Die Narren sind an der Macht

HERMESKEIL/KELL AM SEE. Da hilft nix: Die Regierenden in Hermeskeil und Kell am See wurden gestern nach einem perfekt geplanten "Putsch" ihrer Ämter enthoben und mussten den Rathausschlüssel rausrücken.

Bis Aschermittwoch übernehmen die Narren im Hochwald das Regiment. Pünktlich um 11.11 Uhr beginnt am Dicken Donnerstag der Sturm auf die Hermeskeiler Zentrale der Macht. Prinz Franky "von Hopfen und Gerste" und die holde Prinzessin Susanne "von Braunshausen" erobern im Handstreich das Rathaus. Entschlossenheit liegt in ihrem Blick, planen sie doch den ganz großen Coup: Stadtbürgermeisterin Ilona König soll vom Thron gestürzt werden. Die amtierende Regentin erkennt ruck-zuck: Widerstand ist gegen diese Übermacht zwecklos. Denn im Schlepptau der Tollitäten stürmen der ehrwürdige Elferrat und die Gardemädchen des Hermeskeiler Karnevalvereins sowie einige froh gelaunte Möhnen heran. Das Weibsvolk muss sich nur kurz ärgern, dass kaum Mannsleute anwesend sind, denen sie mit ihren scharfen Scheren den Schlips abschnippeln dürfen. Zumal selbst Rathaus-Chef Michael Hülpes ganz offensichtlich Wind von den Umsturzplänen bekommen hat und ins Exil geflüchtet ist. So muss sich also die Königin allein der feindlichen Meute stellen und nach kaum erkennbaren Widerstand bedingungslos kapitulieren. "Ich bin froh, den Rathaus-Schlüssel abzugeben", sagt sie sogar - vielleicht aus Erleichterung zumindest sechs tolle Tage lang nicht die Last des Regierens tragen zu müssen. Auch in der Verbandsgemeinde Kell am See pflegt man am fetten Donnerstag eine lieb gewonnene Tradition. An diesem Tag sind nicht nur die Frauen die uneingeschränkten Herrscherinnen von Baldringen bis Zerf. Vielmehr schließen sich die Narren aller Ortschaften zusammen und versammeln sich mit ihren Prinzenpaaren, Elferräten und allen anderen Karnevalsgecken vor dem Keller Rathaus, wo sie gebieterisch Einzug beantragen. Der Pulk vor dem Sitz der Keller Verbandsgemeinde-Verwaltung wächst dann, so auch in diesem Jahr, auf die stattliche Anzahl von 200 Närrinnen und Narren an, angeführt von den Akkordeonisten Karl-Heinz Willger und Emil Sirakov.Angsten noch krank, Hülpes offensichtlich im Exil

Wer nun glaubt, die Entmachtung und Schlüsselübergabe durch den Ratsherrn sei die einzige Vorgabe, der täuscht sich sehr. In dem Getümmel vor dem Rathaus kommt es zu Reden und Gegenreden, die Stimmung ist ausgelassen, und erst wenn jeder glaubt, seines zum Gelingen des stimmungsvollen Nachmittags getan zu haben, erfolgt die obligatorische Forderung nach dem überdimensionalen Schlüssel. Doch was ist das? Hat Bürgermeister Werner Angsten das Weite gesucht? Aber nein, er befindet sich nach seinem Glatteis-Malheur noch immer im Krankenstand, und so beteiligt sich der Beigeordnete Josef Leineweber an dem Gerangel mit dem Prinzenpaar Michael IV. aus dem Hause Konz und Kristen I. aus der Nähe Hollywoods zur Erlangung des Schlüssels. Schließlich geht die Regentschaft bis zum Aschermittwoch an die närrische Keller Schar über. Helau!

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