Die Schienen in Hunsrück und Hochwald schlummern im Dornröschenschlaf (Fotos)

Hermeskeil · Ein Verein will stillgelegte Gleise im Hunsrück und Hochwald für eine Ausflugsbahn entlang des Nationalparks nutzen. Im Saarland sollen die Schienen jedoch für einen Radweg weichen. Der TV hat nachgefragt, was das für das Vereinsprojekt bedeutet.

Die Schienen in Hunsrück und Hochwald schlummern im Dornröschenschlaf (Fotos)
Foto: Christa Weber
Die Schienen in Hunsrück und Hochwald schlummern im Dornröschenschlaf (Fotos)
Foto: (m_huns )

Joachim Schwarzer lebt im Taunus. Sein Hobby sind alte Eisenbahnstrecken. Hin und wieder ist er an der früheren Trasse der Hunsrückbahn zwischen Türkismühle im Saarland und Büchenbeuren im Hunsrück unterwegs (siehe Grafik). Die Gleise sind seit Jahren stillgelegt.

Zuletzt hat Schwarzer Hermeskeil besucht. Was er dort sah, hat ihn nachdenklich gemacht: "Da ist alles zugewachsen, seit Jahren tut sich nichts mehr." Er wisse von Ideen, die Strecke zu reaktivieren. Aber auch von Plänen im Saarland, die Gleise dort zugunsten eines Radwegs abzubauen. "Da muss doch mal Klarheit her - geht es weiter oder nicht?", findet Schwarzer. Er sehe auch die Perspektiven für das Hermeskeiler Dampflokmuseum schwinden, "so ganz ohne Gleisanschluss". Der TV ist den Fragen nachgegangen.

Radwegpläne im Saarland Im Saarland soll ein Freizeitweg zwischen Freisen und Nonnweiler entstehen - auf der Trasse der früheren Hochwaldbahn. Der Landkreis Sankt Wendel hat die Projektplanung vergeben. Geschätzte Ausbaukosten: fünf Millionen Euro. Das Land stellt eine 70-prozentige Förderung in Aussicht. Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger bezeichnet den Weg als "Leuchtturmprojekt" zur Anbindung touristischer Sehenswürdigkeiten und überregionaler Radwege. Die Reaktivierung der Trasse für einen Bahnverkehr wird als unwirtschaftlich abgelehnt. Konzept für die Gleise

Bedeuten die Radwegpläne das Aus für Ideen der Interessengemeinschaft (IG) Nationalparkbahn Hunsrück-Hochwald? Die IG ist ein Zusammenschluss bahnaffiner Vereine aus der Region. Ihr Ziel: die Sicherung der Gleise entlang des Nationalparks Hunsrück-Hochwald für einen Ausflugsverkehr. Das Konzept gibt es seit 2015. Wäre es ohne die Gleise im Saarland gestorben? "Absolut nicht", sagen Felix Jacob, Patrick Pandel und Christoph Türk vom IG-Vorstand. Ohne die Gleise nach Türkismühle verliere das Projekt zwar den Anschluss an die Nahe-Bahnstrecke von Saarbrücken nach Mainz (siehe Grafik). "Aber so weit sind wir noch nicht. Wir kämpfen um die Hochwaldbahn", sagt Jacob. Der Verein hält einen Radweg neben den Gleisen für machbar - anders als die politischen Vertreter im Saarland. Eine alternative Streckenführung für den Weg will die IG bei einem öffentlichen Ortstermin am 18. November von Türkismühle aus abgehen.

Aber auch ohne den Saarland-Abschnitt werde der Verein am Gesamtplan festhalten, sagt Patrick Pandel. Ein erstes Projekt habe man fest im Visier. Auf dem "schönsten Teilstück" im Hunsrück von Morbach nach Thalfang soll eine historische Ausflugsbahn verkehren. Innerhalb der 15 Kilometer lägen das sehenswerte Hoxeler Viadukt und der Haltepunkt Deuselbach, von wo aus das Nationalparktor am Hunsrückhaus zu Fuß erreichbar sei.

