Bingo und "Hohe Tannen"

HERMESKEIL. Die stundenweise Betreuung außer Haus ist für viele Menschen oft die einzige Alternative zu einem stationären Aufenthalt in einem Seniorenheim. Doch Tages- oder Nachtpflege-Angebote sind alles andere als eine Notlösung.

Das Lachen kommt selten zu kurz, wenn Gäste des Hochwald-Altenzentrums St. Klara Hermeskeil in den Räumen der Tagespflege beisammen sind. Es ist zu spüren, dass die mal mehr, mal weniger regelmäßigen Besuche für viele alles andere als ein Muss sind."Ich schätze die Atmosphäre"

Waltraud Barte aus Kostenbach kommt zum Beispiel "nur ab und an" her. Doch nicht etwa aus Einsamkeit. Sie lebe bei ihrem Sohn und sei nicht viel allein. Dennoch zieht sie St. Klara magisch an. "Ich fühl mich hier wohl", sagt die Saarländerin, "ich schätze die Spiele, das Zusammensein und die ganze Atmosphäre." Johannes Weber geht es ähnlich. Zweimal die Woche holt ihn morgens ein Fahrer des Hauses in Thomm ab und bringt ihn abends wieder zurück. Für ihn ist das eine willkommene Abwechslung. Abgesehen von der Kameradschaft untereinander honoriert er das Engagement des Personals: "Das freut mich - und ich mach auch gerne mit." Außerdem gehe bei Singen und Kirchgang der Tag schneller vorbei. Ihm gegenüber genießt der Rascheider Klaus Lorscheider die, für den täglichen Gast des Hauses, immer neue Gesellschaft. Darunter auch die Schöndorferin Anna Theis, die immer mittwochs begeistert dabei ist, wenn das Lied "Hohe Tannen" erklingt oder ein "Bingo"-Spiel ansteht. Das Angebot der Tagespflege gibt es in Hermeskeil seit 1999. Von den zwölf Tages- plus zwei Nachtpflegeplätzen sind laut Heimleiter Wolfgang Berg derzeit aber nicht alle belegt. Die Belegungstage summierten sich monatlich auf 133. Üblicherweise seien zwischen vier und zwölf Gäste pro Tag im Haus. Dabei gibt es ähnliche Angebote nicht im Übermaß, sondern erst wieder in Schweich, Trier oder Morbach. Nach Ansicht von Berg ist die "teilstationäre" Pflege zu wenig bekannt. Dass die Nachfrage derzeit sogar rückläufig ist, hat wohl andere Gründe: "Wir nehmen an, dass aus Kostengründen mehr auf Haushaltshilfen zurückgegriffen wird - und da können wir nicht konkurrieren." Dafür umso mehr beim inhaltlichen Angebot: Altenpfleger Wendelin Biwer und -Helferin Marita Scheidhauer sorgen für eine abwechslungsreiche Mischung von Quizfragen, Sitztänzen oder Kegelpartien, für die einige Gäste entflammt sind. "Da kommt so richtig Begeisterung auf", sagt Biwer, der seine Gitarre stets griffbereit hat. Dafür verschont der Pfleger mit spezieller geronto-psychiatrischer Ausbildung seine Senioren mit Basteln: "Man muss die Biografie der Leute sehen - die haben nie gebastelt." Keinesfalls dürfe man abrutschen in "diese Kindergartenmentalität, dass man Spielchen betreibt um des Spielchens willen". Bei aller Vielfalt der Aktivitäten ist für Heimleiter Berg das Wichtigste an der Tagespflege, dass sie eine Alternative bietet. "Der Sinn ist, dass pflegebedürftige Menschen erst gar nicht ins Altenheim einziehen müssen." Mancher könnte so länger in seiner gewohnten Umgebung bleiben.

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