Fingernagel der Jesus-Figur zu gestalten, "habe ich schätzungsweise acht Stunden gebraucht", berichtet Maria Haller. Kein Wunder, dass da für die zirka 15 Frauen, die unter der Regie von Hildegard Kolz und Monika Eiden an der Herstellung des Erntedankteppichs beteiligt sind, etwa 500 bis 600 Arbeitsstunden zusammenkommen. Doch der Aufwand lohnt sich in zweifacher Hinsicht: Zum einen finden in den drei Wochen, die der Erntedankteppich ausgestellt ist, tausende Besucher den Weg in die Remigius-Kirche. "Die Leute kommen zum Teil sogar mit Bussen hierher", weiß Hanke aus Erfahrung. Das freut auch den Pastor: "Der Erntedankteppich hat Reinsfeld und die Remigius-Kirche bei vielen Menschen bekannt gemacht", sagt Heinz Werner Scholtes.Spenden für Busch-Krankenhaus

Zum anderen verfolgt die Frauengemeinschaft mit der Ausstellung des Erntedankteppichs einen guten Zweck. Die Spenden aus dem Opferstock und der Verkauf von Bildern, auf denen das aktuelle und die vorherigen Kunstwerke abgelichtet sind, werden dazu verwendet, Medikamente für ein Buschkrankenhaus im westafrikanischen Staat Ghana zu beschaffen. "Zwischen 3000 und 4000 Euro kommen pro Jahr zusammen", betont Hanke. Der Erntedankteppich 2004 kann zusammen mit den Exemplaren von 2002 und 2003 von Sonntag, 3. Oktober, bis zum 24. Oktober in der Remigius-Kirche besichtigt werden. Das Gotteshaus ist täglich von 9 bis 12 Uhr und von 13.30 bis 18 Uhr geöffnet. Auf Wunsch geben die Helferinnen der Frauengemeinschaft den Besuchern gerne Erläuterungen zu den Kunstwerken.

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