Der Tod ist längst kein Tabuthema mehr

Angesichts der Vielfalt von Bestattungsmöglichkeiten scheint es nur folgerichtig, dass sich Menschen darum zu sorgen scheinen, wie sie selbst wohl später beigesetzt werden.

Hermeskeil/Kell. Auf den Friedhöfen vollzieht sich ein steter Wandel. In den Dörfern der Verbandsgemeinde Kell zeigt sich dieser am deutlichsten daran, dass sich die Zahl der Familiengräber zugunsten von Reihengräbern reduziert. Hinterbliebene wählten zu etwa 70 Prozent ein Rasengrab oder auch eine Urnenbeisetzung, sagt Werner Mencher von der Verwaltung. Die Gründe sieht er in der Sorge um den oft sehr viel länger erforderlichen Pflegeaufwand für die teils weit weg lebenden Angehörigen - aber auch in den geringeren Kosten.

In Hermeskeil gibt es hingegen auffallend viele Urnenbeisetzungen, was wohl auch mit der Existenz des Ignariums, des örtlichen Krematoriums, zusammenhängt. Jürgen Ostermann von der Verwaltung schätzt den Anteil auf um die 40 Prozent: "Die Tendenz ist steigend - wenn auch langsam." Allerdings biete Hermeskeil von der Beisetzung im Familiengrab über eine Urnengrabwand bis zu "anonymen Urnensammelbestattungen" auch viele Alternativen. Dass Urnen mit der Asche von Verstorbenen "gesammelt" werden, ist zwar nach wie vor umstritten. Ebenso wie die von einem kleinen Wortgottesdienst begleitete gemeinschaftliche Beisetzung von je 16 Urnen.

Doch andererseits sind da laut Ostermann nun einmal die Gebühren von nur 180 Euro. Inzwischen fänden solche Bestattungen daher etwa alle zwei Monate statt. Vielfach gebe es keine Angehörigen mehr und es könnten auch Verstorbene von außerhalb der VG beigesetzt werden. Eine bereits absehbare Folge der vermehrten Urnenbeisetzungen ist laut Ostermann, dass Friedhöfe künftig über mehr Platz verfügen werden. Trier biete muslimischen Mitbürgern bereits eigene Bestattungsflächen an.

Eigene Vorstellungen spielen eine große Rolle



Mit dem rein optischen Wandel auf den Friedhofsanlagen scheint sich aber auch einer in den Köpfen der Menschen zu vollziehen. So stellt Bestatter Markus Linn, dem anonyme Beisetzungen zu denken geben, seit etwa einem Jahr fest, dass immer öfter jemand auf einen Kaffee bei ihm vorbeischaut. "Die Leute kommen und informieren sich, wie sie die eigene Beisetzung regeln können." Offensichtlich wollten immer mehr Menschen per Vorsorgevertrag sicher gehen, dass später auch alles ihren Wünschen entsprechend vonstatten gehe. Außerdem spiele der Wunsch eine Rolle, den Nachkommen diese Sorge abnehmen zu wollen. "Man legt wieder Wert auf eine gesicherte, würdevolle Bestattung", sieht Linn damit das Ende der Zeit gekommen, "als der Tod ein Tabuthema war".

Auch Günter Trösch, der zweite Bestatter vor Ort, ist froh, wenn er Hinterbliebene beraten kann. So etwa, wenn er jemanden überzeugen kann, von der ursprünglich gewünschten anonymen Bestattung abzusehen. Viele seien kaum in der Verfassung, in einer solchen Situation sämtliche Konsequenzen abwägen zu können. Und solche Entscheidungen seien nun einmal endgültig. Außerdem weiß er, wie wichtig es Hinterbliebenen ist, würdevoll Abschied nehmen zu können und auch später einen Ort zum Trauern zu haben: "Bestatter und Kirche sind gefordert, Beisetzungen einen würdigen Verlauf zu geben."

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