Um die Strecke betriebsbereit zu machen, seien zwei Millionen Euro nötig. Das Land habe einen Fördertopf nur für den Zweck der Reaktivierung alter Bahntrassen, sagt Christoph Türk. Möglich sei eine 85-prozentige Förderung. Die Kommunen müssten die Strecken dazu nicht kaufen. Ein Dritter könnte stattdessen die Gleise in ihrem Auftrag für mindestens 15 Jahre von der Bahn-Tochter DB Netz pachten. "Es gibt ein ernsthaftes politisches Interesse", sagt Jacob. Es bewege sich viel hinter den Kulissen. "Darüber reden können wir aber noch nicht."

Gegner der Nationalparkbahn kritisierten immer wieder hohe Investitionen, sagt Pandel. Es sei aber vorerst nur ein Ausflugs-, kein Personenverkehr geplant. Deshalb seien die Kosten deutlich geringer. "Wir wollen eine Attraktion für die gesamte Region schaffen." Laut einer Studie des Alpeninstituts brauche es neben Gastronomie und Übernachtungsbetrieben mehr solcher Attraktionen. "Da wollen wir uns als Bürger einbringen", sagt Jacob. Bei einem Entwicklungszeitraum des Parks von 30 Jahren sei es "unsinnig, mit der Zerstörung von Infrastruktur anzufangen".

Reaktion lokaler Politiker Andreas Hackethal, Bürgermeister der Einheitsgemeinde Morbach, sieht die aktuellen Pläne im Saarland kritisch. "Wir stehen jetzt an einer Weichenstellung, an der das Saarland die Weiche schon umgelegt hat." Er befürworte seit Langem den Erhalt der Gleise. "Sind sie einmal abgebaut, kommen sie nie wieder. Wir werden in unserem Gebiet versuchen, sie zu erhalten und in ein Gesamtkonzept zu integrieren." Klar sei aber auch, dass die Kommunen nicht Eigentümer des Gleisnetzes werden könnten. Die Kosten dafür wären seiner Ansicht nach nicht zu stemmen. Genau deshalb würden nun andere Möglichkeiten geprüft, die Strecke zu erhalten.

Die Verbandsgemeinde Hermeskeil, sagt Bürgermeister Michael Hülpes, habe wegen des Lokmuseums stets den Gleisanschluss bewahren wollen. Baue das Saarland seine Gleise nun aber ab, könne man überlegen, den Radweg von Hermeskeil nach Nonnweiler-Bierfeld dem Ausbaustandard des Ruwer-Hochwald-Radwegs anzupassen und ihn auf die Bahntrasse zu legen. Der jetzige Weg habe keine Asphaltdecke. Die Tourismusbahn bei Morbach hält Hülpes für unterstützenswert: "Das wäre ein attraktives Angebot zum Nationalpark."

Einfluss aufs LokmuseumMuseum und Bahnhofsgebäude in Hermeskeil gehören Bernd Falz. Die Ausstellung der 50 Dampf-, Diesel- und E-Loks sei schon seit 2012 vom aktiven Bahnbetrieb abgekoppelt, sagt Falz. "Ich kann damit gut leben. Es würde mir im Jahr höchstens 100 Besucher mehr bringen." 2000 Gäste kämen etwa pro Saison. Der Betrieb werde weitergeführt - mit oder ohne Gleis vor der Tür. Seine Söhne sollen ihn später übernehmen, sagt Falz. Für das leerstehende Bahnhofsgebäude habe er die Idee, dort eine große Modellbahnanlage einzurichten. Eine Gaststätte wie früher einmal werde es nicht mehr geben. Dazu müsse er zu viel investieren, da die Vorbesitzer das Gebäude "komplett entkernt" hätten. Die Initiative für die Nationalparkbahn begrüßt Falz. "Aber die Bahn hat leider keinen hohen Stellenwert in der Bevölkerung. Deshalb regt sich kaum Widerstand gegen die Pläne im Saarland."

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