Der Abschied aus dem Leben

In Hermeskeil gibt es zahlreiche Formen der Beisetzung: Von der anonymen Urnen-Sammelbestattung bis hin zur "klassischen" Erdbestattung reichen die Möglichkeiten. Oft entscheiden der Geldbeutel und Pragmatismus über die Form der letzten Ruhestätte.

 53 Prozent der Bestattungen auf dem städtischen Friedhof in Hermeskeil sind mittlerweile Urnenbestattungen. TV-Foto: Katja Krämer

53 Prozent der Bestattungen auf dem städtischen Friedhof in Hermeskeil sind mittlerweile Urnenbestattungen. TV-Foto: Katja Krämer

Hermeskeil. Schreinermeister und Bestatter Markus Linn aus Hermeskeil wird täglich mit dem Tod konfrontiert. Er stellt einen Wandel in der Bestattungskultur fest: "Einäscherungen nehmen zu und Bestattung wird zunehmend anonymer." Anonym bedeutet, dass die Grabstelle ohne Gedenktafel und der Beisetzungsort und -tag verborgen bleibt. Je anonymer die Bestattung, umso billiger ist sie. Die günstigste Variante ist in Hermeskeil die anonyme Sammelbestattung: Alle fünf Wochen werden 16 Urnen auf dem städtischen Friedhof beigesetzt. Ohne Angehörige.Dass Verstorbene "entsorgt" und ohne eine Verabschiedung aus der Welt verschwinden, wollte der Friedhofsverwalter Wolfgang Nellinger nicht hinnehmen (der TV berichtete). Auf vielen Friedhöfen werden die Urnen in eine Schubkarre geladen und in einem Loch vergraben. Auf Nellingers Initiative wird das Sammelbegräbnis jetzt würdevoll gestaltet: In der Friedhofskapelle werden vor den 16 Urnen Kerzen angezündet, zwei Geistliche, Bestatter sowie ein Mitarbeiter des Hermeskeiler Krematoriums begleiten die Verstorbenen auf ihrem letzten Weg. Immer mehr Urnenbestattungen

Die Nähe und Transparenz des Krematoriums in Hermeskeil, etwa durch einen Tag der offenen Tür, hat laut Linn und Friedhofsverwalter Nellinger einen bedeutenden Einfluss auf den Wandel. "Die Einäscherung ist in Hermeskeil in den vergangenen Jahren eine gleichberechtigte Bestattungsform neben der Erdbestattung geworden", sagt Nellinger. Mehr als die Hälfte der Beisetzungen in Hermeskeil seien Urnenbestattungen. Die Urnenwand sei seit Mai 2004 von 48 auf bisher 108 Kammern erweitert worden. Seitdem werde auch fast kein Urnengrab mehr nachgefragt. Auch der Wunsch nach Familiengräbern sei kaum noch vorhanden. Bei der Entscheidung für ein Rasengrab spiele vor allem der Pragmatismus eine Rolle. Für einen Pauschalbetrag wird die grüne Fläche bis zum Ende der Ruhezeit vonseiten des Friedhofsträgers gemäht. Der ökonomische Reiz und der Wunsch, möglichst wenig Arbeit mit der Grabpflege zu haben, sei ausschlaggebend für die Veränderungen. Bestatter Linn betrachtet die Entwicklung kritisch. "Das Menschliche geht verloren", meint der Bestatter. "Ich kenne Hinterbliebene, die im Nachhinein riesige psychische Probleme bekamen, da sie keine Anlaufstelle hatten, wo sie trauern konnten", berichtet Linn. Der Ort, um Zwiegespräche zu halten oder zu weinen, fehle und könne zu ernsthaften Schwierigkeiten führen. Aus diesem Grund hatte sich auch der Hermeskeiler Heimatverein dafür eingesetzt, dass 2006 die Möglichkeit geschaffen wurde, dass Fehl- und Totgeburten auf dem städtischen Friedhof würdig beigesetzt werden können und die Eltern einen lichten Platz zum Trauern haben. In den Anfängen steckt noch die Gründung eines Förderkreises. "Stirbt ein sozial schwacher Mensch, reicht das Geld gerade mal für die Einäscherung. Die werden einfach entsorgt", gibt Linn zu Bedenken. Es sei angedacht, dass mit Hilfe eines Fördervereins auch ein sozial schwacher Mensch "ein vernünftiges Begräbnis" bekommen kann.

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