Blick zurück auf ein Leben als Landfrau

VIERHERRENBORN. Es ist die typische Geschichte einer Siedlerfamilie: Aus ihrer Heimat im Baltikum vertrieben, geriet die Familie von Wenslawowicz 1952 nach einer Odyssee ins heutige Vierherrenborn und ließ sich dort nieder. Die Hochwaldregion wurde ihre neue Heimat.

50 Jahre später: Erika von Wenslawowicz ist inzwischen verwitwet und blickt, ihren Hund Jackie auf dem Schoß, zurück in die Vergangenheit. In Riga geboren, in Berlin zur Schule gegangen, lernte sie Ehemann Henrik kennen, der sich als Diplom-Landwirt um die Siedlungsstelle im Hochwald beworben hatte. "Mit Landwirtschaft habe ich nie etwas zu tun gehabt", erzählt die 76-Jährige, die ihre Lehre als Krankenschwester an den Nagel gehängt hatte, um Henrik zu heiraten. "Ich wurde von heute auf morgen zur Landfrau, mehr noch, mein Mann und ich wurden in Vierherrenborn zu Vollblutlandwirten." Am Anfang sei es eine schwere Zeit gewesen, denn beide seien harte Arbeit nicht gewohnt gewesen. "Doch wir haben es geschafft und jahrelang durchgehalten, denn wir hatten ein Ziel vor Augen: Wir wollten ein neues Zuhause schaffen. Die ersten Jahre mussten wir viele Einschränkungen hinnehmen. Wir hatten große Ausgaben. Und nur wenig, was wir veräußern konnten, denn die Ernten waren nicht immer so, wie wir uns das erhofft hatten. Wir nahmen zwar Kredite in Anspruch, doch irgendwann waren unsere Schulden so angestiegen, dass wir uns sagten, so kann es nicht weiter gehen", erinnert sie sich. Nach 16 Jahren verkaufte das Ehepaar von Wenslawowicz das Land an die Nachbarn und behielt den Hof als Nebenerwerbs-Siedlung. "Mein Mann nahm in Konz eine Stelle bei der Industrie an und arbeitete dort bis zu seiner Pensionierung. Wir haben eine Kuh und etwas Kleinvieh gehalten. So konnten unsere Tochter und die drei Söhne ihre Ausbildung machen." 1994 starb Ehemann Henrik und Sohn Peter übernahm den Hof. Seitdem wohnt Erika von Wenslawowicz weiter im Hauptgebäude. Sohn Peter baute die Scheune zu seinem Anwesen um. Zufrieden sagt sie: "Hier in Vierherrenborn fühle ich mich sehr wohl, obwohl auf Grund der Weite des Ortes die Kontakte nur sporadisch zustande kommen." Die Wohnung hat sie sich gemütlich eingerichtet. "Ich male gern Aquarell", sagt sie und zeigt ihre rund 20 Landschaftsbilder, die alle ein Stück Vierherrenborn wiederspiegeln. "Doch das mache ich für mich alleine, ab und zu male ich ein Bild für meine Kinder, aber nur auf deren Wunsch."Jackie ist ihr ständiger Begleiter

Ein Hund ist ihr ständiger Begleiter und hält die rüstige Dame auf Trab. Ein Jack-Russel, ein englischer Jagdhund, der auf den Name Jackie hört. Auf ihre zwölf Enkel ist sie sehr stolz, das beweisen zahlreiche Fotos, die besonders über ihrem Schreibtischbereich verteilt sind. Mit 20 Frauen von Vierherrenborn trifft sie sich regelmäßig, "um zu plaudern und damit man sich wegen der großen Entfernung im Ort nicht aus den Augen verliert". Dann schreibt sie auch Texte denen sie bekannte Melodien unterlegt und mit den Frauen zu verschiedenen Anlässen zusammen singt. "Irgendwie müssen wir ja Kontakt halten, denn außer der Feuerwehr gibt es in Vierherrenborn leider keinen Verein, der die Menschen öfters bei Festlichkeiten zusammen führen könnte."

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