Die Region tritt an zur Gratulation

KELL AM SEE. Wenn Nikolaus Marx aus seinem Leben erzählt, wird die Geschichte des Hochwaldraums lebendig. Der Keller Altbürgermeister, der aufgrund seiner Leistung und Persönlichkeit die Achtung und Sympathie von mehreren Generationen erworben hat, wird heute 99 Jahre alt.

Wer Nikolaus Marx nicht kennt, schätzt ihn auf 70 oder höchstens 75 Jahre. Wenn er beginnt, aus seinem Leben zu erzählen, scheint er noch jünger zu werden. Denn dann ist der 99-Jährige in seinem Element. Gerne erinnert er sich an alte Zeiten. Diese Erinnerungen sind wertvoller als jede Chronik. Von 1953 bis 1974 war Marx Ortsbürgermeister - "damals nannte man das noch Vorsteher" - von Kell am See. Als "der Vorsteher" ist er auch heute noch vielen Menschen bekannt. Traktoren sind seine Leidenschaft

Zwei Kriege hat er überstanden. "Aufgrund der Kriegswirren habe ich längere Zeit die Schule nicht besuchen können." Doch auf die Kriege möchte er den Schwerpunkt des Gesprächs nicht legen. Das, was er für die Gemeinde Kell geleistet hat, liegt ihm mehr am Herzen. Und so erzählt er aus den alten Zeiten. Aus seiner Zeit als Bergmann und von Waldarbeit und Landwirtschaft. Traktoren seien seine große Leidenschaft gewesen und noch mit 90 Jahren saß er selbst am Steuer. Mehrere Urkunden und Plaketten zieren das Wohnzimmer von Nikolaus Marx. Ehrenmitglied des Heimat- und Verkehrsvereins ist er, und besonders stolz zeigt er seine Ehrenplakette vom Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz. "Der Höhepunkt meiner Sammlung ist die Freiherr-von- Stein-Plakette des Landes Rheinland-Pfalz für kommunalpolitischen Einsatz", betont der rüstige Senior. Dem Verbandsgemeinderat gehörte Marx von 1960 bis 1979 an. 55 Jahre musizierte der Jubilar im Keller Musikverein, 15 Jahre lang war er dessen Vorsitzender. 21 Jahre lang trug er als Ortsbürgermeister Verantwortung. Und so erlebte er die Entstehung der Verbandsgemeinde Kell am See hautnah mit. Auch der Keller See entstand während der Amtszeit von Nikolaus Marx. "Die Hauptarbeit war der Ankauf von Land", erinnert er sich. Berthold Frede, ein Landschaftsarchitekt, habe sich bereit erklärt, ein Feriendorf zu bauen, wenn der See zustande kommen sollte. "Beides hat geklappt, wie man heute sieht." Mit deutlich sichtbarer Erheiterung erinnert sich Marx an die Zeit, "als es in Kell zwei Musikvereine gab. Ein Verein entstammte dem kirchlichen Bereich, der andere war eine ehemalige Militärkapelle. Aus diesem Grund gab es auch schon mal eine große Keilerei zwischen den beiden Vereinen." Um die Instrumente zu finanzieren, haben ein paar Musiker des kirchlichen Musikvereins Tanzmusik gemacht. Der damalige Pfarrer habe daraufhin von der Kanzel verkündet: "Mit Instrumenten, die solche Lieder ermöglichen, werden keine Kirchenlieder mehr gespielt." Lang ist's her. Gesunde Lebensweise

"So alt kann man eigentlich nur werden, wenn man gesund gelebt hat", glaubt Tochter Maria. "Ich erinnere mich nur an einen Tag in seinem Leben, an dem er sich nicht wohl fühlte. Er war noch keine 60 Jahre alt. Wie sich später herausstellte, hatte er an diesem Tag einen Herzinfarkt. Er hat ihn einfach so weggesteckt." Trotz seiner geradezu beneidenswerten Gesundheit achtet Nikolaus Marx genau auf eine dem hohen Alter angepasste Lebensweise. "Um Punkt 20 Uhr liege ich im Bett", erzählt der Vater von fünf Kindern, der sich immer freut, wenn er seine neun Enkelkinder um sich hat. Und Sohn Klaus ergänzt: "Nach dem Frühstück trinkt er bei Tochter Hildegard den morgendlichen Schnaps." Mittags und abends marschiert der Senior über 500 Meter zu seiner Tochter Andrea, um dort zu Mittag und Abend zu essen. Zu seinem Stammtisch geht er allerdings seit einiger Zeit nicht mehr so gerne, erzählt Tochter Maria. "Die sind ihm alle zu alt."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort