Die Hürden werden höher

REINSFELD. Der Verein "Tschernobyl Kinderhilfe Reinsfeld" lädt auch in diesem Jahr Ferienkinder aus Weißrussland ein. Das Engagement wird allerdings durch manche Hürde erschwert – insbesondere durch die politische Situation in Weißrussland.

Die Zeichen stehen auf Optimismus bei der "Tschernobyl Kinderhilfe Reinsfeld". Der Verein wird auch in diesem Jahr wieder drei Dutzend Gäste, gut 30 Kinder plus deren Betreuer, einladen. "Wir machen das jetzt seit 13 Jahren", erzählt Ulla Dupont, die Vorsitzende der Kinderhilfe.Kostenlos behandelt

Was sie und ihre Mitstreiter immer wieder motiviert, vor allem kranke Kinder einzuladen, sind die Menschen - und zwar hier wie dort. Denn während die einen sich freuen, wenn ihre Kinder für wenige Wochen etwas anderes sehen, fiebern manche Gasteltern schon Monate vorher dem Termin entgegen. Hinzu komme, sagt Dupont, dass auch die Unterstützung von außen nach wie vor groß sei. Ob von Seiten des Hermeskeiler Optikers, bei dem sich die Kinder kostenlos Brillen aussuchen dürfen, oder eines Geschäfts für Orthopädietechnik. Auch bei den Ärzten - von Allgemeinmedizinern über einen Ruwerer Zahnarzt bis zu den Spezialisten im Krankenhaus - reiche die schlichte Nachfrage für eine kostenlose Behandlung aus. Und dies alles werde so ermöglicht, dass sich die Besucher nicht etwa als Bettler fühlten, sondern sich nur wunderten, warum alle so hilfsbereit seien. Engagement mit Schattenseiten

Dennoch hat das Engagement der Kinderhilfe auch seine Schattenseiten. Und die sind zeitweise derart düster, dass die Aktiven sich schon unsicher wurden, ob es überhaupt eine weitere Ferienfreizeit geben werde. Die schwierigste Hürde, die sie nehmen müssen, ist die der Politik. Denn der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko ist von dem ausländischen Engagement keineswegs angetan. Die Zusammenarbeit wird mehr und mehr erschwert. Mittlerweile müssten sogar Briefe angemeldet werden, sagt Dupont. Änderungen gebe es auch beim Paket-Versand. So dürfe eine Familie pro Jahr nur noch eines erhalten, für das sie - sofern es den Wert von etwa 30 Euro übersteige - auch noch zahlen müsse. Außerdem seien bei Sammel-Transporten keine nummerierten Pakete für bestimmte Familien mehr erlaubt. Was das ganze zusätzlich erschwert, ist, dass sich zwischenzeitlich der weißrussische Partnerverein der Kinderhilfe aufgelöst hat. Unabhängig davon sah es zeitweise so aus, als würden sich in Reinsfeld und Umgebung nicht mehr genug Gasteltern finden. Bei denen, die seit Jahren dabei sind, wachsen nämlich mit den eigenen Kindern auch die kleinen Gäste aus dem Besuchsalter heraus. Andererseits kommt es vor, dass sich potenzielle Gastgeber mit finanziellen Problemen - etwa nach dem Verlust der Arbeit - konfrontiert sehen. Wenn jemand um die Existenz fürchte, sei es ja verständlich, wenn er kein Ferienkind aufnehme könne, sagt Dupont. Denn die kleinen Gäste brauchen Zuwendung. Obschon oft erst Jahre nach dem Reaktorunglück vom April 1986 geboren, sind etliche von den Folgen der Katastrophe schwer gezeichnet. "Wir haben ja Kinder begleitet bis zum Tod", sagt Dupont und nennt mehrere Namen von teils schon vor Jahren verstorbenen Ferienkindern. In einem Ordner verwahrt sie die Fotos, die deren schwere Erkrankungen dokumentieren, die aber auch lachende Kinder zeigen, denen die Schwere ihrer Krankheit nicht anzusehen ist. Einige dieser Kinder hat laut Dupont die heute 79-jährige "Oma Alwine" Görgen immer bei sich zu Gast gehabt. Was ihnen allen die Kraft gibt, nicht nachzulassen in ihrem Engagement, ist die Gewissheit, welche Freude sie den Kindern bereiten.

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